Als 1876 der erste Eisenbahnzug der Jura-Simplon-Bahn erstmals von Westen herkommend in Visp einfuhr und Halt machte, weitete sich die Welt für das Dorf. Die Zahl der Touristen wuchs. In Visp herrschte jeden Sommer Konjunktur. Visperinnen und Visper lebten vom Betrieb von Hotels, vom Transport von Gästen in die Vispertäler und von Dienstleistungen verschiedener Art – bis die VZ-Bahn 1891 in Betrieb ging.

Zunächst reisten die Gäste von Sitten her mit der Postkutsche nach Visp, ab 1876 mit der Bahn. In Visp mussten sie auf den Maultier- beziehungsweise Trägertransport umsteigen; die Weiterreise erfolgte auf dem Saumpfad. Im Hintergrund dieser Aufnahme aus den Jahren 1914–1918 der Zenegger-Berg über Visp.
Fotograf unbekannt, Schweizerisches Bundesarchiv, CH-BAR#E27#1000/721#14095#3713* / CC-BY-SA 3.0/CH, Wikimedia
Transporte bestimmten in Visp den Beginn des Tourismus
Das Reisen in die Berge hatte im zu Ende gehenden 18. und anfangs des 19. Jahrhunderts begonnen. Anstrengend war es alleweil, manchmal auch gefährlich. Zunächst reisten die Gäste von Sitten her mit der Postkutsche nach Visp, ab 1876 mit der Bahn. Von Visp aus waren die Strassen- beziehungsweise Wegverhältnisse derart schlecht und gefährlich, dass die ersten Touristen auf den Maultier- beziehungsweise Trägertransport umsteigen mussten. Ausgelöst durch die beginnende touristische Entwicklung im Matter- wie im Saastal wuchs das Transportgewerbe in Visp zu einem der ertragreichsten heran. Der damalige Pfarrer Tscheinen im Matterhorndorf hielt im Spätsommer 1857 fest, dass an gewissen Tagen 35 bis 50 Pferde fremde Reisende von Visp herauf nach Zermatt gebracht hätten. Wer nach Zermatt wollte, musste in Visp rasten und so waren hier um die Mitte des 19. Jahrhunderts und später rasch auch einige Hotels entstanden.
Staat setzte 1858 Transporttarife fest
Frei waren die Transporteure bei der Preisgestaltung nicht. Diese Tarife waren 1858 in einem Staatsratsentscheid verbindlich geregelt worden. Jeder Sesselträger – es handelte sich dabei um Tragsessel für Personen – durfte sechs, jeder Gepäckträger fünf Franken beanspruchen.
So durfte ein Visper Führer mit einem Pferd bis Stalden einen Fünfliber verlangen, bis St. Niklaus das Doppelte und bis Zermatt 22 Franken.
Zum Ärger der Einheimischen empfahlen sich die Begleiter, welche die Gäste von Visp herführten, auch in Zermatt als Führer – zum Beispiel auf den Gornergrat hinauf. Viele Reisende sahen sich darum in Zermatt gar nicht erst noch nach einem anderen Führer um. Riffelalp oder Schwarzsee, Theodul oder Rothorn kosteten je 10 Franken. Neid, Missgunst, Preisunterbietungen und dergleichen waren an der Tagesordnung, sodass die Behörden eingreifen mussten. In Zermatt war es nämlich zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Ein Landjäger, der dorthin delegiert worden war, soll sich gemäss Zermatter Burgergeschichte so geäussert haben: «Wenn sie zwei Tage ohne Arbeit sind, fahren sie im Dorf herum wie rasende Hunde. Den ganzen Tag von einem Gasthof oder Wirtschaft zur anderen, um sich gegenseitig zu beschimpfen. Eine solch gottlose Nation habe ich in meinem Leben noch nirgends angetroffen.»
