Kapitel Nr.
Kapitel 20.02

Gemeindepräsident Adolf Fux, auch ein bedeutender Oppositionspolitiker

Es gibt Oberwalliser, die sich durch ausserordentliche Leistungen auch in anderen Kantonen einen Namen erworben, sich Achtung und Anerkennung verschafft haben und sich grosser Beliebtheit erfreuen. Zu ihnen gehört zweifellos der Visper Schriftsteller und Politiker Adolf Fux.

Jugend, Lehr- und Wanderjahre

Adolf Fux wurde 1901 in Grächen, dem Heimatort seiner Mutter, geboren. Seine Jugendzeit verlebte der Sohn des Pferdehändlers Ludwig Fux in Visp. Nach Absolvierung einer Realklasse und verschiedener land- und forstwirtschaftlicher Kurse zog es ihn in die Fremde. Er verbrachte auch einige Jahre im Ausland und erwarb sich so eine vielfältige Allgemeinbildung. Schon bevor er volljährig war, gelangen ihm erste Versuche in der Literatur, ein Gebiet, das ihn nicht mehr losliess.

Nach seiner Rückkehr auf das väterliche Gut in der Eymatt, zuunterst in den Kleegärten, widmete er sich vor allem der Landwirtschaft und wurde nebenbei mit dem Amt des Revierförsters betraut. Alsdann wurde er als Sekretär des kantonalen Polizei- und Forstdepartements nach Sitten berufen. Auf diese Stelle musste er 1945 verzichten, als er zum Visper Gemeindepräsidenten gewählt wurde.

Adolf Fux, 1945 bis 1960 Gemeindepräsident von Visp und Schriftsteller.

© Stiftung Adolf Fux

Einstieg in die Politik

Als Politiker ging Adolf Fux schon früh eigene Wege. Da er seit jeher nach Freiheit und Unabhängigkeit strebte, wollte er sich nicht der grossen politischen Mehrheit des Kantons, der katholisch-konservativen Partei, anschliessen – und dies, obwohl er sich bewusst sein musste, dass ihm auf diese Weise höhere Ämter, für die er ohne Weiteres prädestiniert gewesen wäre, versagt bleiben würden.

Früh schon schloss er sich der örtlichen Fortschrittspartei an, die 1908 als Opposition gegen die bis dahin allein regierenden Konservativen gegründet worden war; das war ein Jahr nachdem sich in Visp die Lonza niedergelassen hatte. Während gut 20 Jahren wurde diese Partei in der Folge vom Visper Buffetier Guillaume Pféfferlé geführt, dem späteren Schwiegervater von Alex Bodenmüller.

Als Adolf Fux anfangs der 20er-Jahre zu den Fortschrittlichen stiess, hatten diese zwei von sieben Sitzen im Gemeinderat; Guillaume Pféfferlé war Vizepräsident. Zweiter Vertreter war Edgar Müller. Die Opposition ass aber weiterhin hartes Brot, denn ihre Gegner, die in den Burgern ihre zuverlässige Basis hatten, dominierten das Geschehen in der Gemeinde weiterhin klar.

Einsatz für Sekundarschule

Visper und andere Oberwalliser konnten in der Lonza in den ersten Jahrzehnten praktisch nur als Hilfskräfte eingesetzt werden, weil es zu diesem Zeitpunkt, mit Ausnahme des Kollegiums in Brig, an Bildungsmöglichkeiten fehlte. Die Fortschrittspartei setzte sich daher während fast 20 Jahren für die Einführung einer Sekundarschule in Visp ein; im Wallis wäre dies eigentlich schon seit 1910 möglich gewesen. Visp war aber nach wie vor in seiner Mehrheit der kargen Landwirtschaft zugetan, in der ausschliesslich für den Eigenbedarf produziert wurde, besonders, als 1920 die kantonale Landwirtschaftsschule in Visp eingerichtet wurde. Sogar bei den Gemeindeoberen konnte man mit diesem «modernen Zeugs» nichts anfangen. Die Fortschrittlichen liessen jedoch nicht locker. Ihre Anstrengungen wurden schliesslich von Erfolg gekrönt; 1935 hatte eine klare Mehrheit der Visper endlich eingesehen, dass man der örtlichen Jugend – damals war nur von der männlichen die Rede – nicht länger vor deren beruflicher Entwicklung stehen konnte. Mit grossem Mehr wurde die Einführung der «Seki» beschlossen und gleichzeitig sogar der Bau einer Turnhalle bewilligt.

Eine der ersten Ausgaben des Oberwallisers, deren Redaktor Adolf Fux war.

Die demokratische Zeitung

Fux wurde sich früh bewusst, dass eine politische Minderheit ohne eigenes Medienorgan kaum auf eine breite Entwicklung hoffen durfte. Im Oberwallis war es so, dass Parteien, die nicht das «C» oder früher «K» im Namen führten, noch bis in die 70er-Jahre weder im «Walliser Boten» noch im «Volksfreund», den damals einzigen Zeitungen, Texte oder Inserate platzieren durften, auch nicht gegen Bezahlung. Weil politisch Andersdenkende keinen Zugang zur Zeitung hatten, rief Adolf Fux 1929 die unabhängige Zeitung «Der Oberwalliser» ins Leben, die er bis 1936 redigierte, die aber mangels finanzieller Mittel ihr Erscheinen einstellen musste.

Während fast 30 Jahren sollte er die Partei kompetent führen. Während dieser Zeit wurde er auch erstmals als Vertreter des Bezirks Visp in den Grossen Rat delegiert, dessen Mitglied er von 1949 bis 1961 war, ohne je einer Fraktion angehört zu haben – dies, wie er sagte, um seiner Gemeinde nicht zu schaden. Von 1940 bis 1944 gehörte er unter Burgerpräsident Ernest Bodenmüller dem Burgerrat an.

