Für die Burgener begann es mit Schuhmachermeister Johann aus Grächen
Vor über 400 Jahren liess sich der Grächner Schuhmachermeister Johann Burgener in Visp nieder. Er dürfte kaum geahnt haben, dass einige seiner Nachkommen einst die Geschicke der Republik Wallis leiten und mitgestalten würden. Aus der Familie gingen nämlich gleich mehrere Magistraten, Politiker und Amtspersonen hervor.
Aus Grächen zugewandert
Schuhmachermeister Burgener war in Grächen aufgewachsen, wo sich sein Vater Theodul Burgener noch im 16. Jahrhundert niedergelassen hatte. Dass Grächen der Wohnort der Familie wurde, dürfte Theoduls Gattin Catharina, Tochter des Theodul Steiner von Grächen, veranlasst haben. Das Paar hatte drei Kinder, Theodul junior, Catharina und den besagten Johann, geboren zwischen 1560 und 1570, der früh nach Visp übersiedelte.
Wirt im Gasthaus «Über Biel»
Obwohl er dank seines erlernten Berufs als Schuhmacher ein regelmässiges Einkommen hatte, war es vor allem das Gastgewerbe, das ihm in Visp eine sichere Existenz bot. Erstmals erwähnt wird er am 4. Januar 1597 als Wirt und Einwohner. 1608 verkaufte er sein elterliches Gut in Grächen für 258 Pfund, um mit dem Erlös Güter in Visp zu erwerben.
Sein Gasthaus befand sich im Ort genannt «Über Biel», nahe der alten Suste, in der Gegend des heutigen Kultur- und Kongresszentrums La Poste. In den folgenden Jahren diente es immer wieder als Ort für Zusammenkünfte und notarielle Verschreibungen. Als im Februar 1618 in Mörel dem Dieb Christian Zyttglöggle aus dem Aostatal der Prozess gemacht wurde, gestand dieser, neben vielen anderen Diebstählen, dem Wirt Johann Burgener in Visp einen Silberbecher gestohlen zu haben.
Burgeners Gasthaus mit dem dazugehörenden Kaufladen war identisch mit dem Gasthaus des Adrian In Albon, der 1615 als Einwohner und Gastwirt in Visp Erwähnung fand und kurz nach 1620 verstarb. Johann I. Burgener hatte das Haus und das Gut von In Albons Erben gekauft.
Die Vermutung liegt nahe, dass Johann Burgener eine Tochter oder eine andere nahe Verwandte dieses Adrian In Albon zur Frau nahm.
Sein genaues Todesjahr ist nicht bekannt. Im Jahr 1630 entrichtete er noch persönlich die Steuern für den Weinverkauf, die Statzune und das Hintersässengeld. Ein Jahr später, im Januar 1631, hatte bereits sein Sohn Johann Bartholomäus II. Burgener diese Bezahlung übernommen.
Von den Kindern des Schuhmachermeisters sind nur zwei identifiziert: der erwähnte Johann Bartholomäus II. Burgener (1605–1671), Zenden-Bannerherr, mit dem der politische Aufstieg der Familie Burgener beginnt, und Maria Burgener († 1668), Gattin des Steinmetzmeisters Anton Melber aus Prismell. Anton Melber war von Beruf Maurer und Ofenbauer und wurde 1643 als Wirt am Ort «Über Biel» in Visp erwähnt. Kurz vor 1648 hatte er das Walliser Landrecht erworben.
Wein als Busse
Ein Sester Wein als Busse musste 1630 Bartholomäus Burgener an die Konsulen abgeben, weil er im Thelwald einige Thelen gefällt hatte.
Der hartnäckigste Visper Burger-Kandidat
Über die Schulbildung von Johann Bartholomäus II. (Johannes) Burgener ist nichts bekannt. Im Jahr 1626 erschien er erstmals als Notar. Nach dem Tod seines Vaters um 1630 bewarb er sich um das Burgerrecht der «Vespia Nobilis», und zwar gleich mehrmals innerhalb von elf Jahren. An der Burgerversammlung vom 3. Januar 1632 bat Johannes um die Gewährung des Burgerrechts, was ihm aber aus «sonderbaren» Betrachtungen heraus nicht gewährt wurde. Ebenso wurde dem Landvogt Joder Andenmatten das Burgerrecht verweigert. Mit welcher Begründung Burgener immer wieder abgewiesen wurde, geht auch aus den verschiedenen Protokollen nicht hervor. Aufzeichnungen im Visper Burgerbuch lassen vermuten, dass er zwischen 1639 und 1643 eine Zeit lang in fremden, französischen Diensten stand und dort zum Leutnant aufstieg. Er wurde denn auch Leutnant Burgener genannt. Ab 1645 erschien er als Curial oder Burgerschreiber von Visp. Im Jahr 1646 – nur gerade drei Jahre nach seiner Einburgerung 1643 – war er bereits Burgermeister von Visp, ein Amt, das er 1665 nochmals ausübte. Er erhielt wichtige Zenden- und Landesämter zugesprochen. So war er von 1650 bis 1653 für den Zenden Visp Grossmeier von Nendaz. 1654 bis 1657 amtete er als Kastlan des Freigerichts Baltschieder-Gründen. Von 1658 bis 1660 weilte er als Landvogt in Saint-Maurice. Wieder zurück in Visp, wurde Burgener zum Grosskastlan des Zenden Visp für das Jahr 1661 ernannt; dieses einträgliche Amt hatte er 1670 nochmals inne.
Johann Burgener heiratete in einflussreiche Familie ein
Johann Bartholomäus II. Burgener war zweimal verheiratet, erstmals 1633 mit einer Christina, deren Familienname nicht bekannt ist. Vom 10. April 1661 an trat (Anna) Christina In Albon als Gattin Burgeners auf. Sie war die Tochter des früheren Landeshauptmanns Heinrich In Albon und der Maria Zuber, Tochter von Landeshauptmann Sebastian Zuber. Diese Heirat in eine der damals bedeutendsten und einflussreichsten Familien von Visp ermöglichte ihm endgültig den Aufstieg in die massgeblichen Kreise. Christina verstarb schon 1663.
Als Burgeners Schwiegervater Heinrich In Albon im Juni 1666 starb, wählten die Abgeordneten der Zendenversammlung Burgener zu dessen Nachfolger als Bannerherrn des Zenden Visp. Im Landrat vom Mai 1668 erfolgte Burgeners Ernennung zum Obersten der Truppen «nid der Mors» (unterhalb der Morge). Als Sohn eines einfachen Gastwirts und Schuhmachermeisters gehörte er nun zu den mächtigsten Herren des Zenden Visp.
Burgener starb am 25. Juni 1671 in Visp und wurde im neu angelegten Familiengrab in der St. Martinskirche beigesetzt.