Kapitel Nr.
Kapitel 19.14

Lonza lieferte in den Kriegsjahren Strom, Benzinersatz, Dünger

Während des Zweiten Weltkriegs wurden dem Visper Industrie-Unternehmen Lonza AG wichtige Aufgaben der Landesversorgung übertragen. Zu deren Erfüllung mussten in kürzester Zeit über eine halbe Milliarde Kilowattstunden Strom zusätzlich bereitgestellt werden; neben dem Kraftwerk Rekingen am Rhein entstanden auch im Wallis in rascher Folge neue Anlagen. Aufgrund der Rohstoff-Verknappung zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erwuchs der Lonza eine weitere neue Aufgabe: Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement beauftragte sie mit der Herstellung von Ersatztreibstoffen. Auch der Mangel an Kautschukprodukten gab dem Unternehmen eine neue Entwicklungsrichtung vor. 

Die Lonza, die Filialwerke in Süddeutschland betrieb, war gemäss Bergier-Bericht wie andere Firmen durch das Nazi-Regime gezwungen, Kalziumkarbid (Düngemittel) auch in Deutschland zu produzieren.

Das Bild von Otto Pfänder von 1941 zeigt Arbeiter mit Stocherstangen für den Karbidabstich. Während mehr als 70 Jahren stellte Karbid ein begehrtes Zwischenprodukt dar. Gouache, lackiert, auf Papier; 17 Zentimeter mal 57 Zentimeter.

Walliser Geschichtsmuseum, 2009 erworben, MV 12445 © Kantonsmuseen Wallis, Sitten, Foto Jean Yves Glassey

Im Folgenden wird an die Zwanzigerjahre angeknüpft; siehe auch Kapitel 17.01 «So kam die Lonza ins Wallis – und schliesslich nach Visp»

Lonza betrieb Fischzuchtanstalt

1926 entstand aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Staat und den Lonzawerken in Visp eine kleine Fischzuchtanstalt im Grossgrundkanal.

30 Jahre Lonza

1927 feierte die Lonza AG ihr 30-jähriges Bestehen. Der «Walliser Bote» schrieb dazu: «Im Wallis allein beschäftigen die Lonzawerke über 1 000 Arbeiter. Ein grosser Teil unseres Volkes hat durch diese Industrie eine Erwerbsmöglichkeit erhalten.» 

Bischof Bieler seinerseits segnete in Visp neue Arbeitsstätten und warnte «vor den Glück zerstörenden Ideen des Kommunismus».

Noch einmal ... und die Lonza ist weg!

1927 wandte sich die Lonza mit einem knappen, aber unmissverständlichen warnenden Schreiben an den Gemeinderat; es ging um weiterhin drohende Überschwemmungen der Vispa. Ein neuer Dammbruch hätte unabsehbare Folgen! Punkt!

Ausbildung erwünscht, rückständiges Schulwesen

Dass der Gemeinderat 1928 die Lonza-Direktion ersuchte, künftig mehr Lehrlinge aus dem Dorf einzustellen, war das eine, das andere, dass sich im Ort immer mehr Unzufriedenheit über den bedauernswerten Zustand des örtlichen Schulwesens breit machte. 

Ein Visper Korrespondent schrieb zu dieser Zeit über die Situation in seiner Heimat, die Zeit für die Einführung einer Sekundarschule sei längst gekommen. Siehe auch Kapitel 19.06 «Gewerbeschule, Haushaltungsschule, Turnhalle und Schulhausplatz».

Lonza ermutigte hoffnungslose Bauern

1928 ging es den Bauern nicht besonders gut. Es fehlte ihnen an Geld, sie litten unter hohen Preisen der Grundgüter, unter der hohen Katasterschatzung, der Steuerlast und der schwierigen Bewirtschaftung sowie unter den schlechten Transportmöglichkeiten. Die Folge davon war die Abwanderung von jungen Leuten. 

Da propagierte die Lonza das Düngemittel «Phosphatsalpeter Lonza» als Bindeglied zwischen Industrie und Bauernschaft. Wenn sich die Bauern verpflichteten, das Austragen von Dünger nach den Weisungen der Lonza AG auszuführen und den Ertrag der Ernte gewichtsmässig feststellen zu lassen, erhielten sie bis zu 50 Kilogramm Dünger gratis.

