Der Visper Arthur Fibicher schreibt in seiner Walliser Geschichte, Band 3.1, vom Wiedererwachen des religiösen Lebens nach dem Sieg der Gegenreformation. Anschaulich schildert er eine Bussprozession in Visp, die im Frühsommer 1707 stattfand, als zwei Jesuiten aus Italien eine grossangelegte Mission durchführten.
Mit Kreuz, Dornenkrone und Pilgerstab
«Die Prozession formierte sich um ein Uhr nachmittags unter feierlichem Glockengeläute und nahm ihren Anfang bei der alten Kirche (Burgerkirche). Als erster schritt der Pfarrer hinter Kreuz und Fahne einher. Er trug keinen Chorrock und keine Reliquien, sondern einen bis auf die Knöchel reichenden Talar und eine Dornenkrone auf dem Haupt; die violette Stola war auf der Brust zu einem Kreuz geschlungen; ein anderes, kleines Kreuz hatte er auf der Brust befestigt; er hielt nach der Art der Pilger einen Stab in der Hand, seine Lenden waren mit einem geknoteten Strick umgürtet; er sang mit lauter Stimme; er war mit Schuhen bekleidet, während andere barfuss gingen. Dem Priester folgten die Jungfrauen. Sie trugen die Fahnen mit dem Schweisstuch und der seligen Jungfrau, waren ganz in Weiss gewandet und sangen allesamt. Dann kamen die Witwen und die verheirateten Frauen in Schwarz; sie trugen alle ein kleines Kreuz in der Hand und eine Dornenkrone auf dem Haupt. Nur die vornehmen Frauen führten wie üblich den schwarzen Pilgerstab. Den Obrigkeiten, die nun mit allen Männern in wohlgeordneter Zweierreihe folgten, wurden wiederum ein Kreuz und – zu beiden Seiten – die Bilder der Allerheiligsten Jungfrau und des hl. Franz Xaver vorangetragen. Alle Männer trugen Dornenkronen, Kreuz und Rosenkränze, die vornehmsten zudem einen Pilgerstab, und alle sangen.»
Noch am Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in der katholischen Kirche, auch in Visp, alle zehn Jahre sogenannte Volksmissionen, bei denen jeweils Jesuiten mit flammenden Predigten den Gläubigen, die praktisch ohne Ausnahme dabei waren, energisch ins Gewissen redeten.
Fusion am Terbinerberg
Am 26. November 1715 erhielt Visp im Süden einen neuen Nachbarn: An diesem Tag erfolgte nämlich der Zusammenschluss der vier bisherigen Gemeinwesen am Terbinerberg zu der einzigen Gemeinde Visperterminen.
Davor hatte die ganze Bergschaft Visperterminen aus vier Gemeinwesen bestanden:
- Grosse Gmeind: Sie umfasste das Gebiet oberhalb des Grossen Steins. Das Dorf selber bildete drei Viertel, der Weiler Brunnen den vierten.
- Niederhäusern, auch Terminen unter dem Stein genannt.
- Barmili zusammen mit Sattel und Niederrussen. Letzteres heisst heute Neubrück und gehört zu Stalden.
- Die Stahlergmeind bestehend aus Oberstalden, Unterstalden und Bitzinen.
Wie dieser Zusammenschluss möglich wurde, vermochte nicht einmal German Studer herauszufinden. Das diesbezügliche Schrifttum fehlt nämlich. Schon lange hatte dort oben der Wunsch bestanden, eine eigene, von der Mutterkirche von Visp losgelöste Pfarrkirche zu haben. Ortschaften wollten ihre eigene Pfarrei, auch wenn sich die Mutterpfarreien wegen ausbleibender finanzieller Mittel dagegen sträubten. Noch mehr dürften die unhaltbaren Zustände und Streitigkeiten wegen der Wälder, der Allmenden, Alprechte, Wasserrechte und Grenzen Visperterminen gestört haben. All dem wollte man durch Zusammenschluss ein Ende bereiten. So gingen wohl die politische und kirchliche Vereinigung Hand in Hand.
