Dritte Rottenkorrektion: grösstes Hochwasserschutzprojekt der Schweiz
Um die Talebene für die kommenden Generationen zu sichern und die Gefahr neuer Hochwasser zu reduzieren, lancierte der Staatsrat mit der Unterstützung der Eidgenossenschaft das Projekt der dritten Rottenkorrektion (R3). Der Walliser Grosse Rat hiess am 27. September 2000 Ziele und Grundsätze des Projekts gut; es umfasste die Umgestaltung des Flusses zwischen der Quelle im Rhonegletscher bis zum Genfersee über einen Zeitraum von 30 Jahren. Mit einer Kombination aus Verstärkungen der Dämme und der Ausweitung und Vertiefung des Wasserlaufs sollte der Fluss auf einer Länge von 160 Kilometern neu gestaltet werden. Bis 2030 sollten fast 1,5 Milliarden Franken investiert werden – Zahlen, an denen sich das Ausmass und die Komplexität der Aufgabe ermessen lassen. In der Schweiz soll dies das grösste Projekt auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes sein. «Rhonekorrektion der dritten Dimension», titelte der Walliser Bote. Die Gewässerhoheit und damit auch die Kompetenzen liegen in der Schweiz bei den Kantonen. Massnahmen an den Dämmen konnte somit nur der Kanton vornehmen.
Notwendigkeit der Korrektion umgehend erwiesen
Nur drei Wochen nach dem grünen Licht des Parlaments traten der Rotten und die Nebenflüsse über die Ufer, was den ganzen Kanton beunruhigte. Es kam zu einer ähnlichen Situation wie schon bei der ersten Rottenkorrektion: Wenige Jahre nach deren Beginn richtete 1868 ein Hochwasser enorme Schäden an, besonders in Visp.
Trotz der Schäden des Jahrs 2000 hatte Visp Glück; vom «Jahrhundert-Hochwasser» stark betroffen war hingegen das benachbarte Baltschieder. Der Abschnitt des Rottens zwischen Lalden und Baltschieder wurde stellenweise überschwemmt.
Der Synthesebericht des Kantons zu R3 von 2014/15 resümiert: «Die historischen Rhonehochwasser der letzten Jahre (1987 und 1993 und vor allem im Jahr 2000) zeigten die Grenzen der Abflusskapazität und der Widerstandsfähigkeit der Rhonedämme klar auf. Es traten nicht nur Dammüberflutungen und Dammbrüche auf, die Dämme wiesen generell Anzeichen von Instabilität auf. … Zur mangelnden Abflusskapazität der Rhone kommt der äusserst desolate Zustand der Dämme hinzu: Zwischen Brig und dem Genfersee ist die Hälfte der Dämme so instabil, dass sie als gefährlich gelten (Gefahr der inneren Erosion und des Grundbruchs). Der Zustand der Dämme ist so gravierend, dass sogar ohne Überströmen ein Dammbruch möglich ist. Die heutigen Dämme stammen aus der 2. Rhonekorrektion (1930–1960). Sie wurden auf den Dämmen der 1. Rhonekorrektion errichtet (1863–1884) … Im heutigen Ausbauzustand der Rhone ist die Ebene in den meisten Abschnitten nicht vor dem oben genannten Jahrhundert-Hochwasser geschützt.»
Lonza-Werksfeuerwehr vermied Katastrophe
Im Anschluss an das Hochwasser vom Oktober 2000 stellte Otto Ebener, Feuerwehrkommandant der Lonza-Werksfeuerwehr, fest: «Wir haben um Haaresbreite eine enorme Katastrophe vermieden. Am Donnerstag hat es sehr stark zu regnen begonnen. Am Freitagabend wurde eine erste Warnung gegeben. Aber um Mitternacht ging der Wasserstand der Rhone zurück. Ab Samstag früh haben sich die Ereignisse dann überstürzt. Ich war mit Feuerwehrleuten in Steg auf einer Übung, als wir vom Drama in Gondo erfuhren. Ab diesem Moment herrschte Alarm und wir waren Dutzende Stunden im totalen Einsatz. Es waren hunderte Tonnen Fels, Beton und Sand notwendig, um die Dämme zu konsolidieren, die schliesslich gehalten haben. Alle diese Anstrengungen und die stundenlange Anspannung waren aber nicht vergeblich, denn wir konnten die rund 2 500 Arbeitsplätze der chemischen Industrie von Visp schützen. Und, was auch sehr wichtig ist, die Einwohner blieben verschont.»
