Am 6. Oktober 1972 feierte die Lonza in guter Stimmung das Jubiläum zu ihrem 75-jährigen Bestehen. Die erste Etappe der Feier fand auf der Burg in Raron statt, wo das Unternehmen als Jubiläumsgeschenk für circa eine Million Franken die dortige Burgkirche gediegen hatte restaurieren lassen; die Kirche hatte Ulrich Ruffiner um 1500 erbaut. Dort sprachen Bundesrat Hans-Peter Tschudi und Bischof Nestor Adam. Das Orchester Tibor Varga umrahmte die Feier.
Am Nachmittag fand sich die Festgesellschaft im La Poste-Saal ein. Verwaltungsratspräsident Dr. Jürg Engi konnte in seiner Rede ein weiteres Jubiläumsgeschenk bekannt geben: eine wesentliche Erhöhung der Leistung der firmeneigenen Pensionskasse für die Arbeitnehmenden im Stundenlohn; damit sollte eine Anpassung an die schon früher ausgebaute Altersvorsorge für die Angestellten erfolgen. Damals waren in Visp 2 598 Mitarbeitende für die Lonza tätig.
Blitz aus heiterem Himmel
Am 5. November 1973 wurde frühmorgens die Meldung verbreitet, das Unternehmen Lonza AG sei vom Weltunternehmen Alusuisse übernommen worden. Die Reaktionen auf die Übernahme fielen skeptisch aus; das Unterfangen wurde im Walliser Boten vom 6. November 1973 als «überraschend, negativ und nicht ungefährlich» bezeichnet. «Blitz aus heiterem Himmel: Alusuisse übernimmt Lonza!», hiess der Titel und der Chefredaktor fasste zusammen: «Summa summarum: wir sind auf gutem Wege, in eine Politik hineinzugeraten, die der Grossteil unserer Bevölkerung nicht will.»
Luzius Theler schrieb: «76 Jahre nach seiner Gründung, nach vielen Stürmen und Krisen, wird das Werk der ‚Pioniere und Partner‘ in einer Zeit von einem Grosskonzern übernommen, in der die Geschäftsberichte alles andere als schlecht oder pessimistisch lauteten. Die Lonza AG wird von nun an kleiner und darum wohl auch verletzlicher Bestandteil eines internationalen Grossunternehmens sein, ein Posten unter vielen in der vielschichtigen Bilanz...»
Lonza nur noch Tochtergesellschaft!
Zwar werde die Lonza als Tochtergesellschaft weiterhin figurieren, befehlen werde jedoch die Alusuisse. Es hiess, aus Gründen der besseren Risikoverteilung habe Alusuisse schon lange versucht, in die Chemie einzusteigen. Das war um so leichter, weil an der Spitze starke Personalverbindungen herrschten: Lonza-Verwaltungsratspräsident Jürg Engi war Verwaltungsrat der Alusuisse und Alusuisse-Verwaltungsratspräsident Emanuel Meyer war Verwaltungsrat der Lonza.
Wer die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Schweiz verfolgte, hatte schon in den Wochen zuvor gewusst, dass um die Lonza AG etwas im Tun war. Was sich aber tat, wussten nur sehr wenige Mitglieder des Führungsstabs der beiden Unternehmen. Das ganze Fusionsgeschäft hatte sich scheinbar auf höchster Ebene vollzogen. Die neue Lage brachte eine Konzentration auf dem Energiesektor, da sowohl die Alusuisse als auch die Lonza eigene Kraftwerke betrieben.
Die Standortregionen, also vor allem das Wallis, wurden nicht begrüsst; eigenartigerweise hatte auch die Regierung in Sitten nichts davon gewusst, ebenso wenig die alt Staatsräte, die sowohl bei der Alusuisse als auch bei der Lonza im Verwaltungsrat sassen. Die rund 5 000 Mitarbeitenden beider Konzerne mit ihren Arbeitnehmerverbänden waren ebenfalls nicht informiert worden.
Im Oberwallis fiel der Abschied von der Lonza nicht leicht, auch wenn der Name noch bestehen blieb. Bei der Bevölkerung machte sich Sorge breit, denn Alusuisse befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht gerade in ausgezeichnetem Zustand.
Anfangs 1974 machte sich auch die Gemeindeverwaltung von Visp ihre Gedanken über diese Ereignisse, die ihre wirtschaftlichen Grundlagen erschüttern konnten. Es ging um die Frage, ob die Fusion der Lonza, des grössten Steuerzahlers und Arbeitgebers, mit der Alusuisse negative Auswirkungen zeigen würde.

