Weltweit war man in den 30er-Jahren von einer schweren Krise betroffen, die schliesslich in den mörderischen Zweiten Weltkrieg mündete. Landesweit – und auch in Visp alltäglich – sorgten Mangelwirtschaft, die daraus entstandene Anbauschlacht, der Aktivdienst am Simplon, die Rationierung sämtlicher lebenswichtiger Produkte, die mangelnden Reisemöglichkeiten, die Verdunkelung, vor allem aber die jahrelange Angst, selbst in den furchtbaren Krieg einbezogen zu werden, für alles andere als bequeme Jahre.
Kriegsbeginn stand bevor
Am späten Nachmittag des 28. August 1939 läuteten die Kirchenglocken wie in jeder Gemeinde der Schweiz. Das war als Alarmzeichen im Hinblick auf den unmittelbar bevorstehenden Kriegsbeginn in Europa gedacht. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs anfangs September 1939 kam für niemanden überraschend.
Aufgebot für Soldaten
Die Aktivsoldaten wurden auf den Simplon zum Grenzschutz aufgeboten. Das rote Aufgebotsplakat hing am Bahnhof; es besagte, dass sich jeder Wehrmann unverzüglich auf seinem Mobilmachungsplatz einzufinden hatte. Allerdings erfolgte diese Information erst am 29. August 1939 morgens, sodass auf den Bahnhöfen ein heilloses Durcheinander herrschte. Bei der Mobilisierung der Oberwalliser Grenzschutztruppen mussten alle Wehrmänner von 20 bis 48 Jahren an die Grenze. Sie fehlten fortan an ihrem zivilen Arbeitsplatz, wo nun Frauen, ältere Männer, Dienstuntaugliche und Kinder helfend einsprangen.
Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg.

Diese acht Frauen des Luftschutz-Detachements Visp absolvierten im November 1939, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, in Interlaken die Rekrutenschule. V. l. n. r. Liny Karlen (-Schnydrig), Ida In-Albon (-Heinzmann), Anni Ballschweiler (-Ambiel), Olga Zurbriggen (-Andenmatten), Greti Salzmann (-Schröter), Marianne Stocker (-Schröter), Marguerite Fuchs (-Wellig) und Bertha Glauser (-Wyer).
Fotograf unbekannt, zVg/GiselaFleury
Acht Visperinnen im Luftschutz engagiert
Der Ort Visp hatte auch die Pflicht, eine paramilitärische Organisation für den Luftschutz auf die Beine zu stellen.
Es ging dabei in erster Linie darum, bei eventuellen Fliegerangriffen mit Bombenabwürfen die zivile Bevölkerung so gut wie möglich zu schützen und zu versorgen. Noch in den ersten Septembertagen wurde zu diesem Zweck unter der Leitung von Ingenieur Stefan Bellwald ein Luftschutz-Detachement gegründet. Dieses hatte seinen Standort im soeben fertiggestellten Luftschutzkeller, der unter dem Westteil des heutigen Friedhofs angelegt war, zwischen Treichweg und Talstrasse. Im Ernstfall hätte er auch der Visper Bevölkerung als Schutzraum dienen sollen.
Das Detachement beinhaltete unter anderem eine Abteilung Sanität. Diese rekrutierte denn auch acht junge, im Durchschnitt 20-jährige Visperinnen, die zu diesem Zweck ab Allerheiligen in Interlaken eine Rekrutenschule absolvieren mussten. Im Anschluss daran begann sofort der militärische Alltag mit den Übungen im Dorf. Der Einsatz dieses Oktetts in der dunkelblauen Uniform wurde in der Bevölkerung positiv aufgenommen. Die Frauen legten damit eine gute Basis für den künftigen Frauenhilfsdienst (FHD).
Samariter im Dienst der Visper Bevölkerung
Der Samariterverein Visp wurde am 3. Mai 1939 im Anschluss an einen Kurs mit abschliessender Prüfung im La Poste gegründet. Die kurz vor Kriegsausbruch gegründete Luftschutzkommission der Gemeinde hatte dazu die Initiative ergriffen und das Rote Kreuz unterstützte die Sache. Dr. Max Wyer leitete den ersten Samariter- und Krankenpflegekurs. Nicht weniger als 44 Visperinnen und Visper nahmen daran teil.
Die Gründung erfolgte im La Poste-Saal. Der erste Vorstand setzte sich wie folgt zusammen: Alfons Wederich, Präsident, Peter Imhasly, Vizepräsident, Peter Hugentobler, Kassier, Olga Andenmatten, Sekretärin, Amanda Bayard und Berta Wyer, Beisitzerinnen, Rudolf Karlen wurde Materialverwalter.
Wenige Monate nach der Gründung brach der Zweite Weltkrieg aus, was zur Folge hatte, dass schon eine Reihe ganz besonderer Aufgaben auf die Samariter warteten.
So eröffnete der Verein unter der Leitung von Theodor Lauber 1940 am Kaufplatz einen Samariterposten. Fortan organisierten die Samariterinnen die Sammlung von Soldatenwäsche – und dies während des gesamten Kriegs.
Im gleichen Jahr konnte die erste Blutspendeaktion durchgeführt werden. Für allfällige Epidemie-Patientinnen und -patienten wurde sogar ein Saal mit 15 Betten bereitgestellt. 1943 errichtete man eine Fürsorgestelle für den Kriegsfall und beauftragte den Samariterverein mit der Betreuung dieser Stelle. Ebenfalls 1943 wurden 30 Gasmasken angeschafft und an die Mitglieder verteilt. Zuvor, 1941, hatte bereits die erste Gasschutzübung stattgefunden.
