Kapitel Nr.
Kapitel 21.03

Letzte Nachbardörfer mit Verkehrsverbindungen erschlossen

Es dauerte bis Mitte der Sechzigerjahre, bis alle Visper Nachbardörfer durch Autostrassen und öffentlichen Verkehr erschlossen waren. Besonders lange liessen die Strassen auf der Nordseite – nach Ausserberg und Eggerberg – auf sich warten.

Postautolinie Visp–Ausserberg seit 1965

Als 1965 die Strasse Visp–Ausserberg realisiert war, wurde am Mittwoch, 30. Juni 1965, die Postautolinie Visp–Baltschieder–Ausserberg feierlich eröffnet.

Diese Verkehrsverbindung war der Beginn von engen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden, die eine Bezirksgrenze trennte und die bis dahin nur ein beschwerlicher Fussweg verbunden hatte.

Die Gäste besammelten sich beim Abfahrtsplatz der PTT-Cars in Visp, am gleichen Ort wie heute, aber damals stand daneben das Gebäude der alten Landwirtschaftlichen Schule, das kurz darauf der neuen Post Platz machte. Das Sonder-Postauto fuhr vorerst zum Visper Rathaus, wo Gemeindepräsident Hans Wyer die Festgemeinde beim Ehrenwein willkommen hiess.

Dann ging die Fahrt über die neue Kleegärtenstrasse nach Baltschieder, wo Gemeindepräsident WaIter Henzen die Gesellschaft bei einem Zwischenhalt begrüsste.

Weiter ging die Fahrt bis zum Bahnhof Ausserberg, damals Endstation. Denn die Strasse bis ins Dorf hinauf war noch nicht befahrbar. Zu Fuss ging es zum Dorfplatz, wo Gemeindepräsident Michael Schmid seiner Freude über die endlich geschaffene Verbindung Ausdruck verlieh. Weitere Ansprachen folgten, ebenso Produktionen der Musikgesellschaft «Alpenglühn», des Tambouren- und Pfeifervereins «Ahnenstolz» und des Jodelclubs «Noger», bevor der Sonder-Car drei Stunden später zur Rückfahrt nach Visp startete.

In der Folge stieg die Zahl der täglichen Kurse zwischen den beiden Gemeinden ständig an. Heute sind es in jede Richtung mehr als ein Dutzend Fahrten, mit denen Berufsleute, Schülerinnen und Schüler, aber auch Feriengäste und Ausflügler zwischen Visp und Ausserberg befördert werden.

Das 25-jährige Bestehen der Linie wurde am Sonntag, 1. Juli 1990 in kleinerem Rahmen in Ausserberg gefeiert. Die Gemeindepräsidenten von Visp, Baltschieder und Ausserberg, Inspektor Charles Schwery vom Automobildienst der Generaldirektion PTT, Inspektor Bruno Felix von der Kreispostdirektion Lausanne sowie der Visper Postverwalter Alois Schmid und der Chef der Automobildienste, Dionys Walpen, waren Gäste der Postautohalter in Ausserberg, der Gebrüder Bumann.

Auf dieser Aufnahme von 1964 ist die frisch angelegte Strasse nach Eggerberg zu erkennen. Das Dorf war vorher schon durch die Lötschberg-Eisenbahn erschlossen worden. Erst ab 1965 konnte auch der Postautoverkehr aufgenommen werden.

ETH-Bibliothek, Fotograf Werner Friedli, LBS_H1-024669 CC BY-SA 4.0

Endlich auch Eggerberg angeschlossen

Der weitläufige «Eggerberg» kam in drei Etappen zu seiner Strasse und damit jeweils gleichzeitig zur Aufnahme der Postautokurse. Die lang ersehnte Verbindung zum Tal, zum Industrieort Visp, wurde im Frühjahr 1968 Wirklichkeit. Unmittelbar nach Fertigstellung der Strasse wurde die Postautolinie Visp–Eggerberg am 1. März 1968 dem Betrieb übergeben: Das Dorf Eggerberg hatte seine offizielle, von der Schweizerischen Postverwaltung bewilligte Postautolinie. Neunmal am Tag sollte nun ein Postauto hin- und wieder zurückfahren – dies, obwohl auch diese Linie in den nächsten Jahren mit erheblichen Fehlbeträgen zu rechnen hatte, was man schon damals voraussah. Das klang nicht sehr zuversichtlich.

Eskortierte Jungfernfahrt

Am ersten Betriebstag, an einem Donnerstagabend kurz nach 18 Uhr, holte der frischgebackene Posthalter Josef Hutter seinen Bus in Visp ab und lud seine ersten Fahrgäste nach Eggerberg. Bereits auf den ersten Kilometern, kurz nach der Rottenbrücke, bei der Abzweigung nach Baltschieder, stiess er auf ein erstes Hindernis: Die Überraschung für den Hutter Josi war gross und bereitete ihm viel Freude, denn etwa 20 Autos, die «Konkurrenz» aus dem Dorf, standen da in Reih und Glied. Reich beflaggt eskortierten sie den Bus mit lautem Hupen auf seiner Jungfernfahrt bis zum Kehrplatz im Dorf, wo ein beachtlicher Teil der Bevölkerung die Karawane willkommen hiess. Die Freude bei den Bewohnern war begreiflicherweise gross, stellte doch die neue Verbindung eine wesentliche Verbesserung ihres Alltags dar. In den Tagen zuvor und danach war das Ereignis der Gesprächsstoff im Dorf.

