Schon im ersten Jahrtausend nach Christi Geburt sollen die Grafen von Visp am Schönbiel in der sogenannten Hübschburg gewohnt haben. Dieser ursprüngliche Sitz der Grafen soll sich taleinwärts, rund 250 Meter oberhalb der Pflanzetta, südlich der «Sunnumatta», auf einem rebbepflanzten Hügel erhoben haben – und nicht auf dem Gräfinbiel, wie teilweise auch angenommen wird. Auf einer Zeichnung eines Künstlers namens Ritz ist sie als breiter zylinderförmiger Bau dargestellt.

Die Hübschburg der Grafen von Visp. Noch im 19. Jahrhundert sollen Ruinenreste dieses Bauwerks gefunden worden sein. Die Zeichnung von der Hübschburg, circa 1870, ist mit «Ritz» gezeichnet. Über das Entstehen der Burg, die Angriffe, die sie zu überstehen hatte, und ihre endgültige Zerstörung ist praktisch nichts bekannt. «Hübsch» war sie für diejenigen, die sich «feudal» hineinsetzten und von hier aus über das Volk herrschten – anfänglich wohl die Grafen von Visp.
Zeichnung bei der Gemeinde Visp, Foto © Peter Salzmann
Hiess Vispach früher Hübschburg?
Der Naturforscher Christian Moritz Engelhardt, der in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts in Visp rastete, stellte eine Behauptung auf: «Früher soll Hübschburg der Name von Vispach und eines dasselbe beherrschenden festen Schlosses also vermuthlich auch der Grafen, von denen später die Herrschaft auf die Biandrate überging, gewesen sein. Diese Burg, von der nur wenige Spuren mehr vorhanden sind, ward vom Grafen Peter von Savoyen also zwischen 1263 und 1268, wo dieser in Savoyen regierte, eingenommen. Von der Burg soll sich noch ein unterirdischer Gang vorfinden, vermutlich mit Hilfe der Einwohner, eingenommen und zerstört, so wie es auch mit dem Schloss Mangepan über Möril der Fall gewesen, da die Dynasten, die darauf hausten, das Landvolk bedrückten.» Den von Engelhardt erwähnten Gang hat noch niemand beschreiben können.
Schwere Beschädigung der Burg 1260
Bei der Fehde des Tyrannen von Turn, Herr der Gestelnburg und auch des Lötschentals, gegen die Grafen von Visp beziehungsweise deren Nachfolger, wurde die Hübschburg 1260 schwer beschädigt. Zerstörungen gab es auch im Dorf und in der Liebfrauenkirche. 1313 soll die Burg wieder hergestellt worden sein.
Zerstörten die Visper die Hübschburg selbst?
Mehr als hundert Jahre später, 1388, soll der Bau anlässlich der Schlacht bei Visp dem Erdboden gleichgemacht worden sein. Dies dürfte kaum den Savoyern angelastet werden können, da diese bekanntlich gar nicht so weit gekommen waren. Eher dürften es die Visper selbst gewesen sein, die dem inzwischen feindlichen Adel am Ort den Garaus machten und die Hübschburg zerstörten.
1861 wurden die Ruinen der Hübschburg noch erwähnt. Im 19. Jahrhundert fand man bei Bauarbeiten am «Schönbüel» Reste eines Turms. So zumindest steht es in der Berichterstattung über die 550-Jahr-Feier der Schlacht bei Visp von 1938, der die «Tribune de Genève» einen längeren Artikel widmete: «Als die Patrioten die Savoyarden davongejagt hatten, machten sie sich an das ‚Beaufort‘, die Hübschburg, das Schloss der Landesherren, der Biandrate, die dem Grafen von Savoyen wohl gesinnt gewesen waren. Das Kastell, die Burg, die Visp das Wappen seiner Herrscher gegeben hatte, die zwei einander gegenüber gestellten Löwen, wurde vollständig zerstört.»

Überreste der Ringmauer am Gräfinbiel an der Schützenhausgasse und der oberen Stapfengasse: Die Mauer ist an dieser Stelle 120 Zentimeter dick, solide gebaut und circa 25 bis 30 Meter lang. Der Gräfinbiel wurde von dieser oval verlaufenden Ringmauer geschützt und war an der Schützenhausgasse durch eine Bastei verstärkt.
© Peter Salzmann
Die Burg und das Schloss der Visper Grafen
Es ist naheliegend, dass die Grafen von Visp und in deren Folge die de Castello und die de Biandrate in Visp zwei Burgen beziehungsweise Schlösser an markant erhöhten Standorten besassen: neben der sogenannten Hübschburg eine andere mitten in der Siedlung, erhöht auf dem nördlichsten der drei Visper Hügel, auf dem Gräfinbiel, im Nordosten der damaligen Liebfrauenkirche und heutigen unteren Kirche.
Dieses Schloss dürfte von einer etwas weiter unten am Hang errichteten Ringmauer umgeben gewesen sein. Die noch heute sichtbaren Reste der ehemaligen Stadtmauer zwischen der oberen Stapfengasse und der höher angelegten Schützenhausgasse unterstreichen diese Ansicht.
Das Schloss wurde vermutlich wie die Hübschburg um 1260 zerstört, als die von Turn die Burgschaft Visp erstürmten und in Brand steckten.
Die Liegenschaft, die 1518 an seiner Stelle stand, wurde beim damaligen Dorfbrand ein Raub der Flammen. Auf den Fundamenten des einstigen Grafenschlosses errichtete man zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt das heutige hohe Haus östlich der Schützenhausgasse; dieses gehörte im 20. Jahrhundert der Familie des Arztes und Gemeindepräsidenten Andreas Weissen und ist noch heute durch eine Arkadenbrücke mit dem prächtig restaurierten In Albon-Haus im Westen verbunden.

Ein Teil der Ringmauer, die wahrscheinlich kurz nach der Jahrtausendwende um das Gräfinbiel erstellt wurde. Kriegerische Auseinandersetzungen hatten zur Folge, dass die Mauer sukzessive abgetragen wurde. Der Rest teilt heute die untere Stapfengasse und die Schützenhausgasse. In den Achtzigerjahren ergriff Iischers Visp Massnahmen zur Erhaltung der Mauer.
© Josef Salzmann
Visp als «Antiquität»
Andre Donnet und Louis Blondel stellten fest, dass Visp und seine Umgebung seit jeher von höchster «Antiquität» waren. Die Burgschaft war bereits vor dem 12. Jahrhundert befestigt, als es das Zentrum einer immensen Pfarrei darstellte.