Zu einem Ernstfall, der einen Grosseinsatz erforderte, kam es für den Verein kurz nach dem Krieg, als 1945/1946 in Visp eine Scharlach-Epidemie ausbrach. Wegen der Ansteckungsgefahr wurden die Kranken in der Turnhalle gepflegt. Eine Baracke beim Reservoir Wasen war als zweites Notlazarett vorgesehen, dieses war aber erst nach Abklingen der Epidemie bezugsbereit.
Der Luftschutzkeller
Anfangs 1940 suchte der Samariterverein einen splittersicheren Keller, damit im Ernstfall wenigstens ein gesicherter Ort als Schutzraum für die Samariter- und Bergungstruppen zur Verfügung stand, um die Verletzten unterzubringen, sei es zum Transport, sei es zur Vornahme der Entgiftung von den Gasen. Als solcher Keller wurde die Höhle im Felsen beim «Brandenburger Tor» bei der Mündung des Treichwegs in die Talstrasse ins Auge gefasst. Dieses Objekt sollte noch genauer unter die Lupe genommen werden. Das Projekt wurde ausgearbeitet.
Zum Schutz vor Luftangriffen
An der Visper Urversammlung von 1940 befasste man sich eingehend mit dem Bau eines Luftschutzkellers zur Unterbringung der Bevölkerung bei Bombenangriffen.
Wie positiv die damaligen Visper angesichts der vielen Bedrohungen durch den Krieg dachten, zeigt, dass hier bereits Ideen geäussert wurden, wie dieser Raum nach Kriegsende volkswirtschaftlich am besten genutzt werden könnte – es sollte noch 5 Jahre dauern. Der Luftschutzkeller wurde schliesslich auf der Höhe der Talstrasse aus dem Felsen gehauen. Oberhalb dieses Felsens kam später die westliche Friedhofserweiterung zu stehen.
La Poste konkurs
Das Paradestück der Visper Hotellerie musste zu Beginn des Kriegs Konkurs anmelden, dies wohl nicht zuletzt wegen des anfangs der 30er-Jahre erfolgten Baus des grossen Festsaals, der auch als Kino diente – ein Werk, das die Familie Providoli kühn auf privater Basis unternommen hatte.
1940: 2300 Einwohner
Die Volkszählung von 1940 ergab, dass die Bevölkerung innert 10 Jahren von 2029 auf 2300 Personen angewachsen war.
Vorsichtshalber!
1940 gab das zuständige eidgenössische Amt Anweisung, dass im Fall einer Invasion sämtliche Schulkarten und Atlanten zu vernichten seien.
Visp gegen militärischen Vorunterricht
An der eidgenössischen Volksabstimmung über die Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts von 1940 lehnten die Visper die Vorlage mit 244 gegen 153 Stimmen ab. Gesamtschweizerisch fiel das Resultat jedoch positiv aus.
Lonza-Unterführung als Luftschutzraum
1940 beschloss der Gemeinderat, für die Bedürfnisse des örtlichen Luftschutzes 2000 Sandsäcke zu 80 Rappen anzukaufen und bei der Mühle Nussbaum zu lagern.
Zusätzlich sollte bei der Mühleye und auf dem Fussballplatz Allmei ein Sandlager von 200 Kubikmetern bereitgestellt werden.
Ferner sei die Unterführung zur Lonza beim Bahnhof ebenfalls als Luftschutzraum vorzusehen. Der Gemeinderat hätte es begrüsst, wenn die Gebäude-Eigentümer von sich aus die Initiative ergriffen hätten, um Luftschutzräume zu erstellen.
Gasmasken für die Bevölkerung
Der Gemeinderat beschloss 1940, zuhanden des Samariterdienstes, der Ortswehr und teilweise zur Abgabe an die Bevölkerung 400 Stück Gasmasken zu bestellen. Die Bevölkerung wurde eingeladen, sich für den Kauf von Gasmasken einzuschreiben, und darauf hingewiesen, dass Gasgefahr entstünde, falls die Schweiz in den Krieg verwickelt würde.
Visp bot 1 100 Plätze für Evakuierte
Gemäss Staatsrat war Visp im Kriegsjahr 1940 als Evakuationsplatz vorgesehen. Für die Aufnahme von Evakuierten standen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: 483 Plätze bei Privaten, 109 Plätze in Hotels und Pensionen, 500 Plätze im Schulhaus und in der Turnhalle.
Nur 6,7 Prozent an Ständeratswahl
Mit Enttäuschung nahm der Gemeinderat 1940 Kenntnis vom Resultat der Ständeratswahl in Visp. Von den 580 Stimmberechtigten waren ganze 39 an die Urne gegangen, was 6,7 Prozent ausmachte. Barman erhielt 39, Evequoz 35 Stimmen.

Das Kommando der Grenzbrigade 11 besuchte 1942 die Visper Gemeindebehörden; die Verpflegungstruppen der Grenzbrigade waren während des Zweiten Weltkriegs in Visp einquartiert. V. l. n. r. Vizepräsident Paul Studer, die Gemeinderäte Arnold Nussbaum und Candid Lerjen, zwei Stabsoffiziere, Gemeinderat Hermann Tschopp, Oberstbrigadier Hans Ulrich Bühler, Kommandant der Grenzbesetzungstruppen zum Schutz des Simplonpasses, Staatsrat Karl Anthamatten, Pfarrer Leander Stoffel, zwei Offiziere und Gemeindepräsident Alex Mengis.