Trennung von der Mutterkirche Visp
Die Terbiner baten darum, sich von der Mutterkirche Visp zu lösen. Sie wollten nicht mehr länger fast allen geistlichen Beistand entbehren; es bestehe überaus grosse Gefahr, dass viele ohne Beistand, Tröstung und Sakramentenempfang sterben würden.
Am 23. Christmonat 1715 unterzeichnete Bischof Franz Josef Supersaxo den Akt der Lostrennung von Visperterminen von der Pfarrei Visp. Darin war die Pfarrbesoldung auf «zwölf Mütt Korn, zwölf Dublen und dem einmaligen Milchertrag in der Pfarrei nebst Holz» festgesetzt. Die bei der Trennung anwesenden Herren aus Visp, Pfarrer und Domherr Josef Ritter, Landeshauptmann Jodok Burgener und die Verwalter Venetz und Kastlan Zuber, hielten fest, dass die Terbiner nicht um sämtliche Kosten für die Errichtung der Pfarreipfründe kämen, auch nicht um alle bisherigen Zehnten und weitere bedeutende Beträge unter dem Vorwand «weil dies die schuldige Achtung und Erkenntlichkeit gegen die Mutterkirche erfordere».
Der Bischof trug diesen Forderungen der Visper Rechnung. Die Terbiner aber ärgerten sich über dieses bischöfliche Urteil, über eine solche Rechtsauffassung, zumal ja die Pfarrei Visp durch die Abtrennung von den meisten Pflichten gegenüber Visperterminen enthoben wurde. Am 19. Juli 1716 stellte die Kirche von Visp dem Terbinerberg mit Ausnahme von Unterstalden und Barmili die Quittung für den Loskauf aus. Offenbar begehrten die Unterstaldner und die Bewohner von Barmili kirchlich bei Visp zu bleiben, was bei der Nähe zu Visp begreiflich war. Vielleicht wurden sie aber auch von den Vispern dazu gedrängt. In der Pfarreiratsversammlung von Visp im Jahr 1851 war Unterstalden durch ein Mitglied vertreten. Daselbst wurde auch ein Gesuch Eggerbergs um Loskauf einer Gilt behandelt.
Zehnten für «Pasteurisation»
Volkskundler Stebler schrieb um 1915 dazu: «Die ganze Gemeinde Visperterminen wurde der Kirche von Visp zugeteilt. So wurde die Berggemeinde dieser gegenüber zehntenpflichtig, wogegen die Pfarrei Visp die Pflicht der ‚Pasteurisation‘ von Visperterminen bekam. Mit der Zeit wurde dies den Visper Pfarrherren lästig, weshalb sie die Terbiner kirchlich vernachlässigten. Die Bergler stellten daher einen eigenen Priester, einen Rektor, und weigerten sich, die Abgaben nach Visp zu leiten.
Daraus entstanden Streithändel, bei denen Visperterminen 1715 den Kürzeren zog. Die Abgabepflicht war nämlich bestehen geblieben. Diese bestand in Kornzehnten: 208 Fischel ‚Korn‘, das heisst Roggen (1 Fischel = 11 Kilogramm, also rund 4 Zentner) und Weinzehnten (30 Saum = 45 Hektoliter).
Jede zehnte Garbe wurde im Unterschied zu den anderen auf dem Acker selbst an der Ährenwende umgebogen und dort vom Gemeindeweibel eingesammelt, in die ‚Zehntenstadel‘ gebracht, dort gedroschen und das Getreide als Abgabe entrichtet.
Der Weinzehnten wurde 1788 in Abwesenheit des Bischofs von dessen Vikar, Domherr de Courten, um die Summe von 3 091.20 Franken losgekauft und sofort bezahlt.»