Die Anlagen der Lonza in Visp im Jahr 1930. Das Werk hatte bereits eine beachtliche Grösse erreicht. Neu wurde der Brennstoff «Meta» entwickelt und die Lonza stellte verschiedene Lösungsmittel und Produkte für die in dieser Zeit heranwachsende, sich rasant entwickelnde chemische Industrie her. Der weisse Rauch entstand bei der Herstellung von Karbid. Erst mit der Umstellung auf die Erdöl-Chemie 1966 verlor die Karbidherstellung zunehmend an Bedeutung.

© Swisstopo 351062

Meta verursachte schwersten Brand

1929 wurden die wichtigsten Betriebe des damaligen Werks durch den schwersten Brand der Lonza zerstört; dieser war von der Meta ausgegangen. Dadurch entstand im direkt anschliessenden Chlorlager auch das Risiko einer Explosion, weshalb dieses Schadenfeuer zu einer Evakuation von Teilen der Visper Bevölkerung taleinwärts zum nahen Staldbach führte. Es kamen aber glücklicherweise keine Personen zu Schaden. Bereits 1909 hatten die Lonzawerke einen Kohlelagerbrand bekämpfen müssen.

Auf das Jahr 1930 lässt sich die Herstellung von Volldünger zurückverfolgen. Später wurde das für die Salpetersäure und für die gesamte organische Chemie wichtige Ausgangsprodukt Wasserstoff als Spaltprodukt aus Benzin gewonnen. Jeden Stoff galt es nach Möglichkeit zu einem bedarfsgerechten Produkt weiterzuverarbeiten. In all den Jahren war die Lonza ihrem Bestreben nach geschlossenen Produktionskreisläufen treu geblieben.

Beim Einstieg in die Düngemittelproduktion vor Beginn des Ersten Weltkriegs gewann man mit den eigenen «Rohstoffen», und das waren damals Wasser und Strom, den wertvollen Ammonsalpeter. Die über 100 Jahre alte Vergangenheit der Lonza-Düngerherstellung ist geprägt von einer intensiven Forschungs-, Entwicklungs- und Versuchstätigkeit auf den Gebieten der Düngerformulierung, der Produktionsverfahren und der Bereitstellung von Dienstleistungen zu sachgerechter und wirtschaftlicher Produkteanwendung.

Lonza, ein grosszügiger Stromlieferant

Während Jahrzehnten war die zuverlässige Versorgung der Bevölkerung des Oberwallis und des Unterwallis mit elektrischer Energie ein wichtiges Anliegen der Lonza. Dabei hatte man es ja nicht mit einer wohlhabenden Bevölkerung zu tun, die finanziell stark belastbar war. So zählten die Tarife von 1930 und 1936 zu den günstigsten der Schweiz, obwohl der Ausbau des Netzes in einer dünn besiedelten Gebirgsregion äusserst kostspielig war. 

In diesem Geist ist die Bemerkung im Lonza-Jubiläumsbuch 1947 zu verstehen, die da lautete: «Im Laufe dieses Jahres werden wir eine der letzten Gemeinden im Wallis, die noch keine elektrische Beleuchtung besitzt, anschliessen. Dafür wird ein Aufwand von 30 000 Franken notwendig, während wir von diesem Anschluss Roheinnahmen von höchstens 1 800 Franken erwarten.»

Zwei Lehrlinge

1930 wurden in den Lonzawerken insgesamt zwei Lehrlinge beschäftigt.

Verschone unsere Häuser... 

1936 reichte der Gemeinderat eine Eingabe an die Lonza-Direktion ein, in der er den Wunsch äusserte, dass die Arbeiterschaft von Visp bei der periodischen Entlassung von Arbeitern möglichst verschont werde.

Lonza als Steuerzahlerin

1936 nahm die Gemeinde von der Lonza AG 21 989.40 Franken an Steuern ein, von den natürlichen Personen 111 199.25 Franken.

Schutz von Belegschaft, Anlagen und Produktion

Im Juni 1937 wurden in den Lonzawerken die Arbeiten für die Organisation eines eigenen Industrie-Luftschutzes an die Hand genommen. Dieser sollte gemäss Instruktionen des eidgenössischen Militärdepartements in erster Linie den Schutz der Arbeiter und Angestellten, in zweiter Linie den Schutz der Anlagen und drittens die Aufrechterhaltung der Produktion garantieren.

«Stein und Bein gefroren»

Die 30er-Jahre waren schwere Krisenjahre und so waren die Leute dankbar, einen Arbeitsplatz zu haben und Lohn für die Familie zu erhalten. Die Arbeit in der Lonza wurde anderen Beschäftigungen und der Landwirtschaft vorgezogen, auch wenn die Bedingungen zuweilen hart waren.

