Kapitel Nr.
Kapitel 18.15

Erste hochalpine Flugpremiere endete 1914 in der Wehreye in Visp

Vom 18. Juli 1914 an war man in Visp in fieberhafter Erwartung einer ausserordentlichen fliegerischen Leistung: Der Pilot Achille Landini hatte es sich zum Ziel gesetzt, als erster Pilot mit einem Passagier die Schweizer Alpen an ihrem höchsten Punkt zu überqueren. Er sollte mit seinem Passagier Dr. Giuseppe Lampugnari an Bord von Cameri bei Novara herfliegend beim Monte Rosa-Massiv die Alpen überqueren, um westlich von Visp, in der Wehreye, zu landen. Die Visper Bevölkerung erwartete täglich die Ankunft seines Flugzeugs aus Italien.

So sah der «Vogel» aus, mit dem Landini 1914 als erster die Alpen mit Passagier in grosser Höhe (über 4 000 Meter über Meer) überquerte und in der Wehreye in Visp landete. Nachdem die erste Neugier gestillt war, zog sich die Bevölkerung zurück. Sicherheitsmassnahmen waren aber schon damals unverzichtbar. Dafür steht hier der Polizist.

Foto Eduard Burlet

Vergebliches Warten

Die Kommunikationstechnik steckte noch in ihren Anfängen und so begaben sich täglich am frühen Morgen eine stattliche Anzahl Personen dorthin, um dieses sensationelle Ereignis nicht zu verpassen. Vergeblich.

Als man sich in Visp schon mit dem Verzicht auf den Flug abzufinden begann, hiess es am 27. Juli um Viertel vor acht Uhr, von St. Niklaus her sei telefoniert worden, man habe dort ein Flugzeug gesichtet.

Und tatsächlich erschien dasselbe kurz nach acht Uhr über dem Thelwald auf der Ostseite von Visp und landete kurz darauf einwandfrei an der vorgesehenen Stelle in der Wehreye.

Visper verpassten die Landung

Da trübes Wetter herrschte und die Nachricht zu spät eingetroffen war, hatte sich bei der Landung schliesslich keine einzige Person aus Visp eingefunden. Minuten später aber lockte der «Gwunder» die Visper doch auf den Platz. 

Pilot und Passagier zeigten sich entzückt über den gelungenen Flug, der um 5 Uhr morgens gestartet worden war. 

Das Flugzeug, eine Neukonstruktion aus Aluminium, stammte aus der Aeroplan-Fabrik Cabardini in Mailand; den 80 Pferde starken Motor hatte die Société des Moteurs «Le Rhône» in Paris geliefert.

Nachdem sich die Bevölkerung 1914 mehrmals vergeblich in die Wehreye bemüht hatte, war sie ausgerechnet bei der Landung von Landinis Passagierflugzeug nicht dabei. Danach umringten die Neugierigen die «Höllenmaschine». Vor dem Flugzeug stehen die beiden Kinder des Fotografen, des Apothekers Eduard Burlet, rechts sein 5-jähriger Sohn Eduard, der ebenfalls Apotheker wurde, und die 4-jährige Genovève, die später Louis Joris heiratete.

Foto Eduard Burlet

Herzlicher Empfang durch Gemeinde

Der Empfang der beiden couragierten Italiener durch die Visper gestaltete sich schliesslich überaus herzlich. Der Gemeinderat mit Gemeindepräsident Francis Burgener an der Spitze offerierte den beiden ein fürstliches Diner und liess sie hochleben.

Östlich an der Dufourspitze vorbei

Landinis Überquerung der Alpen, die erste von Italien her ins Wallis und mit einem Passagier, was im Flugwesen eine absolute Premiere darstellte, erfolgte östlich der Dufourspitze, mit ihren 4 638 Metern über Meer der höchste Gipfel der Schweiz. 

Der Pilot konnte seinen Flug der speziellen thermischen Verhältnisse wegen, die in jenen Tagen herrschten, nicht planmässig durchführen; der Höhenmesser hatte ihn im Stich gelassen. Das Gerät wies eine Maximalhöhe von 3 700 Meter über Meer aus; es registrierte aber auch verschiedene brüske Kurven, was klar zeigte, dass es nicht mehr funktionstüchtig war. Die beiden Insassen waren überzeugt, eine Höhe von 4 500 Meter über Meer erreicht zu haben, was durchaus möglich war, waren sie doch nahe an der Dufourspitze vorbeigeflogen. Der Pilot hatte zudem noch gegen starken Wind zu kämpfen und die Orientierung war infolge Nebels nicht die beste. Man habe dann Zermatt angesteuert und das ganze Tal in seiner Länge bis Visp überflogen. Auf den vorgesehenen Rundflug oberhalb von Visp habe er verzichten müssen, weil zu befürchten war, dass der Treibstoff ausging.

Für den Flug von Cameri her wurden drei Stunden beansprucht. Die beiden Pioniere waren damit wesentlich länger in der Luft als vorgesehen.

Für die Rückreise nach Italien stand den Flugpionieren dieses Auto zur Verfügung.

Foto Eduard Burlet

Mit komfortabler Karosse zurück nach Novara

Für die Rückreise wurden die beiden «Überflieger» von einer für damalige Verhältnisse komfortablen Karosse aus Italien abgeholt. Die Speditionsfirma Danzas & Co. transportierte das Flugzeug nach Novara zurück. 

Wenn diese Glanzleistung in den Medien nicht die gebührende Erwähnung fand, so lag das daran, dass der bald ausbrechende Erste Weltkrieg schon zu dieser Zeit ganz Europa in Beschlag nahm.

Vier Jahre früher war Geo Chavez von Ried-Brig aus über den 2000 Meter hohen Simplon geflogen und hatte als erster mit einem Flugzeug die Alpen überquert, wobei er bei der Landung in Domodossola sein Leben verlor.

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