Fotograf unbekannt, zVg
Grenzbesetzung am Simplon von Visp aus verpflegt
Im Zweiten Weltkrieg war Visp dank seiner zentralen Lage während vielen Monaten regionales Zentrum für die Verpflegung der Männer im Aktivdienst, insbesondere der Grenzschutztruppen am Simplon, unter denen sich auch viele Visper befanden. In Visp – 20 Kilometer von der Grenze zum vom Feind besetzten Italien – waren Verpflegungstruppen fest stationiert; eine Berner Oberländer Fach-Kompanie für die Verpflegung der Gebirgsbrigade 11 war dauerhaft in Visp einquartiert.
Für das einheimische Gewerbe ergaben sich da Vorteile verschiedener Art. Dazu trugen insbesondere die beiden Schlachthäuser an der Müra und in der Oberen Stapfengasse bei. Die Sägematte avancierte so, wie bereits 50 Jahre zuvor, wieder zu einem wichtigen örtlichen Gewerbezentrum. Selbstverständlich hatte diese Präsenz auch positive Auswirkungen auf das Gastgewerbe. Aber auch die Bevölkerung hatte mit dem Vermieten von Zimmern an Unteroffiziere willkommenen zusätzlichen Verdienst.
Auch zum kriegsbedingt kargen gesellschaftlichen Leben in der Ortschaft trugen die «Verpfleger» bei. So führten diese Wehrmänner im La Poste viel beachtete Theaterstücke auf. In Visp war offensichtlich auch eine Militärmusik stationiert. Eine solche schritt allabendlich mit dem Zapfenstreich die Strecke von der Pflanzetta bis zum Bahnhof ab; sehr zur Freude der Bevölkerung. Die Buben aus der Burgschaft schlossen sich jeweils dem grünen Musik-Korps an. Wurde da vielleicht die Basis für die späteren Marschmusikerfolge der «Vispe» gelegt?
Lebensmittel rationiert!
Ende 1939 teilte die Gemeinde die Lebensmittel-Rationierungskarten für den Monat Januar 1940 aus. Fortan wurden die Lebensmittel in den Läden nur noch gegen die sogenannten Coupons abgegeben, die aus den Karten herausgeschnitten wurden. Geld allein reichte nicht mehr. Die Informationen zur Rationierung waren für die Bevölkerung von grosser Bedeutung.
Mit den Rationierungskarten gab die Gemeinde jeder Person zusätzlich eine Vorratskarte ab, um den Haushaltungen zu erlauben, einen Vorrat an Lebensmitteln für zwei Monate anzulegen.
Verkauf von Lebensmitteln verboten
Mit Verfügung vom 21. August 1940 verhängte das Eidgenössische Kriegsernährungsamt eine zweite Bezugssperre für bestimmte Lebensmittel. So war der Verkauf von Zucker, Reis, Teigwaren, Mehl, Gries, Brotgetreide, Mais, Hülsenfrüchten und deren Erzeugnissen sowie der damals rationierten Speisefette und Speiseöle an die Konsumenten verboten.

Anfangs der 40er-Jahre war es Landwirt Schöni noch möglich, seine Schweine ohne Gefahr über das untere Teilstück der Bahnhofstrasse zu treiben. Er arbeitete im Gutsbetrieb der Lonza, der damals im Quartier Brückenweg noch das gesamte Gebiet nordwestlich des Hotels Mont Cervin mit der beliebten Terrasse und dem früheren Hotel des Alpes nördlich davon einnahm.
Foto Jullier
Keine Milchpreiserhöhung!
1940 beschloss der Gemeinderat mit der Direktion der Milchproduzentengenossenschaft Visp Rücksprache zu nehmen, ob es nicht möglich wäre, in diesem Moment von einem Preisaufschlag abzusehen, da der Milchpreis als sehr hoch bezeichnet werden müsse.
Um am Preisniveau festzuhalten, setzten die verantwortlichen Instanzen den Milchpreis 1943 um 1 Rappen hinauf und den Brotpreis um 2 Rappen hinab.
Rationierungskarten für Kleider
Gegen Ende 1940 erschienen auch die Kleider-Rationierungskarten. Es gab nicht weniger als fünf verschieden dotierte Karten: Kinderkarten (K) für bis 4-Jährige, Töchterkarten (T) für 4- bis 11-Jährige, Jünglingskarten (J) für 4- bis 11-Jährige, Frauenkarten (F) für 11-Jährige und ältere Frauen und Männerkarten (M) für 11-Jährige und ältere Männer.
Ortswehr als Unterstützung der Armee
Unter dem Einfluss des nun schon während eines Jahres anhaltenden Weltkriegs bot der Bund 1940 alle ausgedienten Wehrmänner und vorzeitig untauglich erklärten Jungmänner, weitere Männer und erstmals auch Frauen als Hilfskräfte zur Bildung von sogenannten Ortswehren auf.
Die Ortswehr Visp, die ihren Standort im Luftschutzkeller bei der Einmündung des Treichwegs in die Talstrasse hatte, sah sich mit der Aufgabe konfrontiert, als lokale Organisation die lebenswichtigen Einrichtungen der Ortschaft zu bewachen.