Ein Bürger schrieb im «Walliser Boten»: «Schade war nur, dass die Offiziellen nicht vertreten waren. Die Gemeindeverwaltung fand es nicht vonnöten, die ‚Premiere‘ durch einen kleinen Empfang gebührend zu würdigen. Und all jenen zu danken, die am Bau der Strasse mitgeholfen haben und an der Verwirklichung der Postautoverbindung massgeblich beteiligt waren, und sie zu einem Festchen einzuladen und ihnen so ihre Genugtuung offiziell mitzuteilen. Wir wollen ihnen aber diesen Schönheitsfehler verzeihen und uns am neu geschaffenen Werk freuen.»

Eggen und Finnen folgten 1975 und 1984

Der Weiterausbau der Strasse zu den höheren Lagen liess auf sich warten. Volle sieben Jahre dauerte es, bis am 1. September 1975 die Etappe Eggerberg–Eggen eröffnet wurde. Noch mehr Schwierigkeiten bot das letzte Teilstück bis zum Maiensäss Finnen. Der beliebte Ferienort ist seit dem 3. Juni 1984 auf einer gut ausgebauten Strasse erreichbar, auch mit fahrplanmässigen Postautofahrten. Die gesamte Strecke Visp–Finnen ist 12 Kilometer lang.

In der Kurve direkt nach dem Tunnel befindet sich die BLS-Haltestelle Eggerberg.

ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Fotograf Hans-Peter Bärtschi, SIK 03-097784 CC BY-SA 4.0

Als Eggerberg weder Strasse noch Haltestelle wollte

Es hatte auch andere Zeiten gegeben, als Eggerberg den Verbindungen nach aussen weniger offen gegenüberstand: 1910, als die Lötschbergbahn gebaut wurde, wollte das Dorf keinen Bahnhof und auch keine Strasse: «Eggerberg hätte die kürzeste Verbindung der Lötschbergbahn mit den Bundesbahnen bei Visp. Dieser Ort ist zu Fuss in einer halben Stunde zu erreichen. Es war deshalb von Anfang an von der Bahngesellschaft geplant, in Eggerberg eine Bahnstation zu errichten und sie für die Zwecke der Bahnarbeiten noch vor dem Bau mit einer fahrbaren Strasse mit dem Tale zu verbinden. Dagegen entstand aber in der Gemeinde eine starke Opposition. Es wurde gesagt, die Station nütze dem Dorfe nichts, sie komme nur den fremden Handelsleuten und Hausierern zugute. Unter den Gegnern tat sich auch der Briefträger hervor, der die Postsendung täglich in Visp abholen musste und eine Gefährdung seiner Existenz befürchtete. Bei der Gemeindeabstimmung wurde denn auch mit 17 gegen 15 Stimmen die Errichtung eines Bahnhofes in der Gemeinde abgelehnt.»

Das schrieb Friedrich Gottlieb Stebler in seiner Monografie «Sonnige Halden am Lötschberg» (1913). Stebler weilte zum Studium von Oberwalliser Dörfern während Monaten in der Region. «Gewiss eine seltene Erscheinung!», kommentierte Stebler. «Wenn man von Eggen zur Kirche hinabsteigt, begegnet man halbwegs einem eisernen Kreuze mit der Jahreszahl 1910 und den Buchstaben Z. S. (Severin Zimmermann). So hiess der Briefträger. Eines Morgens fand ein Italiener den Mann hier tot. Er war auf dem Wege seines Dienstes vom Schlage getroffen worden. Seither eines Besseren belehrt, bewarben sich die Eggerberger von sich aus um eine Bahnhaltestelle. Es war aber zu spät! Die Bahngesellschaft verlangte nun hiefür 30 000 Franken Entschädigung. Die Gemeinde offerierte 10 000 Franken und so ist heute die Ortschaft, wo eine Bahnstation vor allem gerechtfertigt gewesen wäre, ohne eine solche, was dort von jedermann, selbst vom heutigen Briefträger, der den steilen, holperigen Saumweg ins Tal täglich zweimal zurücklegen muss, eingesehen wird. So müssen die Kinder ob den Sünden der Väter büssen. Nicht nur für Eggerberg ist das Fehlen eines Bahnhofes von Nachteil, sondern auch für Visp und für den ganzen Verkehr ins Rhone- und Vispertal. Für Eggerberg selbst ist die Lötschbergbahn ohne eine Haltestelle nutzlos, denn nach den nächsten Stationen Lalden und Ausserberg hat es keine praktikablen Verbindungen; die nächste Bahnstation ist nach wie vor Visp. Vom Pfarrer wurde behauptet, dass von den Eggerbergern nicht zwei Personen in ihrem Leben die Lötschbergbahn benutzen werden, weil sie ihren Zwecken nicht diene.»