In der Untersuchung von Pfaffen und Stadelmann über Ausserberg hielten diese aus Interviews mit Lonza-Arbeitern, die anfangs der 30er-Jahre geführt worden waren, fest, dass es in den Visper Werken aus Spargründen an betriebsinternen Neuerungen oder Verbesserungen fehlte und dass offenbar gespart wurde. So tönte es etwa: «Da war kein Esssaal, kein Warmwasser zum Waschen, nichts anderes als ständig in diesem stinkenden Betrieb. Das Gewand musste man dort aufhängen, auch dort essen. Sobald die Schicht zu Ende war, musste man sich dort umziehen und fort. Es bestand keine Gelegenheit ins Freie zu gehen, nicht mal ein WC war vorhanden bis zum zweiten Betrieb. Der nachfolgende Betrieb hatte auch keins. Bis zum dritten Betrieb mussten wir gehen und dort..., im Winter, stein- und beingefroren ... Keine Heizung und nichts.»

Grosszügig!

Der Lonza-Chemiker Meinrad Vomsattel schenkte dem neu gegründeten Samariterverein Visp am 25. Oktober 1939 eine Tragbahre.

1939 arbeitete ein Terbiner in der Lonza

Ein einziger Arbeiter aus Visperterminen lief 1939 täglich anderthalb Stunden nach Visp hinunter, um in der Lonza den Verdienst für sich und seine Familie zu finden. Die Strasse nach Visperterminen war erst im Bau. Bereits in den 60er-Jahren waren es dann über 200, die nun per Postcar oder Töff pendelten.

Lonza brauchte Holz in rauen Mengen

Anfangs des Zweiten Weltkriegs wurden in den Burgerwäldern enorm grosse Holzschläge getätigt. Unter anderem benötigte die Lonza für ihre Werke beträchtliche Mengen Spezialholz. Für den Karbidbetrieb wurden ihr jährlich 800 Stangen geliefert. Der Tagespreis pro Stange betrug 80 Rappen.

Personenschutz im Kriegsfall

Im Frühjahr 1940 liess die Lonza-Direktion Pläne für Schutzräume ausarbeiten, in denen die gesamte Belegschaft hätte untergebracht werden können.

Gemeinde als Gewerkschaft

Anfangs 1940 richtete der Gemeinderat die Anfrage an die Lonza-Direktion, ob diese es nicht für angezeigt erachte, der Arbeiterschaft, die von der eingetretenen Teuerung am meisten betroffen war, eine Lohnerhöhung zu gewähren. Prinzipiell erklärte sich die Lonza-Direktion damit einverstanden, Arbeiterfragen mit der Gemeindeverwaltung zu besprechen und sofort die nötigen Erhebungen zu einer Lohnerhöhung einzuleiten. 

Im Kriegsjahr 1940 stellte der Gemeinderat mit Genugtuung fest, dass in der Gemeinde keine Arbeitslosigkeit bestand, weil die Lonzawerke voll ausgelastet waren. Dieselbe Feststellung machte er 1942.

Im Verlauf des Herbsts 1941 ergriff die Gemeinde Visp die Initiative: sie erreichte, dass sämtliche Arbeiterfragen von nun an direkt zwischen den Gemeindeverwaltungen und der Lonza behandelt wurden. Hierfür wurde ein Ausschuss mit den Gemeindepräsidenten von Visp, Gampel und Brig gebildet. 

Wie in der übrigen Schweiz erfreute sich die chemische Industrie eines guten Geschäftsgangs. Ende November 1942 wurden im ganzen Land rund 7 000 Arbeitslose gezählt, im Wallis gar keine. Ausgerechnet während des Zweiten Weltkriegs wurde die vorher lange andauernde Arbeitslosigkeit sozusagen gänzlich beseitigt.

63 Prozent mehr Lonza-Berufstätige in 30 Jahren

Die Statistik des Kantons zeigt für Visp, dass die Anzahl Berufstätige von 1910, als 604 registriert waren, auf 985 im Kriegsjahr 1941 stieg. In der Landwirtschaft waren 1910 193 Personen beschäftigt, 1941 nur noch 82. In Industrie und Gewerbe waren es 1910, unmittelbar nach der Erstellung der ersten Produktionsstätten der Lonza 194. Die Zahl stieg bis 1941 auf 520.