Sofortige Rettungsmassnahmen
Die vom Hochwasser geschlagenen Breschen mussten geschlossen werden. Nur dank Massnahmen zur Verstärkung der im Bruch begriffenen Dämme konnten damals riesige Schäden knapp verhindert werden. Dies alles verdeutlichte den schlechten Zustand des Hochwasserschutzes in diesem Abschnitt, der für einen bedeutenden Teil der kantonalen Wirtschaft, die Lonza, von strategischer Bedeutung war.
Interesse der Lonza an Hochwasserschutz
Lonza hatte deshalb ein vitales Interesse an der dritten Rottenkorrektion auf ihrem Territorium; bei ihr hat die Sicherheit in besonderem Mass Vorrang. Sie war von den drei jüngsten Hochwassern ebenfalls betroffen gewesen. Mit jedem Jahr, das verstreiche, mahnte das Industrieunternehmen, erhöhe sich das Risiko, womit seine Position innerhalb der Firmengruppe geschwächt werde. Nur ein gesicherter Standort könne seinen Kunden Produktionsgarantien bieten.

Aspekte der Vergangenheit und der Zukunft von Visp: Die beiden Flüsse Vispa und Rotten, deren Hochwasser die Entwicklung der Ortschaft während langer Zeit hemmten, sind heute nach dem neusten Stand der Technik gebändigt. Die Brücken sind erneuert: der Übergang nach Baltschieder, welches nun wie Eggerberg mit Visp fusionieren wird, am Zusammenfluss von Vispa und Rotten. Richtung Westen führt eine Brücke über die Vispa, kurz vor deren Mündung in den Rotten, ins boomende Quartier Visp West.
© Thomas Andenmatten
Eindämmungen aus dem 19. Jahrhundert
Seit jeher hatten sich die Walliser vor den Hochwassern des Rottens schützen müssen. Nach den Überschwemmungen von 1860 erfolgte die erste Korrektion des Rottens, bei der man den Fluss von Brig bis zum Genfersee mit Dämmen versah. Die zweite Korrektion wurde zwischen 1936 und 1961 verwirklicht. Im Lauf der Jahre verzichtete man allerdings darauf, die Schutzvorrichtungen zu unterhalten. Dazu stand das kantonale Baudepartement offiziell, bis zum 23. August 1987, als die Bäche und Flüsse aus ihren Betten traten und zahlreiche Katastrophen verursachten, wobei Visp verschont blieb. [Siehe auch Kapitel 15.02 «Hochwasser: häufige Überschwemmungen verhinderten Ausdehnung der Siedlung Visp».]
Rottenkorrektion war noch nicht bereit
1991 setzte der Staatsrat eine Arbeitsgruppe ein; deren Notwendigkeit bestätigte sich 1993 grauenhaft, als vor allem Brig mit Tausenden von Kubikmetern Schutt und Geröll eingedeckt wurde. Die Hochwasser von 1987, 1993 und 2000 mit teils erheblichen Schäden und Menschenleben, die zu beklagen waren, führten bei den zuständigen staatlichen Stellen zu einer merklichen Beschleunigung in der Planung dieses gigantischen Werks.
1996 begannen die Grundlagenstudien und Diagnosen zur Rottenkorrektion; sie zeigten bald einmal, dass eine Überflutung nur dann verhindert werden konnte, wenn wirkungsvolle Massnahmen an den Rottendämmen vorgenommen wurden.
Vor allem der kritische Bereich des Rottens am Ostende des Lonzawerks flussabwärts bis zu den westlich gelegenen Wasserfassungen fiel hinsichtlich des Uferschutzes auf. Unterhalb der Wasserfassungen war im Flussbett eine Absenkung vorhanden, wodurch die Querschnittfläche des Flusses vergrössert wurde.
Dritte Rottenkorrektion GP-R3
- Grundlagenstudien und Diagnosen (1996)
- Ziele und Grundsätze (2000)
- Genehmigung des Sachplans (2006)
- Öffentliche Auflegung des Projekts (2008)
- Angepasstes Projekt (2012)
- Anschliessend Ausführung
- Parallel dazu vorgezogene und prioritäre Massnahmen
Vorgezogene Massnahmen im Raum Visp
Im Rahmen der dritten Rhonekorrektion wurde ein paralleles Vorgehen gewählt, d.h. im Zuge der Vorbereitung der Korrektion ergriff man bereits Massnahmen: Zur raschen Verbesserung der Sicherheit von Standorten mit hohem Risiko für die Bevölkerung gab es sogenannte «vorgezogene» Massnahmen, für solche mit hohem Schadenpotenzial sogenannte «prioritäre» Massnahmen.