So beauftragte der Grosse Rat 1859 den Staatsrat, ein Reglement zur Behebung dieser Missstände in Kraft zu setzen. Am 1. Mai 1859 ratifizierte der Staatsrat ein im Grossen Rat beschlossenes «Reglement für die Führergesellschaften im Wallis». Es sollten damit sichere und regelmässige Begleitdienste für Reisende in die Walliser Seitentäler geschaffen werden, wo keine Postkutschen hinkamen. Dafür sollte ein vorgeschriebener Tarif eingerichtet werden. Es wurde auch festgelegt, dass sich Führer und Helfer als Begleiter an einen festgesetzten Turnus halten sollten, damit alle Beteiligten im gleichen Mass profitieren konnten. Das Reglement verbesserte die Lage der Zermatter Führer. Langsam wurden dann auch die Wege verbessert oder gar ausgebaut. Die Postkutschen fuhren immer weiter in die Täler hinein.
Angestellte auf Trinkgeld angewiesen
Weitere Problematiken stellten neben den Preisen offenbar die Entlöhnung des Personals und das Betteln dar: «Es kommt auch noch vor, dass Gasthöfe zu hohe Preise fordern, das heisst gesalzene Rechnungen ausstellen und die Fremden ausbeuten: diese Leute schaden sich selber, aber auch anderen, die weniger fordern. Ferner ist das Trinkgeldsystem in den Hotels nicht von Gutem. Sind die Angestellten bloss auf Trinkgelder angewiesen, so werden sie oft zudringlich und unverschämt. Man gebe denselben fixes Salair. Endlich kommt es hie und da vor, dass die Fremden angebettelt werden, namentlich an besuchten Passagen stellt sich das Bettelvolk auf und sucht unter irgend einem Vorwande das Mitleiden der Reisenden zu beanspruchen. Diese Unsitte sollte strengstens geahndet werden.»
Gäste-Transport nach Zermatt als Nebenerwerb
Mit der Beförderung von Gästen ins Mattertal hatten beispielsweise die drei Söhne des Vispers Alois Zurbriggen einen lukrativen Zusatzverdienst. Die Sänften-Träger von Visp hatten Hochkonjunktur. Mit einer richtiggehenden Familien-Stafette brachten sie die Gäste mit Maultieren und Sänften bis auf den Gornergrat hinauf, für insgesamt 100 Franken pro Person. Theodor, der nachmalige Schreinermeister, nahm die Herrschaften, die vorwiegend aus England kamen, beim Hotel du Soleil in Empfang und führte sie bis nach St. Niklaus. Dort lernte er auch die Hotelangestellte Maria Briand aus Albinen kennen, die später seine Frau wurde. Von St. Niklaus bis nach Zermatt war die Reihe an Josef, der später die Wirtschaft «zur Traube» und das Magazin am Kaufplatz in Visp übernahm. Benedikt «ferggte» dann seine «Karawane» in knapp fünf Stunden vom Fuss des Matterhorns zum Gornergrat.

Bereits zum Zeitpunkt des Stichs von Merian (1642) soll am Überbiel ein Gasthaus gestanden haben (am linken Bildrand). 1805 eröffnete hier Fähnrich Joseph Clemenz, Vater des nachmaligen bedeutenden Politikers und auch Hoteliers Joseph Anton Clemenz, das Wirtshaus zum «weissen Pferd», das er damals auf Anraten von Gästen zum «weissen Rössl» umbenannte. Seine Erben verkauften das Haus 1861 an Franz Stampfer und Severin Lagger.
Foto ab Originaldruck, Peter Salzmann
Scheune und Stall für Postverkehr
Kurz vor Ende des Jahres 1873 wurde im Büro des Präfekten in Visp zwischen Adolf Burgener, Vater, in Visp einerseits und J.A. Ricca, Postunternehmer in Brig anderseits, folgende Vereinbarung abgeschlossen: Burgener vermietet dem Postunternehmer für die Zeit, während der dieser die Posttransporte zwischen Visp und Turtmann sowie Visp und Brig bedient, den Teil zwischen der grossen Strasse mit Scheune und Stall im unteren Teil von Visp, zum Preis von 50 Franken pro Jahr. Burgener verpflichtet sich, diesem täglich einen Strohballen für die Lager in diesem Stall zu liefern. Dagegen wird der entstehende Mist ihm gehören. Der Postunternehmer kommt für allfällige Reparaturen am Gebäude gemäss Gesetz auf. Burgener liefert Ricca das beste Heu, das er ausser dem Eigenbedarf noch besitzt, zum Preis von 5 Franken das Klafter, vorausgesetzt dass die Lieferung die 40 Klafter nicht übersteigt. Das Heu wird jährlich gemessen und kontrolliert, am 10. November und zum gleichen Zeitpunkt bezahlt. Der Postunternehmer bezahlt den Heumesser.