Lonza produzierte Benzinersatz

Im Kriegsjahr 1941, als Benzin zum raren Stoff wurde, begann man in den Visper Lonzawerken mit der Produktion von Vinylchlorid aus Acetylen, Chlor und Wasserstoff. Vinylchlorid und Vinylazetat dienten zur Herstellung von Ersatzstoffen. Paraldehyd diente der Landwirtschaft als Treibstoffersatz. Damit liess sich eine bedeutende Lücke bei den Treibstoffen einigermassen gut ausfüllen.

In den Kriegsjahren erlangte der Lonza-Dünger nationale Bedeutung; hier das Depot für die gefüllten, zum Versand bereiten Säcke, die in den 40er-Jahren in Visp bis zu 40 Lagen hoch aufgestapelt wurden. Während die Produktion von Dünger kontinuierlich lief, unterlag der Verbrauch starken saisonalen Schwankungen. Zum Ausgleich mussten dann verschiedene Hallen mit einer Lagerkapazität von einigen 10 000 Tonnen für verschiedene Düngersorten bereitgestellt werden.

Fotograf unbekannt, erschienen in Fux 1996, zVg/Lonza

Wichtige Rolle der Lonza im «Plan Wahlen»

Der Stickstoff- und Mischdünger, der in wachsenden Mengen aus den Visper Lonzawerken hervorging, half wesentlich mit, die Agrarerzeugung zu forcieren, wie es im «Plan Wahlen» vorgesehen war. Die Zahl der Arbeiter stieg in den Kriegsjahren auf mehr als das Doppelte. Bei Kriegsende führte die Lonza nur noch einen verschwindend kleinen Teil ihrer Erzeugnisse aus. Früher waren drei Viertel ins Ausland gegangen. [Siehe auch Kapitel 19.13 «1943 sollte Visp zur Selbstversorgung zurückkehren».]

Während des Zweiten Weltkriegs – hier 1943 – leistete die Lonza vor allem mit ihren umfangreichen Düngerproduktionen, den bedeutendsten in der Schweiz, einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Landesversorgung. Aber auch andere Produkte – zum Teil völlig neu auf dem Markt – dienten der Armee wie der Landwirtschaft, aber auch dem Ausland, wo Krieg herrschte. Die Siedlung hatte sich mit Ausnahme von verschiedenen Lonzahäusern noch kaum in das Gebiet nördlich der Bahnlinie gewagt. Völlig neu war zu diesem Zeitpunkt der Getreidesilo der Mühle Nussbaum. Östlich der Litterna gab es erst Äcker und Wiesen.

Fotograf unbekannt, erschienen in Fux 1996, zVg/Lonza

Erzwungene Kriegsproduktion

Gemäss Bergier-Bericht war die Lonza, die auch seit Langem Filialwerke in Süddeutschland betrieb, wie andere Firmen und Tochtergesellschaften durch das Nazi-Regime gezwungen, Kalziumkarbid (Düngemittel) auch in Deutschland zu produzieren. 

Produzenten in der Schweiz hatten sich zu fügen. Damit liefen sie aber auch Gefahr, den Gegnern Deutschlands, den Alliierten zu missfallen. Aber die Tätigkeit der Lonza galt hüben wie drüben als unverzichtbar. So produzierte eine Lonza-Tochtergesellschaft ennet des Rheins synthetische Seide für Fallschirme.

Hatte Lonza vor dem Krieg von ihren Standorten in Deutschland profitiert, wurden diese während des Kriegs eher zur Belastung. Vorgeschriebene Kontrollen wurden jedoch kaum gemacht, mit der Entschuldigung, der Verkehr wäre zum Erliegen gekommen – damals nichts Ungewöhnliches.

Lonza mit eigener Sackfabrik

Mehr Arbeit auch für junge Visperinnen gab es in der Lonza ab dem Zweiten Weltkrieg, als das Werk den grossen Bedarf an Säcken für die Verpackung ihrer Produkte in einer eigenen Sackfabrik deckte. Es ging da um eine Tagesproduktion von bis zu 130 Tonnen Kunstdünger, die es zu «versacken» galt. Die Säcke waren alle mit dem Markenzeichen, dem Lonza-Luchs, versehen und trugen den Namen «Lonza Visp» weit in die damals noch viel bedeutendere Landwirtschaft der Schweiz. 