Die Düngerproduktion war 1978 in den Lonzawerken in Visp noch von Bedeutung, hier die Düngerabsackanlage. 1990 feierte das Unternehmen zusammen mit seinen Kunden – rund 1 200 Personen aus der schweizerischen Landwirtschaft – das 75-jährige Jubiläum seiner Düngerherstellung und präsentierte dabei die neue Komplex-Düngeranlage.
Fotograf unbekannt, zVg/Raymond Perren
Belegschaft der Lonza mehrheitlich im Wallis beheimatet
1979 waren rund 82 Prozent der Belegschaft der Visper Lonzawerke im Wallis beheimatet und mehr als die Hälfte wohnten sogar in ihrer Heimatgemeinde; bei den «Angestellten» waren es knapp 28 Prozent. Dafür war ein Viertel der Angestellten in einem anderen Schweizer Kanton heimatberechtigt, bei den Arbeitern waren dies nur 5 Prozent. Angestellte und spezialisierte Kader – Chemiker, Techniker, Ingenieure, Ökonomen – wiesen eine viel höhere Mobilität auf als die gelernten und vor allem die ungelernten Arbeiter.
Nutzbringender Wasserdampf
1981 erwies sich die Entnahme der Gegendruck-Turbine mit einer Leistung von 20 Megawatt als letzte Lonza-eigene Stromproduktion. Im Werk Visp bestand ein grosser Bedarf an Dampf, der unter hohem Druck erzeugt wurde.
Bodentausch zwischen Gemeinde und Lonza
Damit der Bau eines Hochregal-Lagerhauses realisiert werden konnte, trat die Gemeinde 3 134 Quadratmeter ihres Grundstücks in den Weidlösern ab. Bei diesem Grundstück handelte es sich um die Bodenreserve im Ausmass von 36 648 Quadratmetern, die 1966 von der Burgerschaft als Entschädigung für die Abgeltung der Lasten am Bau von Schulanlagen übernommen worden war.
Die Lonza ihrerseits trat Grundstücke von 2 177 Quadratmetern in den Kleegärten und 651 Quadratmetern in der Litterna ab, welche zur Arrondierung des Kunsteisbahnareals benötigt wurden. Als Preisbasis für den Bodentausch galt grundsätzlich der Katasterwert.
Das Hochlager in Visp
Im Herbst 1981 wurde das Hochlager in Betrieb genommen. In dem Gebäude, das von aussen unübersehbar ist, wurden versandfertige Chemikalien zwischengelagert, insgesamt rund 40 Produkte.
Diesem markanten Lonzagebäude widmete die Schweizerische Handelszeitung 1983 einen ausführlichen Beitrag. Das Lager besteht aus dem 90 Meter langen, 15 Meter breiten und 27,5 Meter hohen eigentlichen Lagertrakt, der auf 21 Etagen insgesamt 9 294 Paletten aufnehmen kann. Drei Lagermaschinen sorgen für die automatische Bedienung.
Lonza sah Zukunft in der Feinchemie
Im Frühjahr 1982 bekam die chemische Industrie weltweit und damit auch die Lonza die Härte der allgemeinen Rezession zu spüren, noch stärker als im Jahr zuvor. Es hiess, alle westlichen Chemieunternehmungen seien gezwungen, ihre Tätigkeiten zu überprüfen. In den meisten Fällen sei eine Umstrukturierung die Folge. Auch die Lonza war mit diesem Problem konfrontiert; im Jahr 1983 erfolgte der Umstieg auf Feinchemie. Das zu diesem Zeitpunkt bearbeitete Investitionsvolumen für Feinchemikalien belief sich auf mehr als 100 Millionen Franken.
Das setzte einiges an Sparmassnahmen voraus, wobei auch die Belegschaft einen nicht zu unterschätzenden Betrag leistete, der im Jahresbericht 1982 des Unternehmens wie folgt erwähnt wurde: «Unsere Mitarbeitenden haben mit grossem Einsatz dazu beigetragen, dass Lonza trotz Rezession auch im vergangenen Jahr ein befriedigendes Ergebnis erwirtschaften konnte. Dafür und für das Verständnis, das sie den notwendig gewordenen Restrukturierungsmassnahmen entgegengebracht haben, danken wir ihnen.»
Bereits Mitte der Siebzigerjahre hatte man eine Strategie ausgearbeitet, die eine konsequente Ausrichtung auf Feinchemie mit höherer Wertschöpfung sowie chemische Spezialitäten vorsah. Basischemikalien, die bis dahin den grössten Teil ausmachten, sollten nur noch dann hergestellt werden, wenn sie intern notwendig waren oder auch in Zukunft gewinnbringend verkauft werden konnten.