Clemenz als Richter in Bergsteiger-Prozess
Mitte Juli 1865 ereignete sich bei der Erstbesteigung des Matterhorns ein tragischer Bergunfall. Beim Abstieg waren gleich vier Mitglieder der Seilschaft in den Tod gestürzt, weil offenbar das Seil zwischen den vier Unglücklichen und der oberen Dreiergruppe gerissen war. Aber warum war es gerissen? Das sollte nun das Zendengericht ermitteln. Und der Zufall wollte es, dass dessen Präsident ein ... Zermatter Hotelier, ja der erste überhaupt war: Joseph Anton Clemenz. Bekanntlich war der Visper Clemenz ein kompetenter Jurist, der auf allen drei politischen Ebenen überaus vielseitig und erfolgreich tätig war, unter anderem schon seit mehr als 20 Jahren als Bezirksgerichtspräsident. So fiel ihm dieser nicht alltägliche Fall von Amtes wegen zu, als der Walliser Staatsrat eine Untersuchungskommission einsetzte. Das Gericht setzte sich wie folgt zusammen: Joseph Anton Clemenz, Visp, Präsident, Cäsar Clemenz, Visp (wohl sein Sohn), stellvertretender Referent, Donat Andenmatten, Schriftführer, Visp, und als Gerichtsdiener ad hoc Johann Julen, Zermatt.
Am Prozess über die Gründe des Unglücks seien die Verhandlungen von einem Hotelier geleitet worden, eben Joseph Anton Clemenz. So lautete etwas missbilligend der Kommentar in einem Fernsehbeitrag über die Erstbesteigung des Matterhorns.
In diesem Fall, dessen Bedeutung für den Bergsport weit über die Schweizer Grenzen hinausging, musste er sich kritisieren lassen. Den ausländischen Medien, besonders den britischen, wollte das nicht einleuchten: mangelnde Rechtskenntnisse und ein Einheimischer, der doch nicht über die nötige Unparteilichkeit verfügen konnte! Dabei wurde Clemenz später sogar noch kantonaler Appellationsrichter, Vorgänger des Kantonsrichters.
Bezüglich des gerissenen Seils gaben die Überlebenden der Expedition, jedenfalls der knapp 20-jährige Engländer Edward Whymper, der die Seilschaft organisiert und geführt hatte, und Peter Taugwalder, Vater (sein Sohn war auch dabei), ihre Version ab. Das Gericht kam zum Schluss, aus den vorgelegten Tatsachen liesse sich keine verbrecherische Handlung ableiten; der jugendliche Engländer sei ausgerutscht und habe die anderen drei mitgerissen.
Obwohl damit auch Peter Taugwalder freigesprochen wurde, verstummten die Anschuldigungen gegen ihn in den Medien keineswegs. Er litt sein ganzes Leben lang darunter. [Siehe auch Kapitel 15.05 «Clemenz, der vielseitigste Oberwalliser Politiker des 19. Jahrhunderts» und Kapitel 16.03 «Visper als Pioniere in der Hotellerie von Zermatt und Saas-Fee».]
Ernüchterung nach der touristischen Hochkonjunktur
Mit der Entdeckung der Berge nach der Erstbesteigung des Matterhorns war Visp zu einem wichtigen Umschlagplatz geworden. Um 1888 herum fanden Visper Hoteliers, Angestellte, Kutscher, Säumer oder Sänfteträger ihren Verdienst im Tourismus, wobei die meisten Bauern blieben.
Die Hotel-Omnibusse – von einer Pferdestärke gezogen – fuhren täglich mehrmals durch die «Avenue de la gare» zum Bahnhof. Drei Züge verkehrten täglich nach Brig und ebenso viele nach Sitten.
