Kapitel Nr.
Kapitel 22
Zeithorizont
1972

Eyholz, nach 700 Jahren Autonomie 50 Jahre bei Visp

Eyholz dürfte zwischen 1280 und 1299 gegründet worden sein. Fast 700 Jahre blieb es sodann eine selbstständige Gemeinde. Es ist nicht klar, bis wann das Dorf zum Zenden Naters gehörte und wann es zum Zenden Visp stiess. Doch kann angenommen werden, dass es vor 1300 dem Meiertum Naters angehörte, um sich dann 1335 durch Visp vertreten zu lassen. Nachdem das Dorf zunächst Teil der Pfarrei Naters gewesen sein dürfte, blieb es danach kirchlich stets zur Pfarrei Visp gehörig. Sämtliche Eyholzer und Eyholzerinnen fanden deshalb auf dem Visper Friedhof die letzte Ruhe. An allen Sonn- und Feiertagen, die es früher zuhauf gab, trotteten Männer, Frauen und Kinder unabhängig von der Witterung nach Visp zum Gottesdienst. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein unternahmen die Eyholzer Schulklassen an den freien Nachmittagen den gleichen Fussmarsch, um sich in Visp eine Stunde Religionsunterricht – «Chrischtulehr» – zu Gemüte zu führen.

Der Bau von Wohnhäusern hielt sich lange in bescheidenem Rahmen und beschränkte sich auf den milden Hang im Süden, in einer schönen Lage, wo jedoch im Winter während drei Monaten der Sonnenschein ausbleibt. Die Eyholzer waren bescheidene Kleinbauern, die oft mit dem Hochwasser des Rottens zu kämpfen hatten. Als die Lonza unweit des Gemeindegebiets ihre Chemiewerke erstellte, konnten dort auch Eyholzer ein besseres Auskommen finden. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten ein paar Gewerbler in der Ebene eine Existenz auf. Erst viel später entwickelte sich Eyholz zu einem bedeutenden Einkaufszentrum für das Oberwallis. Seine geografisch zentrale Lage im deutschsprachigen Kantonsteil mit den idealen Möglichkeiten für Verkaufsgeschäfte unmittelbar an der Kantonsstrasse zog im vergangenen Vierteljahrhundert Grossflächengeschäfte wie ein Magnet an. Lebensmittel, Haushalt, Autos, Möbel usw. gibt es hier inzwischen in reicher Auswahl für fast alle Ansprüche. PAM, die Unterwalliser Lebensmittelkette, die inzwischen von der Bildfläche verschwunden ist, erkannte als eine der ersten die günstige Lage. 2019 kam als eine der letzten die bis dahin in Glis ansässige Kette für landwirtschaftlichen Bedarf, die «Landi» dazu; sie richtete gegenüber dem grossen Eyholz Center auf einer Fläche von zwei Fussballterrains ein Geschäft ein.

Die Ritikapelle aus dem 17. Jahrhundert, die früher ein beliebter Pilgerort war – die Kapelle der «Seligsten Jungfrau Maria in der Riti» – ist seit Jahrhunderten das sehenswerte Wahrzeichen des Dorfs. Wo sie steht, wurden frühere Baustufen aus dem 13./14. Jahrhundert und aus der Mitte des 15. Jahrhunderts identifiziert.

Anfangs der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts begannen in der Talebene Diskussionen um mögliche Fusionen die Stammtische zu dominieren. Der Eyholzer Gemeinderat nahm die Idee sofort auf. Einstimmig unterbreitete er dem benachbarten Visp das Gesuch um Zusammenschluss der beiden Gemeinden. Der Beschluss wurde wohl nicht leichten Herzens gefasst, aber der Not gehorchend und mit einem realistischen Blick in die Zukunft. Die Behörden sahen in einem Zusammenschluss die Möglichkeit, den gemeinsamen geografischen und wirtschaftlichen Raum, den die beiden Gemeinden bildeten, in gemeinsamer Planung auszurüsten und mit Infrastruktur zu versehen.

Am 25. Februar 1971 beschlossen die Urversammlungen von Eyholz und Visp, sich auf Ende der Legislaturperiode, das heisst auf 31. Dezember 1972, zusammenzuschliessen. Seit 1973, also seit mehr als einem halben Jahrhundert, ist Eyholz ein wichtiger Teil des aufstrebenden Industriezentrums – zum Vorteil der beiden Partner. Kulturell ist Eyholz nach wie vor eine lebendige Dorfschaft.