77 Prozent der Mitarbeitenden von auswärts
Zu gewissen Tageszeiten herrschte auf Visps Strassen auch in der touristischen Zwischensaison ein reger Betrieb, nämlich dann, wenn der Lonza-Verkehr von der Unterführung her ins Strassennetz der Gemeinde einfloss. Car um Car bog auf die Strassen der verschiedensten Richtungen ein, dazu eine grosse Zahl Privatautos, Motorräder, Velos und auch Fussgänger, die dem Bahnhof und der Post zuströmten. Da ist es doch interessant zu wissen, woher die vielen Mitarbeitenden in die Oberwalliser Industriemetropole strömten, wie viele täglich ein öffentliches oder privates Verkehrsmittel benützen mussten, um ihrem Broterwerb im Werk Visp nachgehen zu können. Nun, von den 2 382 Mitarbeitenden, die das Werk 1982 beschäftigte, kamen nicht weniger als 1 845 oder 77,5 Prozent von auswärts – Lernende nicht mitgerechnet.
Sie reisten praktisch aus dem ganzen Oberwallis an. Wenige kamen aus dem Unterwallis und eine stattliche Zahl Grenzgänger aus Italien. Nach Ortschaften beziehungsweise Regionen aufgeteilt, ergab sich folgendes Bild: Brig-Glis 241, Naters 151, Visperterminen 146, Gampel/Steg/Hohtenn 115, Raron/St. German/Niedergesteln 113, Stalden 85, Brigerberg/Simplon 71, Mund/Birgisch 69, Baltschieder 62, Lalden 59, Törbel 56, Bürchen 52, Staldenried 49, Saastal 49, Östlich Raron 44, Rest Bezirk Leuk 40, Goms 38, Eggerberg 36, Unterbäch 33, Mattertal 31, Ausserberg 27, Eischoll 23, Unterwallis 19, Zeneggen 17, Lötschental 3, Waadt 3, Neuenburg 1, Zürich 1.
Organisation der Personentransporte
1982 beschloss die Lonza AG eine Reorganisation ihrer Personentransporte. Zur Hauptsache bestand diese in der Zusammenlegung von zwei Linien, der Verkürzung von Strecken und Umstiegen; zudem konnten schlecht frequentierte Strecken von den Mitarbeitenden selbst oder mit einem Wagen, den das Werk zur Verfügung stellte, zurückgelegt werden. Diese Personaltransporte kosteten total 2 350 000 Franken. 12 Prozent davon berappten die Benützerinnen und Benützer mit ihren Abonnementen, während der Lonza AG 2 065 000 Franken oder 88 Prozent verblieben.
Theaterhalle wurde Essraum und Lagerhalle
1982 zerstörte ein Feuer die Lagerhalle, welche die Lonza AG erworben hatte, nachdem sie den Visper Mimen als Theaterraum gedient hatte. Die Lonza hatte die Liegenschaft für die Bedürfnisse ihres Gutsbetriebs gekauft und zunächst als Essraum verwendet.
1⁄4 des Energiebedarfs durch Abfälle gedeckt
1983 deckten die Visper Lonzawerke ihren gesamten Energiebedarf wie folgt: 41 Prozent elektrische Energie, 20 Prozent Erdgas, 13 Prozent Erdölprodukte (Heizöl, Treibstoffe), 2 Prozent Kohle, 24 Prozent Abfälle.
11 Millionen Franken für das Gewerbe
1983 vergab die Lonza im Kanton Wallis Aufträge im Gesamtwert von 25 Millionen Franken an Bauunternehmungen, mechanische Werkstätten, Maler, Schreiner, Schlosser und andere sowie an Lieferanten von Material verschiedenster Art.
Auf die einzelnen Bezirke aufgeteilt, ergaben sich folgende Beträge: Bezirk Visp: 10,76 Millionen Franken (43 Prozent), Bezirk Brig: 4,92 Millionen Franken (20 Prozent), übrige Oberwalliser Bezirke: 1,63 Millionen Franken (7 Prozent), Unterwallis: 7,65 Millionen Franken (31 Prozent).
Sozialdienst räumlich getrennt
1986 zog der Sozialdienst aus den Lonza-eigenen Räumlichkeiten aus und richtete sich an der unteren Bahnhofstrasse ein. Damit wurde die weitgehende Unabhängigkeit der Stelle vom Werk zusätzlich unterstrichen. Die Einrichtung stand jedermann zur Verfügung, wenn es Probleme irgendwelcher Art gab.
Sozialarbeiterin Annie Herger war 1973 für ein paar Jahre nach Visp gekommen, um dort zu arbeiten. Danach nahm sie wieder ihre Auslandstätigkeit in der Entwicklungshilfe auf. Längst ist sie pensioniert und in Visp heimisch geworden.