Ab 1998 legten die Verantwortlichen verschiedene vorgezogene Massnahmen fest. Dabei handelte es sich um die Abschnitte Visp, Chippis und Sitten.
Der Vorschlag der Lonza, die Ufermauer am südlichen Rottenufer um 50 Zentimeter zu erhöhen und eine Erddamm-Erhöhung am nördlichen Ufer wurden auf unbürokratische Weise bewilligt.
Die Arbeiten wurden im Einverständnis mit dem Kanton durch die Lonza durchgeführt. Bund und Kanton leisteten gemeinsam 75 Prozent der Kosten von 365 000 Franken, die Lonza 25 Prozent.
Bundesgericht lehnte Entlastungsstrasse ab
Die Idee einer Strasse über Brigerbad und Lalden zur Umfahrung und Entlastung von Visp stammt aus dem Jahr 1987. 2005 sollte eine solche Strasse im Zusammenhang mit der Rottenkorrektion neu projektiert werden.
Das Stauproblem in Visp existierte mittlerweile 20 Jahre. In dieser Zeit sollen gemäss Baudepartement alle Möglichkeiten und Varianten geprüft worden sein. Man werde nun im Rahmen der dritten Rhonekorrektion nach Lösungen suchen. Die täglichen Staus schadeten der gesamten Wirtschaftsregion Oberwallis. Gleichzeitig werde Visp, so dessen Präsident Imoberdorf, für stockenden Verkehr missbraucht.
Das Bundesgericht lehnte eine Entlastungsstrasse jedoch ab. Warum? Weil es nur dann gestattet sei, Ufervegetation zu roden, wenn es sich beim entsprechenden Bauvorhaben um ein Hochwasserschutzprojekt handle.
Mit der Ablehnung der provisorischen Entlastungsstrasse durch das Bundesgericht war wohl die letzte Hoffnung auf eine kurzfristige Lösung der Stauproblematik im Raum Visp gestorben.
Es fehlte nun schlichtweg an Alternativen. Bis zur Fertigstellung der Südumfahrung von Visp durch die A9 sollte nun die dritte Rhonekorrektion dem von Stau geplagten Visp keine Linderung verschaffen. Bis auf Weiteres würde sich der Verkehr Tag für Tag durch das Nadelöhr Visp zwängen müssen. Das waren trübe Aussichten.
Prioritäre Massnahmen für kritischen Abschnitt Visp
Als es galt, die «prioritären» Abschnitte klar zu definieren und besonders hochwassergefährdete Gebiete auszuwählen, war Visp unter diesen: Rasch gesichert werden sollten Visp, Chippis/Siders, Sitten, Fully-Martinach und Massongex-Aigle.
Als absolut prioritäre Massnahme legte der Kanton dann Visp mit dem Teilstück Lalden bis zur unteren Baltschiederbrücke öffentlich auf. Die hohe Siedlungsdichte und die vorhandenen Industriebetriebe in einer Zone mit erheblicher Gefährdung machten die Neugestaltung dieses Abschnitts besonders dringlich.
Mit der Realisierung der Massnahmen auf dem 8.2 km langen Abschnitt sollte 2009 begonnen werden.
Für die Gemeinde Visp war dies von grosser Bedeutung; dieses Teilstück des Rottens auf Visper Territorium konnte nicht mehr warten.
Schadenpotenzial: 3 Milliarden Franken
Eine Priorisierung von Visp stellte niemand infrage. Ein Jahrhundert-Hochwasser hätte im Gebiet Brigerbad-Baltschieder 600 Hektaren überschwemmen und die Siedlungen und den grossen Industriekomplex Lonza-DSM beschädigen können. Die Lonzawerke, die bekanntlich für einen Grossteil der Wirtschaft des Kantons von zentraler Bedeutung sind, waren derart gefährdet, dass man bei einem erneuten Hochwasser ernsthaft mit deren Wegzug hätte rechnen müssen. Visp verfügte über rund 8 500 Arbeitsplätze und stellte so das bedeutendste Wirtschaftszentrum des Oberwallis dar.
Das Schadenpotenzial bei einer Überschwemmung dieses Bereichs wurde auf einen Betrag von gegen drei Milliarden Franken geschätzt, ohne Berücksichtigung allfälliger Verluste an Menschenleben und Umweltschäden. Das Ausmass der Schäden hätte jenes des 1993er-Unglücks von Brig-Glis noch weit übertroffen.