Schon 15 Jahre nach Ankunft der Bahn in Visp war es aber aus mit der Herrlichkeit, denn 1891 fuhr die Bahn nach Zermatt und machte so die bisherigen Transportmittel überflüssig. Gleichzeitig wurde ein bedeutender Teil der Visper arbeitslos. Insgesamt verloren 891 Transporteure ihre Arbeit.
Wer ein Fuhrwerk besass, konnte sich mit Transporten an den Korrektionsarbeiten an den Flüssen beteiligen. Allerdings wurde das Fuhrwerk mit einem tüchtigen Arbeiter nur mit einem Taglohn von fünf Franken entschädigt.
Kurtaxe vor mehr als 150 Jahren
Das neue Finanzgesetz von 1862 enthielt bereits eine Bestimmung zur Übernachtungssteuer.
Raser!
Um das Trotten der Pferde im Innern der Ortschaft zu verhindern – wegen Gefahr und Lärmbelästigung – wurde dieses anfangs der 1870er-Jahre vom Gemeinderat unter Strafe gestellt.
Genau 400 Einwohner
400 Einwohner zählte Visp bei der Volkszählung von 1869. Die Bevölkerung bestand aus 214 in Visp wohnhaften Burgern, 102 «ewigen» Einwohnern, 9, die heimatlos waren, 11 ausserehelichen Kindern und 64 Einwohnern aus anderen Gemeinden.
Ein Fremdenführer-Büro in Visp
Um 1865 gab es in Visp ein Fremdenführer-Büro, das den Gästen Führer und Maultiere für ihre Reise in die Vispertäler anbot.
Mit Ballon aufs Matterhorn?
1855 hatte der Elsässer Grossindustrielle Dollfuss die Idee, das Matterhorn mithilfe eines Luftballons zu ersteigen. Sein Plan wurde aber damals nicht in die Tat umgesetzt.
Forschungsreisende
Die ersten, in vereinzelten kleinen Gruppen anmarschierenden Touristen waren oft Studenten, die mit ihren Professoren zu Fuss oder auch auf Mauleseln ihr Ziel mühsam erreichten. Es waren Leute, die sich mehrheitlich mit Naturwissenschaften befassten, Botaniker und Glaziologen, Geologen und Mineralogen, die ihr Wissen um interessantes Neues aus dem bis anhin kaum bekannten Hochgebirge bereichern wollten.
Kein Feuer im Wald
Am 19. Dezember 1884 verbot man, in den Burgerwäldern Feuer zu entfachen, dies unter Strafe von 20 bis 100 Franken.
Erstbesteigung des Bietschhorns
Die Erstbesteigung des Bietschhorns erfolgte 1859 durch den Engländer Leslie Stephens, unter Führung der beiden Lötschentaler Bergführer Siegen und Ebener.
Gebirge und Täler zugänglich machen
Am 10. April 1880 erschien in der Zeitung Walliser Bote ein umfassender Beitrag «Zur Hebung der Fremdenindustrie», zum Zeitpunkt, da diese in Visp ihre Blüte erlebte. Der Artikel analysiert einige Schwächen des Walliser Tourismus und macht Vorschläge, wie diese behoben werden könnten. Unter anderem hiess es: «Bekanntlich bilden unsere Alpenschönheiten die Hauptanziehungspunkte für die fremden Touristen. Es ist daher Aufgabe aller derer, welche von den Reisenden Nutzen ziehen, und auch des Staates und der Gemeinden, Vorsorge zu treffen, dass unsere Gebirge und Gebirgsthäler immer mehr zugänglich gemacht werden und dass den Fremden der Aufenthalt in unserm Lande stets angenehmer gemacht wird.»