Auch Zeneggen trennte sich
Obwohl 1716 in Zeneggen ein Rektorat eingerichtet worden war, mussten die Taufen und Beerdigungen nach wie vor in Visp stattfinden. Das Rektorat wurde durch bischöfliches Dekret zur Pfarrei erhoben. Im Gesuch der Zenegger von 1754 an den Bischof um Errichtung einer eigenen Pfarrei wurde deren Notwendigkeit unter anderem damit begründet, dass die Entfernung bis nach Visp 7 000 Schritte betrage. Als Ausgangspunkt hatte man aber schlauerweise den höchsten Punkt der Gemeinde angenommen, die Obere Hellela. 1754 trennte sich Zeneggen von der Grosspfarrei Visp und wurde selbstständig.
Die Einnahmen der Kirche
Die Geistlichen bewirtschafteten die Grundgüter der Pfarrei und anderer Pfründen nicht selbst. Sie gaben sie in Pacht. Die Einnahmen der Pfarrei setzten sich somit aus einer unübersichtlichen Kombination von Messstiftungen, Gebühren der Filialkirchen, den Zehnten, Pacht- und Zinseinnahmen zusammen. Die Betriebsführung unterstand der Kontrolle des Bischofs, der – wie 1785 bezeugt – auch über allfällige Verkäufe zu entscheiden hatte. Bei der periodisch durchgeführten bischöflichen Visitaz wurden dann Abrechnungen der verschiedenen Fundi detailliert untersucht.
Die «neue» Dreikönigskirche
Zwischen 1710 und 1730 wurde die Dreikönigskirche, später untere Kirche, in ihrer heutigen Form erbaut. Einzig der Turm blieb bestehen; er steht schon seit dem 12. Jahrhundert. Aus dem Jahr 1724 stammt der Hochaltar aus Stucco lustro. Realisiert wurde er vom Italiener Giovanni Baptista Rappa.
[Siehe auch Kapitel 03.03 «Untere Kirche aus dem 10. oder 11. Jahrhundert» und Kapitel 23.12 «Das restaurierte Bijou der Visper Altstadt: die untere Kirche».]
Guss von sechs Glocken
Am 23. August 1790 schloss die Burgerschaft Visp mit den Glockengiessern Ignaz Herviot und Jean-Baptiste Gillot einen Akkord für den Guss von sechs Glocken für die Burgerkirche gegen Bezahlung von 6 Zentnern Glockenmetall. Gillot starb zur Zeit der Ausführung dieses Auftrags; er wurde am 8. Mai 1791 in Visp bestattet.
Neuaufbau des Kaplaneihauses
Die Burger beschlossen am 16. April 1770, das abgebrannte Kaplaneihaus wieder aufzubauen, wenn der Kaplan Amoos 200 Pfund beisteuere.
Geld statt Butter für die Messe
Dem hochwürdigen Herrn Pfarrer von Visp sollte am 12. Januar 1705 für die Messe im Nanz anstelle der Butter ein Dukat bezahlt werden.
Zwei Visper im Strafgericht
Zwei Visper Juristen gehörten dem Strafgericht an, das 1766 vor dem Gericht des Meiertums St. Niklaus den Peter Joseph Schalbetter aus Täsch zum Tod verurteilte. Schalbetter wurde im August 1766 wegen angeblicher Gotteslästerung hingerichtet – allzu eilig, wie es später hiess.
Domherren aus Visp
Am 12. April 1712 wählte das Domkapitel sechs Titular-Domherren, darunter den Visper Vikar Anton Anthamatten.
Der Visper Josef Emanuel Kalbermatten (1757–1830) wirkte anfangs des 19. Jahrhunderts in Sitten als Domherr.
Am 5. Januar 1751 starb in Visp Titular-Domherr Johann Anton Anthamatten, seit 41 Jahren Kaplan in Visp.
Händler für Messgewand
Am 10. Juli 1787 wurde in Visp Joseph Pianzola, Messachel-Krämer, begraben. Messachel bedeutete Messgewand.
Pfarrer Peter Kalbermatter 20 Jahre in Visp
Peter Kalbermatter, geboren 1720 in Törbel, war von 1746–1751 Domrektor in Sitten, von 1751–1765 Rektor in Visp und von 1765 bis zu seinem Tod 1770 Pfarrer in Visp.