Visper Burger Lonza-Direktor
Als am 1. April 1986 der Visper Werksdirektor Dr. Roland Brönnimann (48) die Lonza verliess, um in Basel beim Chemie-Riesen Hoffmann-La Roche einen hohen Führungsposten zu übernehmen, wurde Dr. Gerhart Schreiner (47), der im österreichischen Graz aufgewachsen war, zu seinem Nachfolger bestimmt. Vorher hatte Schreiner bei Lonza Basel die Leitung der Sparten organische Chemie und Agrochemie innegehabt. Er war Burger von Visp.
Umweltschutz im Vordergrund
Für 1987 legte die Lonza das Hauptgewicht ihrer Investitionstätigkeit auf den Umweltschutz. Sie werde nach anderthalb Jahren den Schadstoffausstoss nochmals um die Hälfte verringern, tönte es vom Werk her.
Umweltschutz- und Sicherheitschef Alfons Egger erklärte, mit insgesamt 29 Millionen Franken werde das Unternehmen seine Umweltbelastung im Zeitraum von einem guten Dutzend Jahren von 100 Prozent (im Jahr 1975) auf 15 Prozent (Ende 1987) verringert haben. Werksdirektor Gerhart Schreiner führte aus, die Lonza werde sowohl im abgelaufenen Jahr (1986) wie auch im folgenden Geschäftsjahr in der Gewinnzone verbleiben.
Drohende Energiesteuer – Drohgebärden der Lonza
Die günstigen Strompreise, die ursprünglich für die Standortwahl der Lonza ausschlaggebend waren, wogen bis 1987 Standortnachteile auf. Bei der Bilanzpräsentation 1987 hielt Verwaltungsratspräsident Dr. Yvo Gerster fest, es mache nun den Anschein, dass eine drohende Energiesteuer zu Wettbewerbsnachteilen der Lonza führen könnte.
Von der Chemieproduktion der Lonza in der Schweiz würden 90 Prozent in den Export gehen. Auch im Heimmarkt Schweiz müsse man sich laufend der internationalen Konkurrenz stellen. Alusuisse/Lonza sei der grösste industrielle Energiekonsument der Schweiz. In den vorausgegangenen sieben Jahren sei der Verbrauch der Unternehmensgruppe Alusuisse/Lonza in der Chemie gleichgeblieben, obwohl die Produktion um 20 Prozent zugenommen habe. Die erzielten Ersparnisse seien also beträchtlich. Mit dem Rückgang des Verbrauchs von Erdölprodukten und dem Ersatz derselben durch Abfälle, Abwasser und Erdgas liefere Lonza bereits 49 Prozent der benötigten Energie.
In seinem Bericht erachte der Bundesrat die Einführung einer Energiesteuer von 10 Prozent als sinnvoll und wünschenswert. Man glaube, damit den Energieverbrauch drosseln zu können. Eine künstliche Erhöhung der Energietarife sei für Lonza nicht akzeptierbar, denn die Konsequenz wäre für sie die Stilllegung von Betrieben und ganzen Produktionsstätten. Für Alusuisse/Lonza würde nämlich eine 10-prozentige Energiesteuer im Bereich Chemie zu Mehrausgaben von 10 Millionen Franken führen. Auch im Werk Visp müssten mit dieser Steuer einige Betriebe stillgelegt werden und eine weitere Expansion des Werks wäre unmöglich. Die Gruppe sei darauf angewiesen, dass genügend Energie erhältlich sei, dass diese nicht künstlich verteuert werde und dass die freie Wahl unter den Energieträgern garantiert bleibe.
Hotel wurde Haus der «Stromer»
Nachdem die Lonza anfangs der Zwanzigerjahre das frühere Hotel «des Alpes» gekauft hatte, zogen die damaligen Walliser Kraftwerke (WKW) ins Parterre ein; vorher hatten sie ihren Sitz in der Villa Peter an der Gliserallee gehabt. Die stattliche Hotelterrasse auf der Ostseite des Hotels überdauerte noch Jahrzehnte, bis die Bahnhofstrasse 1987 verbreitert und in eine autofreie Zone umgewandelt wurde.
Der westlichste Raum des Erdgeschosses diente dem Lonza-Gutsbetrieb, der sämtliche Ökonomiegebäude betrieb, bis er ausgangs der 60er-Jahre einem Parkplatz weichen musste.
Der erste Visper Standortleiter
1988 wurde der in Visp aufgewachsene 47-jährige Chemiker Dr. Leander Tenud als Nachfolger von Dr. Gerhart Schreiner als erster Walliser zum neuen Direktor der Walliser Lonzawerke in Visp ernannt. Tenud, der bisherige Leiter der Forschung und Entwicklung, wurde gleichzeitig Stellvertreter der Geschäftsleitung der Lonza AG mit weltweiter Technologie-Verantwortung.