Dabei ging es nicht nur um die Lonzawerke, auch die Siedlung und die Bevölkerung galt es vor Hochwasser zu schützen, waren sie doch zuvor mehrmals nur haarscharf um eine Überschwemmung herumgekommen.
Attraktivität der Talebene fördern
Das generelle Projekt der Rottenkorrektion wurde 2008 öffentlich vernehmlasst. Anschliessend reduzierte man den benötigten landwirtschaftlichen Boden und verkürzte die Realisationsfristen.
Bei der Rottenkorrektion R3 ging es auch darum, zusätzlich zur vorrangigen Sicherheit und zur Umweltverträglichkeit die wirtschaftliche, touristische und landschaftliche Attraktivität der Talebene zu fördern.
Die im Allgemeinen sehr schlechte Qualität der Dämme erforderte fast überall eine Verstärkung. Damit allein konnte jedoch die Sicherheit der Talebene nicht gewährleistet werden. Das Fassungsvermögen des aktuellen Flussbetts wurde als ungenügend bezeichnet.
Baubeginn 2009
2009 begannen die Bauarbeiten an den «prioritären» Massnahmen von Visp und damit der eigentliche Bau der dritten Rottenkorrektion. Auf einer acht Kilometer langen Strecke zwischen Baltschieder und Brigerbad sollten die Arbeiten den Fluss sichern. Der Rotten wurde in Lalden und in Baltschieder verbreitert, im Bereich der Industriezone der Lonzawerke musste die Sohle des Flusses infolge mangelnder Breite abgesenkt werden. Die Arbeiten wurden namentlich mit Ausweitungen fortgesetzt, um die Industrieanlagen vor abrupten Dammbrüchen auf der Höhe des Standorts zu schützen. Die Mündung der Vispa in den Rotten erfuhr eine Erweiterung. In der Gefahrenkarte liess sich damit die rote Zone restlos eliminieren.
Auf der rechten Seite des Rottens durfte nun die längst sehnlich erwartete Umfahrungsstrasse gebaut werden, die dem endlosen Stau mitten in Visp Entlastung bringen sollte.
Das Material, das bei den Arbeiten oberhalb der Brücke von Baltschieder auf einer Länge von mehr als einem Kilometer ausgehoben wurde, brachte man zwei Kilometer flussabwärts nach Baltschieder und verwendete es dort für den Bau eines neuen Damms. Dieser Damm mit einer Höhe von fast 3,5 Metern und einer Breite der Krone von sechs Metern erstreckt sich 45 Meter hinter dem alten.
Während der Frostperiode bis zum Frühjahr musste der Dammbau eingestellt werden.
Kostenüberschreitung gefährdete Projekt
Im November 2012 validierte der Walliser Staatsrat das Projekt der dritten Rottenkorrektion zusammen mit der Regierung der Waadt.
2015 führte die dritte Rottenkorrektion zu einer parteipolitischen Auseinandersetzung im Kanton, die im Oberwallis vor allem für Visp gefährliche Dimensionen anzunehmen drohte.
Da die Gelder, die man bis dahin in das Projekt investiert hatte, die budgetierten Beträge überschritten, beschloss der Grosse Rat per Dekret eine Aufstockung des ordentlichen Budgets um 60 Millionen Franken aus dem Fonds für Infrastrukturprojekte des 21. Jahrhunderts. Doch Unterwalliser Landwirtschaftskreise und vor allem die SVP ergriffen das Referendum gegen dieses Dekret; das Volk musste darüber abstimmen. Die Ablehnung des Dekrets hätte die Finanzierung sämtlicher Schutzmassnahmen in der Ebene des Rottens blockiert, ebenso die von den Gemeinden längst erwarteten dringlichen Massnahmen.
Offensichtlich war der Schutz vor Hochwassern des Rottens für die Gegner des Dekrets nicht eine der dringendsten Herausforderungen.
Die in den 60er-Jahren realisierte zweite Rottenkorrektion bot aber der Bevölkerung keinen ausreichenden Schutz mehr. Die Überflutungsgefahr traf auch die Wirtschaft, denn in einer Gefahrenzone ist der Bau neuer Gebäude, Gewerbebauten oder Wohnhäuser nur begrenzt möglich oder gar ganz verboten.