Sie sollte auch Leute unschädlich machen, die Unruhe und Störungen verursachten, und sie hätte Luftlandetruppen und eingebrochene Panzertruppen bekämpfen müssen, kurz: Die Armee schützte die Grenze und kämpfte an der Front, die Ortswehr hatte die Feinde im Rücken der Armee niederzuringen.
Bittprozessionen um Frieden
Bischof Viktor Bieler ordnete 1940 angesichts der Bedrohung durch den Krieg Friedensprozessionen und Friedensfeiern an.
«Emigranten-Lager Visp»
Zwischen 1940 und 1944 musste der Aufenthalt von Flüchtlingen, die sich in der Schweiz aufhielten und für die eine Ausreise praktisch unmöglich war, geregelt werden. Die Emigranten waren in zivil geführten Arbeitslagern interniert.
Ein solches Lager für Flüchtlinge aus dem Ausland mit der Bezeichnung «Emigranten-Lager Visp» wurde 1942 in Lalden, in der Ebene gegen Brigerbad hin, direkt am Rotten gegenüber dem Dorf Eyholz eingerichtet. Visp war dann vor allem Ausgangs- und Einkaufsort für die Emigranten, die aus verschiedenen Ländern kamen.
Kontakte zur Bevölkerung waren den Internierten anfänglich verboten. Verboten war ihnen auch die Heirat mit einer Schweizerin. Später wurden sie in der Landwirtschaft, vorwiegend in der «Mehranbauschlacht», eingesetzt. Ihre Arbeitskraft wurde auch bei Bauvorhaben der Armee und der Landwirtschaft gebraucht. Frauen fanden in Haushaltungen Beschäftigung. Wer die Voraussetzung dafür mitbrachte, erhielt die Erlaubnis, an einer Universität zu studieren.
Ausgang wurde den Internierten nur im nächsten grösseren Ort gestattet, um die Monotonie des Lageralltags zu vergessen. Sie hatten ein schweres Leben und nie eigene vier Wände.
Mit der ab 1940 praktizierten Internierung war den Flüchtlingen jede politische Tätigkeit und jedes neutralitätsfremde Verhalten verboten, ebenso jegliche Erwerbstätigkeit. Zuwiderhandlungen konnten die Ausschaffung nach sich ziehen.
Von bemittelten Emigranten wurden finanzielle Beiträge zugunsten der Flüchtlingsorganisationen erhoben. Diese waren mit der Durchführung der Lager nicht immer einverstanden.
Auch für militärische Flüchtlinge gab es Lager, so für 21 000 Italiener sowie Soldaten aus Polen, die bis Kriegsende blieben, hospitalisierte Soldaten, Deserteure, Dienstverweigerer, entwichene Kriegsgefangene und geflüchtete Zwangsarbeiter. Im Juni 1940 traten zusammen mit einem französischen Armeekorps von 29 000 Soldaten auch 12 000 Polen in die Schweiz über und wurden interniert.
Arme ausgewanderte Bürger
Noch 20 Jahre nachdem ein Visper seine Heimatgemeinde verlassen hatte, musste ihm die Gemeinde die Armenunterstützung gewähren.
Damit erwuchsen der Munizipalgemeinde auch 1926 bedeutende Armenlasten für die Bürger.
Lied zum Mittagsläuten
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ertönte in Visp kurz vor Mittag die Kirchenglocke zum englischen Gruss. Auf der Strasse standen die Kinder zusammen und sangen: «Äs littot Mittag, der Herr ist im Grab, und wer nit bätut, der isch äs Blag.»
«Zur Kriegslage» von Oberst Henri Lecomte
Henri Lecomte, ETH-Ingenieur und Instruktionsoffizier, nahm in Visp Wohnsitz, nachdem er eine Visperin geehelicht hatte, eine Tochter des Arztes Dr. Josef-Marie Gitz aus Herbriggen. Während den Kriegsjahren ab 1940 verfasste Lecomte im Walliser Boten jeweils einen Kommentar «zur Kriegslage», mit militärischer Knappheit, Genauigkeit und in aller Sachkenntnis, auch für Laien gut verständlich. Er starb am 1. Oktober 1944.

An der Überbielstrasse, die vom La Poste zum Kaufplatz führt, stand links das Weissen-Haus, rechts das Herrschaftshaus von Frau Gitz, die später Oberst Le Comte heiratete. Le Comte kommentierte während des Zweiten Weltkriegs jeweils das Kriegsgeschehen im «Walliser Boten».
Nicht datiert, Fotograf unbekannt, zVg/Margrit Truffer
504 Haushaltungen
202 Häuser gab es anlässlich der Volkszählung von 1941 in Visp. In diesen lebten 504 Haushaltungen, dies bei 2308 Einwohnern.
Keine Arbeitslosen dank Lonza
Im Kriegsjahr 1940 stellte der Gemeinderat fest, dass in der Gemeinde keine Arbeitslosigkeit bestand, weil die Lonzawerke voll ausgelastet waren.
Ende November 1942 wurden in der ganzen Schweiz um 7 000 Arbeitslose gezählt. Im Wallis und damit auch in Visp gab es gar keine. [Siehe auch Kapitel 19.14 «Lonza lieferte in den Kriegsjahren Strom, Benzinersatz, Dünger».]
Verdunkelung obligatorisch!