Der Betrieb war in der Lonza während Jahrzehnten von Bedeutung, ja ein Begriff. 1989 hatte die Sackfabrik allerdings ausgedient. Der Raum wurde fortan anderweitig benötigt. Nach einem entsprechenden Umbau diente die Halle als zentrales Emballagenlager. Dieses bot circa 2000 Paletten-Plätze im Fachlager und 1500 im Blocklager.

Mit gestalterisch wertvollen Plakaten bewarb Lonza AG ihren Kunstdünger.

© Lonza

La Poste gehörte fortan Lonza

An der Urversammlung 1941 gab Gemeindepräsident Alex Mengis bekannt, dass der Kinosaal des La Poste mit Hotel und bedeutendem Umschwung von der Lonza AG erworben wurde. Diese hatte sich bereit erklärt, diese Räumlichkeiten der Gemeinde und den Vereinen zu günstigen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Lonza AG stellte 1942 das Begehren, das ehemalige Hotel Post in ein Restaurant und Wohnungen umzubauen.

Der Entwurf von Otto Pfänder aus dem Jahr 1941 für eine Wandmalerei für die Lonza zeigt unter anderem Szenen der landwirtschaftlichen Arbeit, bei der Lonza-Produkte zur Anwendung kamen. Pfänder malte mit Gouache (lackiert) auf Papier; das Bild ist 14 Zentimeter hoch und 56,5 Zentimeter lang.

Walliser Geschichtsmuseum, 2009 erworben, MV 12445 © Kantonsmuseen Wallis, Sitten, Foto Jean Yves Glassey

Lonza-Szenen als Wandmalerei

1941 erhielt der aus Baden-Württemberg stammende Maler Otto Pfänder, der in Brig wohnhaft war, den Auftrag, in der Kantine der Visper Lonzawerke und in der Lonzastube im Restaurant La Poste, das damals dem Industrie-Unternehmen gehörte, Wandmalereien anzubringen. Werke des Briger Künstlers sind noch heute an Innenwänden des Restaurants Eyholz zu besichtigen.

Hochzeit vor Arbeitsbeginn

Noch in den 40er-Jahren sollen Pärchen am Morgen um 6 Uhr in der Frühmesse geheiratet haben, damit der frischgebackene Ehemann um 7 Uhr in der Lonza zur Arbeit antreten konnte.

Palette der Kunststoffe erweitert

1942 erweiterte die Lonza die Produkte-Palette um Polyvinylchlorid. 1950 stellte sie als Folgeprodukte der Essigsäure Diketen und Diketen-Derivate her. Bereits 1924 hatte man im Werk Visp mit der Wasserelektrolyse und der Herstellung von Ammoniak und Salpetersäure begonnen, 1925 mit der Arbeit im Bereich der Kunststoffe. Es wurde Cellulose-Acetat produziert.

Von Bomben nicht verschont

Der frühere Rektor der Pfarrei Visp, Josef Indermitte, berichtete, am 11. Dezember 1942, um 10 Uhr abends, habe einmal mehr eine Kriegsstaffel das Rhonetal überflogen. Ein Flugzeug habe dann im Goler eine vier bis fünf Tonnen schwere Sprengbombe abgeworfen. Diese soll etwas oberhalb der Talebene einen 6 Meter breiten und 2 bis 3 Meter tiefen Krater geschlagen haben. Die Brandbomben seien seitwärts hinauf bis zum Albenried geschleudert worden. 

Die Bombe habe offenbar der Lonza gegolten. Diese Annahme wurde auch damit begründet, dass in derselben Nacht im aargauischen Sins ebenfalls eine solche niederging; dort hatte die Lonza ja ebenfalls eine Niederlassung.

Produktionsverdoppelung bereitete Lonza Sorgen

Im Jahresbericht des Geschäftsjahrs 1942/43 der Lonza AG stellte Verwaltungsratspräsident M. Golay fest, dass die zum Teil durch die Kriegsverhältnisse bedingte Produktionssteigerung für das Unternehmen insofern ein Problem darstelle, als damit schwerwiegende Fragen der Kapitalinvestition verbunden seien. 

Die Verdoppelung existierender Fabrikationseinheiten oder die Schaffung neuer Anlagen erfordere jeweils beträchtliche Mittel. Dabei sei es nur sehr schwer möglich, sich ein klares Bild von der Rentabilität derartiger Erweiterungen in der Nachkriegszeit zu verschaffen.