Tenud hatte 1960 sein Chemiestudium an der ETH aufgenommen; nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums arbeitete er dort bis 1969. Nach einem USA-Aufenthalt begann der Doktor der Chemie 1970 seine Tätigkeit als Forschungschemiker bei der Lonza in Visp und wurde 1978 Sektionsleiter der Forschungsabteilung. Nach seinem Weg an die Spitze der Forschung und Entwicklung (1985) wurde er am 1. April 1988 zum Direktor des Lonza-Standorts Visp gewählt.
Auf 1. April 1997 stieg er dann in das höchste operative Gremium von Alusuisse-Lonza auf; man berief ihn zum Leiter des Bereichs Chemie in die Konzernleitung. Im gleichen Jahr ernannte ihn die Burgerschaft Visp zum Ehrenburger.
Grösster Bodentausch in Visp
Nach mehr als einem Jahr Verhandlungen besiegelten die Lonza AG und die Burgerschaft Visp 1989 einen bedeutenden Handel. Es handelte sich um einen Bodentausch: Die Burgerschaft trat der Lonza circa 53 000 Quadratmeter Industrieland in den Eyelösern ab und erhielt als Gegenleistung den Lonza-Gutsbetrieb in der Grosseye mit circa 220 000 Quadratmetern Fläche. Dazu gehörten Gebäulichkeiten und Fahrhabe sowie 9 000 Quadratmeter Boden in den Weidlösern.
Das Industrieland in den Eyelösern grenzte unmittelbar an den westlichen Rand des bestehenden Lonza-Areals. Somit stellte es eine Industrielandreserve für die längerfristige Entwicklung dar, was wiederum gute, sichere Arbeitsplätze garantierte. Mit diesem grössten Bodentausch, der je in Visp vorgenommen wurde, gelangte die Burgerschaft in den Besitz einer grösseren Baulandreserve, die einerseits einen bedeutenden Beitrag an die landwirtschaftliche Versorgung leistete, anderseits aber für künftige Industrieansiedlungen bedeutend werden konnte.
Nach Lonza-Deal fehlte Industrieboden
An der Burgerversammlung vom 4. Juni 1989 ging es um das Einzonen der unteren Wehreye und der Pomona. Aus der Sicht des Burgerrats war dies von grosser Bedeutung. Seit Jahrzehnten pflege die Burgerschaft eine offene Bodenpolitik gegenüber der Grossindustrie sowie dem Mittel- und Kleingewerbe. Mit dem Tausch des Industriebodens im Ausserlos gegen den Gutsbetrieb der Lonza in der Grosseye werde die Burgerschaft Visp künftig jedoch nur noch über sehr wenig Boden für das Mittel- und Kleingewerbe verfügen.

Die Direktoren der Lonza Visp seit 1967: 1967 Tadeusz Sztachelski, 1982 Roland Brönnimann, 1985 Gerhart Schreiner, 1988 Leander Tenud, 1997 Stéphane Mischler, 2006 Klaus Kalbermatter, 2009 Stéphane Mischler, 2012 Stefan Troger, 2013 Raoul Bayard, 2015 Jörg Solèr, 2019 Renzo Cicillini.
Bildquellen: Walliser Bote, Volksfreund, RZ, Josef Salzmann, zVg
90 Millionen Franken investiert
1989 investierte die Lonza AG nicht weniger als 90 Millionen Franken in die Visper Werke. Damit erreichte das jährliche Investitionsvolumen eine neue Rekordhöhe.
«Prix eta» für Visper Lonza-Mitarbeiter
Am 10. September 1990 durfte der in den Lonzawerken Visp tätige Maschineningenieur Erich Widmer in Broc aus der Hand von Bundesrat Adolf Ogi den zum zweiten Mal vergebenen «prix eta» entgegennehmen. Mit dem Preis werden Unternehmen oder Einzelpersonen ausgezeichnet, die durch eine clevere oder geniale Idee dazu beitragen, elektrische oder andere Energie effizienter einzusetzen.
Erich Widmer erhielt seine Auszeichnung für eine nicht alltägliche Wärmerückgewinnung in den Lonzawerken, dank der dort pro Jahr nicht weniger als 4,5 Millionen Kilowattstunden eingespart wurden. Die Jury würdigte diese Idee als Projekt mit Signalwirkung für ähnliche Anwendungen.