Im Juli 1940 schrieb das Armeekommando die Verdunkelung vor, mit der die Siedlung nach Einbruch der Dunkelheit für allfällige feindliche Flieger unsichtbar gemacht werden sollte: «Die Einwohnerschaft ist ersucht, alles vorzukehren, um die Verdunkelung vorschriftsgemäss durchzuführen. Insbesondere sind Eingänge zu den öffentlichen Lokalen, Ställen usw. richtig abzuschirmen. Lampen von nicht verdunkelten Räumen sind auszudrehen, damit kein Licht eingeschaltet werden kann. Die Landwirte wollen auch der Verdunkelung der Stallfenster und Scheunen die notwendige Beachtung schenken. Verstösse gegen die betreffenden Vorschriften müssen von den Kontrollorganen gemeldet werden und haben unbedingt Busse zur Folge.» Der Gemeinderat musste immer wieder intervenieren, weil viele Haushalte die Verdunkelungspflicht, die für sämtliche Gebäude am Ort galt, nur schlecht oder gar nicht befolgten.
Schelle statt Trompete
Im Herbst 1940 beschloss der Gemeinderat, während der Dauer der Militäreinquartierung Publikationen nicht mehr mit Trompetenklängen anzuzeigen, sondern dafür eine Schelle zu benützen.
Gewaltiger Holzschlag im Visper Wald
Im Kriegsjahr 1940 wurden die Visper Wälder in einem einzigen Jahr beträchtlich ausgedünnt: Die Burgerschaft ersuchte beim Staat um folgende Schlagbewilligung nach: 250 Ster Brennholz für das Militär, 200 Ster Papierholz, 600 Ster für den Burgernutzen, 70 Kubikmeter Bauholz, 120 Kubikmeter Lärch und 250 Kubikmeter Tanne zu Verkaufszwecken.
Als zufriedenstellendes Geschäft wurde der Handel mit Papierholz betrachtet. Dieses ging an die Papierfabriken in Attisholz und Utzenstorf. Die Burgerschaft beabsichtigte daher, diese Absatzmöglichkeit noch zu erweitern.
Auch Burger entrichteten im Krieg ihren Tribut
Der Zweite Weltkrieg machte sich auch bei der Burgerschaft in allen Bereichen unangenehm bemerkbar. So wurde 1940 aufgrund der allgemeinen Mobilmachung verordnet, dass an das Militär je nach Bedarf Brennholz gegen Gutscheine abzugeben sei. Es musste zudem eine Kriegsreserve an Holz angelegt werden. 300 Ster Brennholz mussten allzeit zur Verfügung des Bundes bereitstehen.
Auch das Sammeln von Leseholz wurde empfindlich eingeschränkt. Es durfte fortan nur mit einer «Tschifra» oder mit einem Handwagen gesammelt werden. Die Holzzufuhr mit Fuhrwerken wurde verboten. War das Einholen von Leseholz bereits auf gewisse Monate und Wochentage beschränkt, so wurde es nun gar auf bestimmte Stunden begrenzt: Um jeden Unfug auszuschalten, wurde es nur noch in der Zeit zwischen 7 und 19 Uhr zugelassen.
Im Kriegsjahr 1941 war der Burgerrat folgendermassen zusammengesetzt: Ernest Bodenmüller, Burgermeister, Viktor Zurbriggen, Vize, Otto Providoli, Jodok Burgener, Adolf Fux. 1943 nahm die Burgerschaft erneut eine Änderung des Burgerreglements betreffend das Benutzungsrecht der Burgergüter vor. Unter anderem hiess es hier, dass jener Burger, der nicht mehr in der Gemeinde wohnsässig war, das Benutzungsrecht der Burgergüter verlor.
Pensionskasse für Personal
1940 beauftragte die Urversammlung den Gemeinderat, für das Gemeindepersonal eine Alters- oder Pensionskasse einzurichten.
Hohes Lob von Brigadier
Oberstbrigadier Hans Bühler, der Kommandant der Grenzbrigade 11, die damals das Simplongebiet verteidigte, lobte die Gemeinde Visp am 5. Juli 1940: «Die ruhmreiche Geschichte der edlen Stadt Visp gibt uns die Gewissheit, dass ein Land in Freiheit blühen wird, solange das Volk bereit ist, Gut und Blut zu opfern.»
Militärkosten machten sich bemerkbar
In der Gemeinderechnung von 1940 – Einnahmen: 214 317 Franken – machten sich die Folgen des ein Jahr zuvor begonnenen Zweiten Weltkriegs bemerkbar: Allein für die Einquartierung von Truppen und verschiedene Militärauslagen war ein Ausgabenbetrag von 8 383 Franken verbucht.
Rationierung genügte nicht
Zu den Rationierungsvorschriften des Kriegsernährungsamts gesellten sich 1941 auch Aufrufe zum Sparen. Während auf dem Land – wie auch in Visp – die Bauern noch bis zu einem bescheidenen Grad Selbstversorger waren, standen sie in dieser ungemütlichen Zeit sicher besser da als die Leute in den Städten. Man half sich hier gegenseitig mit Lebensmitteln und mit dem Austausch von Lebensmittel-Coupons.