Boden für SBB

1963 gab die SBB bekannt, dass sie westlich der Vispa ihren Ausbau vornehmen wolle. Für die Erstellung des Güterbahnhofs wollte sie auch Boden der Gemeinde in der Allmei beim früheren Sportplatz beanspruchen

PTT übernahm Zeneggen–Visp

Beim öffentlichen Verkehr zwischen Visp und Zeneggen gab es anfangs 1963 eine Änderung: Man ging vom Konzessionär zum Postautohalter der PTT über, womit der Transport auf eine sicherere Grundlage gestellt wurde. Walter Kenzelmann, der von 1950 an während 17 Jahren allein als Chauffeur gewirkt hatte, wurde von der Generaldirektion mit dieser Aufgabe betraut. In Zeneggen entstand eine neue, zweckmässige Garage, in welcher der neue 31-plätzige Saurer-Car Platz fand.

Ab 1968 kam mit Bernhard Andres ein pflichtbewusster Mitarbeiter als zweiter Chauffeur hinzu, der mit Hans und Christian Kenzelmann den Transport sicherstellte. Die beiden letzteren, Neffen von Walter Kenzelmann, wurden von diesem nachgezogen, sodass drei Leute mit drei kursmässigen Cars ausgerüstet waren.

Ab 1992 wurde der Betrieb von Walter und später von Christian Kenzelmann geleitet. Heute wird der Postautoverkehr auf der Bürchner Strasse insofern etwas rationeller gestaltet, als die Bürchner Cars mehrmals am Tag die Zenegger Gäste ab Visp mitnehmen. Bei der Abzweigung werden diese vom dort wartenden Zenegger Car übernommen und an ihr Ziel geführt.

Die Strasse Visp–Zeneggen war zusammen mit derjenigen nach Bürchen und Unterbäch in den Jahren 1933 und 1934 erstellt worden. Den regelmässigen Postautoverkehr zwischen Zeneggen und Visp hatte man kurz nach Beendigung des Strassenbaus 1935 aufgenommen und die Konzession für den Personentransport vom Bergdorf ins Tal hinunter und zurück dem Einheimischen Alexander Kenzelmann anvertraut. Sein erstes Fahrzeug fasste fünf Passagiere. Kenzelmann verstarb 1957.

Postauto nach Bürchen

Dieselbe Änderung der Unternehmensform wie für Zeneggen erfolgte 1963 auch auf der Strecke Visp–Bürchen–Moosalp. Am 1. Januar 1963 wurde aus dem Konzessionär ein Postautohalter. Seither ist die PTT – inzwischen Postauto Schweiz – dessen zuverlässiger Partner.

Seit 1987 arbeitet bereits die dritte Generation im Unternehmen. Später übernahm Beat Lehner den Postautobetrieb mit einem modernen Fahrzeugpark.

Visperterminen als Naherholungsgebiet

Am 8. Dezember 1967 weihte die Giw AG in Visperterminen die neue Sesselbahn aufs Giw hinauf und den Skilift aufs Rothorn ein und öffnete das Dorf so dem Wintersport.

Neben einer ganzen Reihe von Visper Unternehmen und Privatpersonen beteiligte sich die Gemeinde Visp mit 50 000 Franken am Aktienkapital.

Visp–Staldenried blieb Episode

Neben der Luftseilbahn Stalden–Staldenried, die seit 1950 besteht, war Staldenried dank der Strasse Zer Tanna–Ackersand ab 26. Mai 1974 mit dem Postauto auch direkt mit dem 14 Kilometer entfernten Visp verbunden.

Als die Luftseilbahn einer bedeutenden Renovation unterzogen wurde, die grösstenteils Bund und Kanton berappten, entfielen die Subventionen für den Busbetrieb. Da diese Luftseilbahn zu den weitgehend vom Kanton subventionierten Transportanstalten gehörte und auch der Postautoverkehr finanziell von der öffentlichen Hand lebte, mussten sich die Staldenriedner für eines der beiden entscheiden. Die wesentlich ältere Luftseilbahn schien den Berglern bessere Dienste erweisen zu können; der Busbetrieb wurde schweren Herzens aufgegeben. So blieb die Postautolinie regelrecht «auf der Strecke».

[Siehe auch Kapitel 19.02 «Endlich Strassen nach Bürchen, Zeneggen».]

Weitere Inhalte des Kapitels 21, 1961–1971

Lonza stellte auf Erdölverarbeitung um, Karbid hatte ausgedient

Kapitel Nr.
Kapitel 21
Zeithorizont
1961–1971

Visp vor der Fusion mit Eyholz

Kapitel Nr.
Kapitel 21.07