Touristen im Wallis halten
Im Hinblick darauf, dass knappe fünf Jahre später der Gotthard-Bahntunnel eröffnet werden sollte, folgte der sorgenerfüllte Passus: «Schon beim Eintritt in die Schweiz muss der Fremde einen guten Eindruck, von allen unsern Einrichtungen, von den Bewohnern bekommen; wie vielmehr noch muss dies im Alpengebiet selbst der Fall sein? Diejenigen Touristen, welche durch irgend etwas unangenehm berührt werden, packen gar zu gerne auf, reisen nach Hause oder suchen sich andere Reiseziele aus. Ist die Gotthardbahn einmal eröffnet, so bietet sie den Unzufriedenen gar leicht Gelegenheit, nach dem Süden, ins schöne Italien abzudampfen, und die Schweiz hat das Nachsehen. In dieser Beziehung sind die Engländer die subtilsten.»
Staat sollte Unterstützung gewähren
Verbesserungen und Verschönerungen schienen angebracht: «Unsere Gebirge kann man mit der Anlage von sicheren Bergpfaden, Pässen und Strassen zugänglich machen; bestehende Einrichtungen dieser Art soll man korrektionieren, wo es notwendig ist. Der Schweizerische Alpenclub hat sich namentlich die Errichtung von Schirmhütten und andern Zufluchtsorten im Gebirge zur Pflicht gemacht und es ist dieses Vorgehen sehr zu begrüssen. Er sollte in dieser Beziehung vom Staate oder von den Gemeinden, zu denen die resp. Alpenpartien gehören, mit Rath und That unterstützt werden.»
Mit Kunst der Natur nachhelfen
Der folgende Ratschlag bleibt etwas vage: «Überhaupt ist es Pflicht aller bei der Fremdenindustrie Interessierten, überall da, wo die Natur vernachlässigt ist, durch die Kunst nachzuhelfen. Kunst und Kultur können ihre organisierenden und verschönernden Lände bis in die höchsten Schnee- und Eisregionen strecken, wenn guter Wille und Opfersinn vorhanden sind.»
Tierquälerei in Visp
Nachstehenden Bericht des Visper Korrespondenten veröffentlichte 1903 der «Walliser Bote»: «Ein Eselhändler, der ‚Barmherzige Samaritan‘ genannt, kommt immer im Herbst mit einer ganzen Treibjagd seiner Ware über den Berg. Wie es den armen Tieren auf der Reise geht, weiss der liebe Herrgott. Hier angelangt, todmüde, ganz erschöpft, halb erschlagen, werden sie in die Ställe eingepfercht wie Häringe und können da weder liegen noch ruhen. Bei ihnen sind seine 2 bis 3 extra dazu geeigneten Henkersknechte mit Stöcken und Prügeln versehen und diese hauen sie mir nichts dir nichts auf die armen Tiere los, die gar nicht wissen warum. So geht das täglich fort auf den Strassen und in den Ställen. Sie werden mit den umgekehrten Geisselstöcken so geschlagen, dass die armen Tiere zur Erde sinken. Und kommt dann der Hauptmann mit seinem Ochsenfidel dazu, so ruft er: ‚Nur zugehauen!‘ Sagt jemand etwas, so hat er dasselbe Los zu gewärtigen. Nicht in Indien, nicht in Afrika kann so was vorkommen. Aber ich frage, wo ist die Polizei? Wo ist das Tierschutzgesetz? Ich möchte die hohe Regierung bitten, der Polizei von Visp dasselbe zukommen zu lassen, da es wahrscheinlich verloren gegangen ist. Also Polizei vor! Und wenn es nicht aufhört, so werden weitere Schritte getan. Merkt es euch, auch ihr Visper Fuhrleute.»
Visper Burgermeister als Tourismusförderer
Der Visper Gerichtspräsident Julius Weissen, Enkel des Arztes Dr. Andreas Weissen, der sich 1838 aus Unterbäch kommend in Visp niedergelassen hatte, wusste Interessantes von seinem Grossvater zu erzählen: Andreas Weissen habe einen Weg auf das Dreizehndenhorn anlegen lassen wollen. Er habe sich auch mit dem Gedanken getragen, im Ginalstal ein Gasthaus zu bauen.
Reiseführer
In Deutschland und in England erschienen erste Reiseführer, die jeweils auch den Visper Tälern ein paar Zeilen widmeten.