Die Post blieb im Dorf
1941 nahm der Gemeinderat mit Befriedigung davon Kenntnis, dass die PTT-Kreisdirektion von Lausanne dem Begehren von Gemeinde, Gewerbe und Bevölkerung Rechnung getragen hatte: Die örtlichen Postlokale würden wie bisher im Hause Mathier (später Gattlen) an der oberen Bahnhofstrasse, gegenüber der Schmiede Eberhard, verbleiben. Die Räume seien renoviert und würden für weitere 15 Jahre der Postverwaltung vermietet.
Baumaterialien-Geschäft in Visp
Das Unternehmen Gétaz Romang Ecoffey SA in Vevey teilte der Gemeindeverwaltung mit, dass es am 1. März 1941 in Visp ein Baumaterialien-Depot eröffnen werde.
Gefährlicher nächtlicher Ausgang
1941 verbot der Gemeinderat, sich nach Einbruch der Dunkelheit in den Reben, Gärten usw. ausserhalb der Ortschaft aufzuhalten. Die Polizei hatte den Auftrag, nötigenfalls von der Waffe Gebrauch zu machen.
Schulen vorübergehend geschlossen
Die Schulen mussten zeitweilig geschlossen werden, so auch Mitte Mai 1941, als in Visp immer wieder Truppen einquartiert wurden.
Heizkosten konnten gespart werden, indem die Turnhalle nur an drei Tagen in der Woche benutzt werden durfte. Der Turnverein musste die Halle an jenen Tagen benutzen, an denen geheizt wurde. Ebenso wurden mit dem Ziel, Brennmaterialien zu sparen, kürzere Öffnungszeiten der Geschäfte vorgegeben.
Die wertvollen Lindenblüten
1941 machte der Gemeinderat darauf aufmerksam, dass wer Lindenblüten von den Bäumen der öffentlichen Anlagen sammeln wolle, hierfür eine schriftliche Bewilligung der Gemeindeverwaltung einholen müsse. Das Brechen der Äste von diesen Bäumen sei strafbar.
650-Jahr-Feier, dem Ernst der Lage entsprechend
1941, als die Männer zu einem grossen Teil an der Grenze standen und der Krieg mit aller Härte in den angrenzenden Ländern wütete, kam dem 650. Jahrestag der Gründung der Eidgenossenschaft auch in Visp eine besondere Bedeutung zu.
Die Bundesfeier fand unter Teilnahme fast der ganzen übrigen Bevölkerung auf dem Kaufplatz statt. Tell mit Armbrust, Sohn Walter und eine «Helvetia» an seiner Seite nahmen am farbenprächtigen Festzug teil.
Mangelhafte Pflege der Soldaten-Socken
Oberstbrigadier Bühler stand anfangs Winter 1941 dem Frauenhilfsdienst (FHD) skeptisch gegenüber. Es sei auffallend, dass sich der Zustand der Leibwäsche der Soldaten, besonders die Socken, zusehends verschlechtere. Insbesondere falle auf: viele unzweckmässig geflickte Socken, aber auch unzweckmässig gestrickte, zu gross oder zu klein, vollständig falsche Fussformen, Socken, die unzweckmässig gewaschen und dadurch vollständig verfilzt wurden.
Es schien ihm nötig, dass Kurse für Frauen und Töchter zum Erlernen der richtigen Behandlung der Leibwäsche angeboten würden.
Was er von Frauen als Soldaten hielt, geht aus der folgenden Bemerkung hervor: «Es wäre sicher gescheiter, unsere Frauen und Töchter zu diesen Arbeiten heranzuziehen, statt sie in der RS der FHD zu allem Möglichen anzuleiten, das besser durch männliche Kräfte erledigt wird.»
Pferde vom Militär beansprucht
Anfangs 1942 stellte der Gemeinderat von Visp für das Frühjahr und den Sommer einen Mangel an Pferden fest. Deshalb sollte der winterliche Holztransport beschleunigt werden, damit man sich im Frühjahr nicht mehr allzu sehr damit beschäftigen musste; hierfür sei die Bürchnerstrasse unter grossen Anstrengungen geöffnet worden.
Milchausschank am Kaufplatz
Die Milchproduzenten-Genossenschaft Visp eröffnete 1942 im Haus Burgener im Süden des Kaufplatzes ein zweites Ausschanklokal.

Anna Mengis, die legendäre Visper Erstklasslehrerin «Mamsell Anna» und Miteigentümerin des Mengis-Hauses am Hengartplatz östlich der Pfarrkirche, stellte hier während des Zweiten Weltkriegs, als Soldaten im Schulhaus einquartiert waren, ihr Wohnzimmer für den Unterricht zur Verfügung.
© Peter Salzmann
In Visp herrschte Wohnungsnot
Mitten im Zweiten Weltkrieg, 1942, musste der Gemeinderat auf eine entsprechende Umfrage des kantonalen Baudepartements hin feststellen, dass in Visp Wohnungsnot herrschte.
Daraufhin gab die Behörde bekannt, sie würde es begrüssen, wenn auf dem Gebiet des Wohnungsbaus etwas geschehen würde; die Initiative müsste vom Bauinteressenten ausgehen. Die Gemeinde werde sich an den Baukosten, die von Bund und Kanton subventioniert würden, ebenfalls mit einem Beitrag beteiligen, auch die Lonza würde ein solches Begehren unterstützen.
Begreiflicherweise wurde von diesem Angebot erst nach Beendigung des Kriegs Gebrauch gemacht.