Die Vernunft siegte
Am 14. Juni 2015 sagten die Walliser Stimmberechtigten überaus deutlich Ja zum Finanzierungsfonds von 60 Millionen Franken für die dritte Rottenkorrektion und erteilten damit dem Referendum von SVP und Walliser Landwirtschaftskammer eine Abfuhr; in Visp gingen 45,77 Prozent der Stimmberechtigten an die Urne, 1 708 Ja (87 Prozent) standen nur gerade 409 Nein gegenüber. Angesichts der während längerer Zeit unvollendeten Ufermauern war man sich hier bewusst geworden, welche Gefahr eine Annahme des Referendums mit sich gebracht hätte.
Das Ergebnis der kantonalen Abstimmung von 2015 erlaubte es, den notwendigen Kredit auszulösen und die Arbeiten der dritten Rottenkorrektion im Osten der Lonzawerke wieder aufzunehmen. Während der neue Damm links bereits gebaut war, musste der bestehende Damm rechts abgebaut werden, um das Flussbett auszuweiten und den Wasserspiegel abzusenken.
Visp sicher vor Jahrhundert-Hochwasser
Die Arbeiten dauerten noch bis ins Jahr 2016 hinein. R3 war bei den Bauarbeiten zur Sicherung des Industrie- und Siedlungsgebiets Lalden–Visp–Baltschieder einen entscheidenden Schritt vorangekommen.
Einmal ausgeführt, sorgen die Arbeiten der dritten Rottenkorrektion dafür, dass der Rotten bei den Lonzawerken selbst bei extremem Hochwasser keine Gefahr mehr darstellt; sie tragen dazu bei, künftig Überschwemmungsschäden in Milliardenhöhe zu vermeiden.
Mit dem Titel «In Visp zeichnet sich der Rotten von morgen ab» fasste der für die gesamte Rottenkorrektion verantwortliche Toni Arborino im «Nouvelliste» vom 19. Mai 2017 die Visper Etappe der Korrektion zusammen.
Die restlichen Arbeiten in der Region Lalden–Visp–Baltschieder haben im Herbst 2019 am rechten Flussufer begonnen, auf der Höhe von Baltschieder. Sie werden diesen Bereich vor Extremhochwassern schützen.
Mitte Juni 2019 konnte der Kanton berichten, dass dank der dritten Rhonekorrektion im Raum Visp eine Fläche von 160 Hektaren innerhalb der Bauzone nunmehr ausser Gefahr sei. Namentlich die linke Uferseite mit den Lonzawerken an der Vispamündung ist jetzt vor Jahrhundert-Hochwassern geschützt.
Auf diesen Flächen entstand ein biotechnologisches Hightechzentrum von Lonza und Sanofi, eine Investition von mehreren hundert Millionen Franken, die hunderte von Arbeitsplätzen generieren sollte. Auch die neue Eissportarena von Visp, die im Herbst 2019 ihre Tore öffnete, liegt in der nun gesicherten Zone. Diese Bauten wären ohne die Realisierung der dritten Rhonekorrektion nicht möglich gewesen.
Die Sanierung des Flusses gehört zu den Grundvoraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum im Kanton und eliminiert das milliardenhohe Schadenpotenzial im Raum Visp. Mit der dritten Rottenkorrektion sollten endlich die folgenschweren Hochwasser für die Gemeinden, deren Bevölkerung und deren Industrie der Vergangenheit angehören.
Potenzielle Schadensumme 10 Milliarden Franken
Rund 100 000 Walliserinnen und Walliser, die in der Talebene wohnen oder arbeiten, sind von der Hochwassergefahr betroffen; rund 1 000 von ihnen leben weniger als 150 Meter von einem Damm entfernt und wären höchst gefährdet. Eine Überschwemmung der Talebene könnte Schäden von bis zu 10 Milliarden Franken verursachen. Etwa 60 % dieser potenziellen Schäden sind auf die Anwesenheit grosser Industriekomplexe in hochwassergefährdeten Bereichen zurückzuführen, 36 % entfallen auf andere bebaute Flächen und 4 % auf landwirtschaftliche Flächen.
Schnee als Grund für Hochwasser
Starke, örtlich begrenzte Niederschläge wie ein Sommergewitter können bei Nebenflüssen wie der Vispa zu Hochwasser führen. Der Rotten nimmt solche Wassermengen problemlos auf. Wenn lang anhaltende, intensive und ausgedehnte Niederschläge auftreten, die Schneefallgrenze aber tief liegt, wird ein Teil des Regens zu Schnee und fliesst deshalb nicht in Richtung Flüsse ab. Wenn die Schneefallgrenze ansteigt und es in einem ausgedehnten Gebiet mehrere Tage intensiv geregnet hat, können die Flüsse Hochwasser führen, wie es zum Beispiel im Oktober 2000 der Fall war.