Lonza erhielt Verwaltungsgebäude
1990 bezogen die Visper Lonzawerke ihr neues Verwaltungsgebäude an der Stockmattenstrasse. Es handelt sich um einen modernen vierstöckigen Bau mit reflektierender Glasfassade und einem Innenhof, der mit einem Glasdach abgedeckt ist. Drei Konferenzräume und eine Cafeteria sind dort untergebracht. Die Büros sind um den Innenhof angeordnet, die Gänge gegen den Innenhof offen. Mit dem Neubau wollte man eine Verbesserung der Kommunikation durch räumliche Konzentration erreichen, die einzelnen Verwaltungsfunktionen zusammenlegen und eine Image-Verbesserung bei den Kunden und in der Öffentlichkeit erreichen.
75 Jahre Düngerherstellung
1990 feierte Lonza zusammen mit ihren Kunden – rund 1 200 Personen aus der schweizerischen Landwirtschaft – das 75-jährige Jubiläum ihrer Düngerherstellung. Dabei konnte auch die neue Komplex-Düngeranlage präsentiert werden.
Drei Jahre später wurde diese jedoch geschlossen. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts sank mit zunehmendem Wohlstand der Stellenwert der Grundnahrungsmittel und damit auch die Bedeutung der Düngemittel. Gleichzeitig stieg die Kritik am Einsatz von Düngemitteln wegen der potenziellen Umweltgefährdung. Danach führten auch die zu langen Transportwege ins Wallis und der enorme Konkurrenzdruck zu Zielsetzungen, welche den einst so wichtigen Düngersektor rasch in den Hintergrund drängten.
Heute hat Dünger bei Weitem nicht mehr erste Priorität im Werk. Im AMS-Betrieb werden aber jährlich nach wie vor circa 50 000 Tonnen Mineraldünger hergestellt und auf dem Schweizer Markt verkauft.
Alfons Egger, Lonza-Chemiker
1988 übersetzte der Visper Chemiker Alfons Egger zum 200. Geburtstag des Chefingenieurs des Kantons Wallis dessen «Abhandlung über die Veränderungen der Temperatur in den Schweizer Alpen» aus dem Jahr 1821 ins Deutsche.
[Siehe auch Kapitel 21.01 «Visper brachten die Petrochemie zum Laufen»]
Lonza-Schneckenkörner schonten Regenwürmer
1990 ergaben Versuche in den Lonzawerken, dass die Schneckenkörner mit Metaldehyd (Meta) keine unerwünschten Nebenwirkungen für die Regenwürmer hatten, die diese frassen. Warum so viel Aufhebens? Der Regenwurm hat eine wichtige Funktion im Boden: Er frisst zum Beispiel Pflanzenreste, das heisst das, was nach der Ernte auf dem Boden liegen bleibt, und gräbt vertikale Gänge bis zu einem Meter Tiefe. Ohne Regenwürmer ist der Stoffumsatz im Ökosystem langsamer und auch der Lufthaushalt des Bodens nicht voll funktionsfähig. Deshalb muss dem Regenwurm, den Bodenorganismen und dem Boden selbst Sorge getragen werden.
Stabiler Energiebedarf
Dank einer Reihe von Optimierungsmassnahmen und energiebewusstem Verhalten war der Energiekonsum der Lonza 1992 nicht grösser als 1980.
Was den Strom anbelangt, hatte die Lonza 1992 den gleichen Verbrauch wie eine Stadt mit 90 000 Einwohnern, nämlich über 1 370 000 MWh. Dies entsprach 14-mal dem Verbrauch der Gemeinde Visp.

1991 wurde der markante, 45 Meter hohe Hochkamin bei der alten Dampfanlage in den Lonzawerken abgebrochen – hier in einer Aufnahme aus den ersten Jahren der Fabrik. Seit 1969 war er nicht mehr in Betrieb gewesen und diente nur noch als Reserveanlage. Mit dem Abbruch des Kamins verschwand mitten im Werk eine Anlage, die während der ersten Industrialisierungsphase im Wallis, 1917, gebaut wurde und ein Symbol für den damaligen Stand der Umwelttechnik war.
Fotograf unbekannt, in Fux 2005
Hochwassersicherheit im Werk
1993, als die reissenden Wassermassen der Saltina die Stadt Brig-Glis überschwemmten, beunruhigte das Hochwasser des Rottens erneut die Lonzawerke; sie entgingen nur knapp einer Überschwemmung. An mehreren Abschnitten fehlten nur wenige Zentimeter und der Rotten wäre über die Dämme in Richtung Werk geflossen. Die Lonza mussten mit ähnlichen Konsequenzen wie 1987 rechnen, das heisst erneut musste mangels Kühlwasser das Werk stillgelegt werden.