1. August in den Kriegsjahren
Am 1. August 1942 war der Kaufplatz zum Bersten voll. Die Landeshymne begann damals noch mit «Rufst du mein Vaterland» und hatte die gleiche Melodie wie das britische Vorbild «God save the King».
Die Festrede wurde von Vereinsdarbietungen umrahmt, von der Musikgesellschaft und dem Männerchor. Der Turnverein brillierte mit faszinierenden Pyramiden bei bengalischem Licht.
Die Bundesfeier war ein Erlebnis, auf das man sich Wochen im Voraus gefreut hatte und das eine der seltenen Abwechslungen in den eher trüben Alltag brachte. In den ersten 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts herrschte ein Gefühl der Bedrohung vor. Die Leute waren oft bedrückt ob der Hiobsbotschaften, die täglich über Radio und Zeitungen hereinkamen. Die Bevölkerung hoffte, weiterhin vom tobenden Krieg ringsherum verschont zu bleiben.
Altstoffe hatten Hochkonjunktur
Das Sammeln von Altstoffen hatte im Krieg Hochkonjunktur. Vor allem die Schuljugend sammelte Alteisen, das sie dann dem originellen Kauz Peter Jentsch, der allwöchentlich auf dem Marktplatz vor dem Restaurant Müra Halt machte, für 7 Rappen pro Kilo ablieferte. Jentsch hatte sich verpflichtet, die Stoffe wenigstens einmal in der Woche in den Haushaltungen abzuholen. Und die Schule führte einen Wettbewerb zum Sammeln von Altzinn durch; Zahnpastatuben waren hierfür das geeignete Objekt. So klopften die fleissigsten Sammler unter den Schülern noch und noch die Haustüren ab, vorwiegend bei besser gestellten Familien natürlich, denn Zähneputzen war noch lange nicht jedermanns Sache.
Oberwallis am Radio 1942
In den Kriegsjahren stützte sich die Radio-Genossenschaft Bern stärker auf die Regionen ihres Einzugsgebiets, zu denen auch das Oberwallis gehörte. Zur Feierlichkeit «25 Jahre Radio Bern» schrieb Adolf Fux 1942 in der Sondernummer der Schweizer Radiozeitung: «Dank Radio Bern können Volk und Heimat, in Lob und Tadel, ihre Deutung finden, die – in lautere Worte gefasst – im Volk selbst das Echo weckt, aber ebenfalls hinausklingen soll über die ewigen Berge, um beim Schweizer Volk Verständnis und Zuneigung zu wecken für das Deutschwallis.»
Visper gegen Volkswahl des Bundesrats
Bei der eidgenössischen Abstimmung von 1942 lehnten die Visper Stimmberechtigten die Erhöhung der Zahl der Bundesräte und die Wahl derselben durch das Volk von mit 44 Ja gegen 219 Nein wuchtig ab.
Lebenskosten stiegen fast um die Hälfte
Ende Dezember 1942 stand der Lebenskostenindex um 45,5 Prozent über dem Vorkriegsstand. Dieser Index bezog sich auf Nahrungsmittel, welche die grösste Steigerung aufwiesen, Brennstoff, Bekleidung und Miete.
Die Lonza stellte fest, dass beim Grossteil der Oberwalliser Arbeiter die Positionen Heizung und Miete nicht wesentlich war, weil sie eben Selbstversorger waren; so seien bei der Lohngestaltung von jeher in erster Linie die Kosten für Nahrung und Kleider richtunggebend.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs stellte der Bund fest, dass es für das Gros der Bevölkerung schwierige Jahre gewesen waren: Von 1938 bis 1945 war der Lebenskostenindex um 51 Prozent gestiegen, wohingegen das Realeinkommen sogar um 4 Prozent gesunken war.
Schneeräumen einschränken!
Das kantonale Baudepartement teilte 1942 mit, zum Zweck der Einsparung von Treibstoff solle bei den Schneeräumungsarbeiten möglichst zurückhaltend vorgegangen werden.
Strom sparen unerlässlich
Weil 1943 Gas und Holz noch knapper wurden und Kohlen zum Heizen gar weitgehend fehlten, stieg der Verbrauch an Elektrizität so an, dass ernsthaft zum Stromsparen aufgefordert werden musste, dies mit dem Hinweis, dass ohne Einschränkungen die Stauseen vorzeitig leer würden. Das hätte zur Folge gehabt, dass nicht nur die Heizöfen erkaltet wären, sondern auch hunderte von Motoren stillgelegt und damit tausende von Arbeitnehmenden arbeitslos geworden wären.
Ein A. L. schrieb 1944 in der Hauszeitung der Lonza unter dem Titel «Warum sind Einschränkungen im Verbrauch elektrischer Energie notwendig?»: «So fragt heute mancher und man sieht ihm dabei seinen mehr oder weniger getarnten Ärger von Weitem an. Das ist ja verständlich, wenn man an das lächerlich kleine Kohlenhäuflein denkt, das einem zugeteilt worden ist und an den kleinen Holzvorrat. Wir wollen den Missmutigen zu erklären versuchen, warum nun auch auf das elektrische Öfeli verzichtet werden muss. Jedermann weiss, dass von einer Ware nicht mehr abgegeben werden kann als vorhanden ist, auch die Elektrizität ist eine solche ‚Ware‘. Gestiegen ist der Verbrauch, weil heute die Elektrizität überall einspringen muss, zum Antrieb von Motoren, die früher mit Rohöl oder Benzin liefen, zum Kochen, weil Gas und Holz knapp sind, und zum Heizen, weil die Kohlen fehlen.»