Der Durchbruch in Visp

Während des Zweiten Weltkriegs wurden angesichts der bedrohlichen Lage keine Wahlen durchgeführt. Anfangs 1945 erwachte auch die Gemeindepolitik zu neuem Leben: Nach dem Krieg entschieden sich die Visper für einen Neuanfang mit Führungswechsel: Adolf Fux errang mit seinen Demokraten als erster und bisher auch einziger Oppositioneller die Mehrheit und wurde Gemeindepräsident. Vier Jahre später, als die Partei auch die Arbeitervertreter auf ihrer Liste hatte, lautete das Resultat gar 5:2 zu ihren Gunsten. Weil die Arbeiter die beiden letzten Plätze belegten, blieb das aber nicht ohne Konsequenzen. Die inzwischen gegründete Christlichsoziale Partei, in Visp «Arbeiter- und Bürgerpartei» genannt, errang gleich zwei Sitze; die Demokraten verloren einen.

1956, als die Bisherigen alle bestätigt wurden, musste sich Adolf Fux bei der Präsidentenwahl einem Gegner stellen: Dabei vermochte er aber Nationalrat Leo Stoffel klar zu distanzieren. In den folgenden vier Jahren rumorte es in Visp. Nach einem harten, wie 1945 manchmal überbordenden Wahlkampf holte sich die Volkspartei mit 4:3 Sitzen die Mehrheit. Und auch Adolf Fux hatte ausgedient, verlor er doch die Präsidentenwahl, wenn auch knapp, gegen den erst 34-jährigen Juristen Hans Wyer (ABP). Dieses für ihn niederschmetternde Resultat bedeutete das Ende seiner politischen Karriere. Pflichtbewusst, wie er in seinem ganzen Leben war, blieb er dann noch vier Jahre im Gemeinderat. Als solchen hatte ihn das Volk gewählt, aber nicht mehr als Gemeindepräsidenten. Er hatte das Präsidentenamt mit Kompetenz und Fleiss ausgeübt. In seine Amtszeit fielen der Bau des neuen Rathauses und die Vergrösserung der St. Martinskirche. Er vertrat Visp auch nach aussen stets mit Würde.

Dann war für ihn Schluss mit Politik. In der Folge bewog ihn eine Krankheit, sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.

Die wirtschaftliche Entwicklung von Visp

Adolf Fux, der Gemeindepräsident persönlich, hielt an der Versammlung des Geschichtsforschenden Vereins Oberwallis vom 14. Oktober 1954 in Visp ein Referat zum Thema «Die wirtschaftliche Entwicklung von Visp in den letzten 100 Jahren».

Stiftung Adolf Fux

1983 wurde zu Ehren des 1974 verstorbenen Schriftstellers und Politikers die literarische Adolf-Fux-Stiftung gegründet.

Fux als Hörspielautor

Am 13. Januar 1951 strahlte Radio Beromünster das erste Hörspiel von Adolf Fux aus: «Die Hilariusnacht». Als erfolgreicher Autor und Erzähler erfreute er sich in der ganzen Schweiz treuer und dankbarer Zuhörer.

Dialekt-Hörspiele aus dem Oberwallis konnten erst nach der Gründung der Oberwalliser Hörspielgruppe im Jahr 1953 gesendet werden. In dieser Gruppe spielte auch der Visper Lehrer Simon Burgener eine massgebliche Rolle. Am Pfingstsonntag 1954 brachte die Oberwalliser Hörspielgruppe als erstes Hörspiel «Ds heilig Versprächu» über den Landessender Beromünster zur Aufführung. Das Stück hatte Adolf Fux verfasst.

Verspätete Ehre für den Schriftsteller

Zwei Jahre nach seiner Abwahl durfte Adolf Fux für sein literarisches Werk den Oberwalliser Kulturpreis entgegennehmen. Angesichts seines politischen Bekenntnisses und seiner Redaktionstätigkeit wäre dies zuvor im Oberwallis aus politischen Gründen niemals möglich gewesen. Dr. Josef Guntern, der am 18. November die Laudatio hielt, scheute sich dabei nicht, diese Ungerechtigkeit anzuprangern. Unter anderem sagte er: «Einen Dichter von Prosawerken, dessen Bedeutung während Jahrzehnten ununterbrochen die hohen Gebirgsschranken des Oberwallis überwand, besassen wir bis heute nicht. Adolf Fux ist der erste.»

Stark ins Politische reichten die Artikel von Fux in der «Neuen Zürcher Zeitung»; sie gingen über das Mittelmass eines Zeitungsberichts hinaus. Im Oberwallis aber wurde dies alles über Jahrzehnte totgeschwiegen. Nur ein Beispiel, das Guntern zitierte: «Erwähnen müssen wir doch auch, dass 1950 der Walliser Kantonsbibliothekar Dr. Anton Gattlen im ‚Almanach du Valais‘ unter dem Titel ‚Adolf Fux, un écrivain haut-valaisan‘ sein Werk würdig vorstellte. Freilich, dieser Artikel war für das Oberwallis bestimmt, wurde aber dort nicht angenommen.» Ja, der Prophet im eigenen Land ...

1974 starb Adolf Fux im Alter von 73 Jahren. Der Dichter und Politiker bleibt in Visp unvergesslich. Er war mit ganzem Herzen Walliser und er liebte seine Heimat.

Siehe auch Kapitel 18.03 «Von der ‘Fortschrittspartei Visp’ über die ‘Demokratische Partei’ zur FDP», Kapitel 19.11 «Die liberale ‘Oberwalliser Zeitung’ erschien in Visp, später auch der ‘Walliser Bote’» und «Visper Geist», Band I.