Die topografische Situation der Werke, die in einem nahezu «abflusslosen» Becken liegen, hätte dazu führen können, dass Wassermengen, wie man sie 1993 erlebte, über die Ufer traten und das Werk einen bis zwei Meter unter Wasser setzten.
Die unabsehbaren Folgen einer Überflutung zwangen die Werksleitung zu kompromisslosem Handeln. Unmittelbar nach dem Ereignis setzte sie eine interne Arbeitsgruppe ein, die sich mit der Problematik «Hochwassersicherheit im Werk» befasste.
Ausgehend von zwei Szenarien, die aufgrund von Pegel- und Wassermessungen aus den Jahren 1987 und 1993 hochgerechnet wurden, konnten Massnahmen in technischer, organisatorischer und personeller Hinsicht zum Schutz gegen Hochwasser abgeleitet werden. Die Lonza ging von der Annahme eines Dammabtrags aus, was unweigerlich mit einem Überlaufen des Rottens an der Ostspitze des Werks oder gar der Vispa unterhalb der Bahnbrücken verbunden war.
Als effizienteste Massnahme beschloss Lonza schon ein Jahr später eine beidseitige Dammerhöhung am Rotten von 50 Zentimetern. Diese kostete rund 100 000 Franken und wurde von Bund und Kanton übernommen – weil es eilte, von der Lonza vorfinanziert.
Aber auch Lonza-intern erarbeitete man spezifische Massnahmen und Pläne und traf die Vorbereitungen, die für deren Umsetzung notwendig waren. So wurde die Sicherung der Tanks und Wannen in die Wege geleitet. Bahnkesselwagen, Fahrzeuge sowie wasserempfindliche Stoffe wurden so vorbereitet, dass sie gegebenenfalls höher gehoben werden konnten.
Restrukturierung ohne Entlassungen
1993 begann die Lonza mit einem Restrukturierungsprogramm, das bis Mitte 1995 den Abbau von 180 Stellen vorsah – ohne Entlassungen. Angesichts der Rezession machte man sich in der Bevölkerung auf noch Schlimmeres gefasst. Eine erste Beurteilung des Geschäftsjahrs 1993 durch die Werksleitung lautete aber positiver. Bei gegenüber dem Vorjahr gleichbleibendem Umsatz konnte der Ertrag leicht gesteigert werden.
Die angestrebte Senkung der Kosten sowie die Optimierung der Arbeitsabläufe zeigten also bereits Wirkung. Und vor allem dank der bereits Jahre zuvor eingeleiteten und in der Folge ständig ausgebauten Diversifikation in Richtung Feinchemie wurde die Lonza von der Rezession nie voll erfasst.
Lonza-Produkt für Blutdrucksenkung
20 Monate Bauzeit beanspruchte die neue FC-5-Anlage; sie kostete 40 Millionen Franken. Als Erstes wurde damit ab 1995 ein Pharma-Zwischenprodukt für die Blutdrucksenkung hergestellt. Diese Neuanlage, die höhere Auslastung der Mehrprodukte-Anlagen und die guten Aussichten bewirkten, dass nach zwei Jahren Abbau wieder Personal eingestellt wurde.
Vorpensionierung bei Lonza
1995 machte die Lonza den Mitarbeitenden der Jahrgänge 1931 bis 1934 ein interessantes Angebot für die vorzeitige Pensionierung. Dies sollte die Schaffung neuer Arbeitsplätze für die Jugend ermöglichen.
Beliebte Werkbesuche
Nicht weniger als 230 Gruppen besuchten 1995 die Lonzawerke in Visp. 40 Prozent dieser Besucher stammten aus dem Kundenkreis, circa 30 Prozent waren Klassen von Bildungseinrichtungen, auch ausserkantonalen. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik und nicht zuletzt frühere «Lonzianer» hatten guten Grund, sich das Werk, seine Betriebe, die Anlagen und Labors zeigen zu lassen.
Abfallprodukt Kohlensäure verwertet
Ab Juni 1995 reinigte die Lonza in Visp praktisch die gesamte überschüssige Kohlensäure in einer neu erstellten Anlage. Damit nutzte sie ein bisheriges Abfallprodukt sinnvoll: Die Kohlensäure konnte nun vor allem in der Lebensmittelindustrie weiterverarbeitet werden.
Kohlensäure entsteht bei jeder Verbrennung und bei zahlreichen chemischen Umsetzungen. Vor allem in der werkseigenen Benzinspaltanlage (BSA) wurden beträchtliche Mengen an Kohlensäure erzeugt, von denen nur ein Bruchteil im Werk selbst Verwendung fand. Der grösste Teil hatte noch kurz zuvor ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben werden müssen. An und für sich ist Kohlensäure nicht giftig, es wurde jedoch ein gewisser Zusammenhang zwischen dem zunehmenden Ausstoss von Kohlensäure und globalem Klima vermutet.