Industrie-Luftschutz-Organisation

Die Industrie-Luftschutz-Organisation, die 1943 unter der Aufsicht der Gemeinde geschaffen wurde, bestand aus 105 Männern und Frauen. Ihren Pflichten und Aufgaben entsprechend waren die Dienstzweige verschieden stark. So hatte man grosse Bestände bei der Feuerwehr, der Sanität und Polizei, kleinere bei Alarm, Beobachtung und Verbindung, chemischem Dienst und Gasschutz.

Die Lonza-Löhne mitten im Krieg

Die Lonza und die Organisation der Belegschaft vereinbarten 1943 Maximal- und Minimallöhne: Berufsarbeiter: 1.50–1.80 Franken pro Stunde; Angelernte Arbeiter: 1.30–1.50 Franken, Hilfsarbeiter über 20 Jahre: 1.25–1.45 Franken, Hilfsarbeiter von 18 bis 20 Jahren: 1.00–1.25 Franken; Arbeiterinnen über 20 Jahre: 0.70–0.85 Franken; Arbeiterinnen von 18 bis 20 Jahren: 0.60–0.75 Franken.

Schon damals gab es eine Art Leistungslohn, indem beim Aufstieg vom Minimal- zum Maximallohn die Leistungen des Arbeiters berücksichtigt, aber auch die Jahre treuer Pflichterfüllung gewürdigt wurden.

Noch 1944 fehlten gelernte Walliser weitgehend

1944 waren in der Lonza in Visp 1 570 Arbeiter und 180 Angestellte beschäftigt. Das Oberwallis stellte dabei vorwiegend die Handlanger, weil die Gelegenheit für die Berufsbildung der Jugendlichen weitgehend gefehlt hatte. 

So kamen die gelernten Kräfte dann logischerweise aus der übrigen Schweiz. Sie nahmen die unverzichtbaren Stellen der Chemiker, Techniker, Werkmeister und Büroangestellten ein.
Von den Arbeitern wohnten zwischen 200 und 300 in Visp, die Angestellten fast alle.

Bei Kriegsende 1 767 Mitarbeitende

1945, bei Kriegsende, zählten die Lonza-Werke in Visp 1 767 Mitarbeitende. Diese kamen aus 26 verschiedenen Oberwalliser Gemeinden: Visp 380, 230 Arbeiter, 150 Angestellte, 23% –, Gampel 130, Steg 112, Raron 85, Eyholz 83, Glis 84, Lalden 82, Naters 83, Baltschieder 63, Eggerberg 60, Hohtenn 60, Mund 60, Stalden 62, Visperterminen 31, Ausserberg 30, Bürchen 30, Niedergesteln 30, Staldenried 30, Bratsch 25, Ried-Brig 27, Unterbäch 25, Brigerbad 23, Eischoll 20, Leuk 10, Törbel 10, Turtmann 12. Weitere 14 Gemeinden stellten je 1 bis 9 Mitarbeitende.

General Guisan dankte der Lonza

Zwei Monate nach Kriegsschluss, am 5. Juli 1945, besuchte General Henri Guisan, oberster Befehlshaber der Schweizer Armee, in Begleitung von Ständerat Dr. Wahlen, Schöpfer und Leiter des Anbauwerks, die Fabrikationsanlagen der Lonza in Visp. Die Walliser Regierung war durch den Visper Staatsrat Karl Anthamatten und die Gemeinde durch Gemeindepräsident Adolph Fux vertreten. Die Gäste wurden vom damaligen Lonza-Generaldirektor Schenker begrüsst.

Die Erzeugnisse der Lonza-Fabrikationswerkstätte seien für die Kriegswirtschaft und in besonderer Weise für die Landwirtschaft bedeutungsvoll gewesen, sagte der General, der kurz darauf in den Ruhestand trat. Er dankte dem Unternehmen für seinen Beitrag an die schweizerische Volkswirtschaft, das heisst an die Landesversorgung während der zu Ende gegangenen Kriegsjahre.

Häuser für Angestellte

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs baute die Lonza an der Kreuzung Kleegärtenstrasse-Birkenweg für ihre Mitarbeitenden zehn in der Mitte getrennte Zweifamilienhäuser, in denen 20 Mitarbeitende mit ihren Familien wohnen konnten. Das war der Start der Überbauung der Kleegärten, der anfänglich nur zögerlich vor sich ging. Das Haus Nicolazzi hatte inzwischen südöstlich ein sogenanntes Kalbermatten-Haus als Nachbarn erhalten, weiter nördlich, nach wie vor alleinstehend, das Holzhaus des damaligen Gemeindepräsidenten Adolf Fux.