Vom Transitverkehr zum Tourismus-Verkehr
Mit dem Bau der Simplonstrasse in den Jahren 1804 bis 1812 wurden die alten Saumwege über den Antrona und den Monte Moro sowie teilweise auch über den Theodulpass umgangen; der Verkehr an diesen Pässen fing an zu stocken, und wo kein Verkehr war, gab es keinen Verdienst. Dies sah auch die Bevölkerung der beiden Vispertäler ein. So kam es, dass im Zendenrat zu Visp im Herbst 1812 der Bau einer Strasse zum Monte Moro verlangt und dann auch beschlossen wurde. Bei diesem Beschluss sollte es sehr, sehr lange bleiben.
Strasse nach Zermatt
Ein Strassenprojekt nach Zermatt von Ingenieur Gilléron lag 1895 vor. Es führte von Visp nach Hohbrunnen und dann auf die rechte Seite nach Stalden, hinab zur Chi-Brücke, auf einem grossen, neuen Viadukt in einem Kehr nach Illas und von dort ganz tief, der Vispa entlang, nach Kalpetran.
Ein Tag von wahrer Trostlosigkeit
In seinem Buch «Zermatt und sein Tal» schrieb François Gos nach seinem Besuch in Visp folgende Erfahrungen auf: «In dieser kleinen Stadt scheint nichts zu geschehen, und besonders der Sonntag ist ein Tag von wahrer Trostlosigkeit. Man könnte glauben, dass alle Bewohner ausgewandert seien und ihre Häuser geschlossen hätten. An den Tagen der Jahres- und Wochenmärkte belebt sich plötzlich die Stadt. Man kommt familienweise aus den benachbarten Dörfern her. In Menge bewundert man die Kaufläden mit ihren Auslagen von verlockenden Früchten, die schönen, glänzenden Pferdegeschirre, Uhren und Ringe aus Silber, Stoffe, Kleider und was sich nur wünschen lässt. Die Cafés stehen weit offen, man hört Lachen, Singen und Anstossen von Gläsern. Abends wird wieder der Weg unter die Füsse genommen, der zum Dorf hinaufführt. Das schwer beladene Maultier trägt die Kinder, die Mutter, die eingekauften Gegenstände, und der Mann folgt, sich am Schwanz des Tieres festhaltend.
Dann beim Zunachten kehrt der Stadt ihre Ruhe wieder zurück, die nur unterbrochen wird vom Pfiff der durchfahrenden Schnellzüge und der kurzen und lärmenden Ankunft der Reisenden, die auf die Bahn nach Zermatt stürmen.»
Visper Tourismus aus der Sicht von Adolf Fux
Adolf Fux beschrieb den damaligen Visper Tourismus in seiner «Kleinen Visper Chronik»: «Eine neue Zeit war im Anbruch, eine bessere Zeit. Sie wurde dadurch eingeleitet, dass kühne Männer den Schleier der Bosheit von den Bergen nahmen. Visp, die alte Burgschaft am Eingang des Zermatter- und Saasertales war wieder zum wichtigen Umschlagplatz geworden. Wer nach Zermatt wollte, musste in Visp rasten. In Visp selbst entstanden mehrere Hotels. So sind die Visper zum Fremdenverkehr übergegangen. Sie wurden Hoteliers oder Angestellte, Kutscher, Säumer und Sänftenträger.
Über die frisch gelegten Eisenbahnschienen kam nun die neue Zeit in Riesenschritten daher. 1876 fuhr die Jura-Simplon-Bahn bis nach Visp. Damit hatte sich die von hohen Bergen abgeriegelte kleine Welt schlagartig erweitert. Neue, noch nicht voll ausdeutbare Entwicklungsmöglichkeiten boten sich an. Visp erlebte einen Konjunktur-Sommer um den anderen. Auf der neuen ‚Bahnhofstrasse‘ promenierten Gäste aus aller Herren Länder. Dann aber: Bereits 1886 wurde der Bau einer schmalspurigen Bahn nach Zermatt geplant. Mit der Eröffnung dieser Bahn 1891 änderte sich die wirtschaftliche Lage in Visp. Fast wäre es in einen Dornröschenschlaf versunken...» [Siehe auch Kapitel 16.01 «Eisenbahn bis Visp – unabdingbar für künftige Entwicklungen».]