Arbeiten im Winter
Im Winter – zwischen November und Mitte April – schmelzen Schnee und Gletscher nicht, der Wasserstand der Flüsse ist daher besonders niedrig. Der Winter ist demnach die beste Jahreszeit für die Durchführung von Konsolidierungsarbeiten am Fluss.

Um die Hochwassersicherheit im Saastal, im Raum Visp sowie im Rhonetal zu verbessern, wurde 2006 im Stausee Mattmark ein Freihaltevolumen geschaffen. Damit können in kritischen Zeiten starke Niederschläge aufgefangen werden. Das Zusatzvolumen wird ständig freigehalten; es dient nicht der Energieproduktion.
© Kraftwerke Mattmark, bearbeitet
Im Mattmark Sicherheit für Visp geschaffen
Wie sieht es auf der anderen Seite aus – bei der Vispa? In den Jahrzehnten zuvor war diese mehrmals nahe daran gewesen über die Ufer zu treten. Glück und fachkundige Wasserwehr verhinderten dies. Entscheidend war sicher auch die Rückhaltewirkung des Staudamms Mattmark. Gerade bei den letzten beiden Hochwassern hatte diese eine überaus wichtige Funktion erfüllt. Um die Hochwassersicherheit im Saastal, im Raum Visp sowie im Tal des Rottens zu verbessern, wurde 2006 im Stausee Mattmark ein Freihaltevolumen geschaffen, mit dem in kritischen Zeiten Niederschläge aufgefangen werden können. Das Unternehmen kann dem Kanton dieses Freihaltevolumen zur Verfügung halten; es dient also nicht der Energieproduktion. Das so entstehende Zusatzvolumen wird ständig freigehalten, um starke Niederschläge auffangen zu können.
Dieses Projekt mit einem Volumen von 3,6 Millionen Kubikmetern realisierten der Kanton Wallis und die Kraftwerke Mattmark AG (KWM). Das Volumen wurde zusätzlich zum vorhandenen Speichernetz-Volumen (100 Millionen Kubikmeter) durch eine Erhöhung der Hochwasserentlastung um zwei Meter geschaffen. Dazwischen war das Rückhaltevermögen dort mit Mitteln des Kantons verbessert worden. Es handelte sich um die erste Massnahme dieser Art an einem Zufluss des Rottens, der wohl deren grösster ist.
Der Bericht des Kantons zur Rottenkorrektion geht auch auf die Staudämme ein: «Die Wasserkraftwerke beeinflussen auch Ausmass und Dauer der Hochwasser. Bei den Hochwassern von 1987, 1993 und 2000 speicherten die Talsperren rund 40, 31 bzw. 30 Millionen Kubikmeter Wasser, wodurch die Spitzenabflussmengen der Rhone beträchtlich gesenkt wurden. Diese Wirkung der Stauseen kann jedoch nicht garantiert werden; deshalb hat die hydrologische Untersuchung das natürliche Einzugsgebiet der Rhone ohne Einfluss der Stauseen berücksichtigt.»
Hochwasserschutz bei der Eisenbahnbrücke
Im Zusammenhang mit dem 4. Bahngleis in Richtung St. German wurde zwischen 2012 und 2014 anschliessend an die bestehende Eisenbahnbrücke eine weitere Brücke gebaut; diese befindet sich südlich der alten Brücke, also stromaufwärts, und ist 15,7 Meter breit. [Siehe auch Kapitel 25.01 «Mit Lötschberg-Basistunnel der NEAT nun auch Verkehrsdrehscheibe».]
Eine Studie im Rahmen dieses Projekts hatte zum Ziel, den Einfluss dieses neuen Werks auf den Lauf der Vispa bei Hochwasser zu analysieren. Anhand eines Modells hatte man 2002 die Abflussmenge von 660 Kubikmetern pro Sekunde angenommen. Diese Menge entspricht einem extremen Hochwasser bei relativ schlechten Bedingungen für das Funktionieren der Lenkungsmassnahmen am Mattmarksee und der Grande Dixence. Auch die Abflüsse von 600, 500, 400 und 330 Kubikmetern pro Sekunde wurden berücksichtigt. Die erzielten Resultate zeigten, dass die neue Brücke aufgrund des Modells von 2002 keinen zusätzlichen Einfluss auf den Durchfluss der Vispa in Hohbrunnen hatte. Sie entspricht dem Visper Hochwasserschutzkonzept.