Konsumentenpreise stabil
Ein Vergleich zwischen den Konsumentenpreisen während den beiden Weltkriegen ergab, dass die Lebenskosten 1943 nicht höher waren als 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs.
Tanzen eingeschränkt
Im Zweiten Weltkrieg wurden die bereits spärlichen Vergnügungsmöglichkeiten immer wieder zusätzlich eingeschränkt. Tanzveranstaltungen wurden praktisch kaum mehr bewilligt. Das Tanzen in der Wirtschaft wurde vermehrt kontrolliert. Nicht verboten war, dass ein bis zwei Paare auf zufällige Musik tanzten, zum Beispiel zu Rhythmen aus Phonograph oder Radio. Die Fasnacht war vollständig ausgesetzt.
Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hatte sogar Kauf und Verkauf von Konfetti, Papierschnitzeln usw. sowie deren Werfen auf öffentlichen Strassen oder in Lokalen verboten.
Lohn der Wäscherin
Frauen, die in Haushalten Putzarbeiten verrichteten oder im «Büchhüs» deren Wäsche wuschen, im Winter bei grosser Kälte, erhielten einen Tageslohn von 6 Franken – dies bei einem Pensum von bis zu zehn Stunden. Das entspricht 60 Rappen pro Stunde.
17 467 am Simplon im Einsatz
Als sich 1943 aufgrund der Entwicklung des Kriegs die Lage in Italien verschärfte, wurde am 1. Oktober eine sogenannte Remobilisierung der Truppen im Oberwallis durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass in der Grenzbrigade 11 unter Oberstbrigadier Bühler 17 467 Wehrmänner im Einsatz standen.
Wechsel am Instruktionsgericht
Am 27. Juni 1944 trat Francis Burgener, der frühere Visper Gemeindepräsident, nach 23-jähriger Amtszeit als Instruktionsrichter zurück und wurde mit Julius Weissen durch einen anderen Visper ersetzt.
Erlös aus dem Holz 1945
1945, im letzten Kriegsjahr, löste die Burgerschaft aus der Waldwirtschaft 93 208 Franken. Dem stand aber für Ausbeutung, Transporte, Unfallprämien usw. ein Ausgabenbetrag von 82 170 Franken gegenüber, sodass der Reinerlös lediglich 11 038 Franken betrug.
Das Brennholz brachte 62 734 Franken, das Bauholz 17 427 Franken. Zudem wurde eine Rückstellung von 7 000 Franken für die neue Burgerstube vorgenommen. Der Vermögensbestand betrug zu diesem Zeitpunkt 307 694 Franken. Die Wälder waren auf 176 002 Franken geschätzt, die Grundgüter auf 79 992 Franken.
Visp am Ende des Kriegs
«Die ganze Wehrmacht hat kapituliert» titelten die «Basler Nachrichten» am Montag, 7. Mai 1945. Churchill werde am Nachmittag das Kriegsende verkünden. Es gab jubelnde Siegesfeiern auf der ganzen Welt. Das Ende des Zweiten Weltkriegs wurde nach sechs Jahren am 8. Mai 1945 mit Begeisterung aufgenommen. An diesem Tag wich ein gewaltiger Druck von der Bevölkerung, als die Kirchenglocken dem menschenverachtenden Geschehen zum Ende läuteten.
In Visp verkündete Jungtambour Ernst Nellen fast an jeder Strassenecke den freudig zusammenströmenden Leuten die frohe Botschaft. Sechs Jahre mit steter Angst und Ungewissheit hatten ein Ende gefunden. Sogar daran musste man sich erst gewöhnen: keine Verdunkelung mehr, keine nächtlichen Fliegeralarme mehr, keine Bombenabwürfe mehr in unmittelbarer Nähe (Baltschieder, BLS-Bahnbrücke), keine Väter, Brüder und Söhne mehr, die monate-, sogar jahrelang an der Grenze standen. Keine Lebensmittelkarten mehr, obwohl man immer genug zum Essen gehabt hatte. Endlich wieder ein normales Leben in der Familie, beruflich, gesellschaftlich.
Die Internierten durften heimkehren, allerdings in weitgehend zerstörte Länder.
Der Krieg hatte 60 Millionen Menschenleben gekostet. Die Schweiz war davongekommen und vom Kriegsgeschehen verschont geblieben.
Neue Mehrheit bei den Gemeindewahlen 1945
Am Ende des Zweiten Weltkriegs machte sich in der Bevölkerung – auch in Visp – eine fast euphorische Aufbruchstimmung breit. Die Leute sehnten sich nach neuen Ideen und neue Kräfte waren gefragt.
In Visp fanden insofern bemerkenswerte Gemeinderatswahlen statt, als die Demokraten die Konservativen, die seit jeher über eine klare Mehrheit verfügt hatten, verdrängten. Der frühere Förster und damalige Staatsratssekretär Adolf Fux, der die Partei bereits im Grossen Rat vertrat und sich als Schriftsteller und Redaktor einen Namen gemacht hatte, wurde neuer Gemeindepräsident. Auf die neue Regierung warteten zwei der bedeutendsten Bauaufgaben, welche die Gemeinde je zu bewältigen hatte. Beide waren bereits eingefädelt: die Erweiterung der St. Martinskirche und der Bau des Rathauses.