Mischler, Direktor Lonza Visp
Der 47-jährige Chemiker und bisherige Vizedirektor Dr. Stéphane Mischler wurde 1997 als Nachfolger von Leander Tenud Standortleiter von Lonza Visp. In dieser Funktion blieb er mit Ausnahme von drei Jahren, in denen er in Belgien eine Lonza-Filiale auf Vordermann brachte, bis zu seiner Pensionierung. Er wurde auch zum Mitglied der Geschäftsleitung der Lonza Group ernannt – neben Beat In Albon (Head Organic Fine Chemicals) der zweite Visper, der in diesem höchsten Firmengremium Einsitz nahm.
Der 1950 in Biel geborene und dort aufgewachsene Stéphane Mischler wurde an der Uni Neuenburg zum Chemieingenieur ausgebildet; anschliessend promovierte er zum Doktor der Naturwissenschaften. Sechs Jahre lang war er dort Assistent. 1980 kam er zur Lonza nach Visp. Ab 1988 leitete er den Bereich Forschung und Entwicklung, ab 1994 war er Fabrikationsleiter des ganzen Werks.
Lob für Lonza vom Bundespräsidenten
100 Jahre Lonza, 90 davon in Visp, das war der Grund der Feier vom 20. Juni 1997. Der damalige Bundespräsident Arnold Koller, der die Schweizer Regierung vertrat, brachte es 1997, anlässlich der Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens im La Poste in Visp auf den Punkt: «Die Lonza kann zweifellos eine positive ‚Jahrhundert-Bilanz‘ ziehen. Das Unternehmen führt uns vor Augen, dass weltweit tätig sein muss, wer weltweit Erfolg haben will. Vor allem beeindruckt der Wille der Lonza, überall Spitzenleistungen zu erbringen, bei der Mitarbeiterförderung und der Ökologie nicht weniger als bei der Innovation und der Qualitätssicherung. Das ist zukunftsweisend.» Die Lonza dürfe stolz sein auf ihre Geschichte, gerade weil diese nicht gradlinig verlaufen sei und der Erfolg immer wieder neu habe erkämpft werden müssen. Koller sprach der Jubilarin seine Anerkennung aus für diese grossen Leistungen und für den wichtigen Beitrag der Lonza zur Volkswirtschaft des Wallis und der Schweiz. Das Unternehmen gebe auch international eine beste Visitenkarte für unser Land ab. Die Lonza sei heute in vielen Ländern zu Hause und auf den internationalen Märkten präsent. Seit ihren Anfängen sei sie immer auch vom Walliser Geist beseelt gewesen. Schliesslich würden die Walliser immer wieder unternehmerischen Geist beweisen.
Verwaltungsratspräsident Peter Kalantzis zeigte den Weg ins zweite Jahrhundert auf: «In Kenntnis der immer grösser werdenden Verantwortung der unternehmerischen Tätigkeit blicken wir mit gesundem Selbstbewusstsein und mit Zuversicht in die Zukunft der Lonza. In den bald 100 Jahren ihrer Tätigkeit in Visp hat die Lonza enorm viel entwickelt, produziert, aber auch geforscht, geändert und aufgegeben und immer wieder und immer mehr Neues entwickelt. Im Interesse nicht nur von Visp, sondern des ganzen Oberwallis ist es zu wünschen, dass all dieses Neue aus der organischen Chemie, der Feinchemie und der Biotechnologie den Bestand der Lonza im Sinne einer gesunden Basis auf weite Sicht sichert.»
Das Jubiläum versprühe Zuversicht und Zukunftsglauben. Dies sei gerade in einer Zeit vielfacher Zweifel und breiter Verunsicherung in unserem Land wichtig.
Energie: bedeutende Aktivität
An der Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehen der Lonza betonte Verwaltungsratspräsident Kalantzis: «Auch die Energie stellt für die Lonza nach wie vor eine bedeutende Aktivität dar.» Anfänglich nutzte das Unternehmen die Wasserkraft – zuerst jene der Lonza aus dem Lötschental und dann die der Vispa, um elektrische Energie zu erzeugen, die für die Herstellung von Kalziumkarbid eingesetzt wurde; dieses verwendete man anfänglich hauptsächlich in Acetylenlampen. Aber schon kurz nach ihrer vielversprechenden Gründung hatte die Lonza eine ernsthafte, existenzbedrohende Krise zu bewältigen. Mit dem Markterfolg der Glühlampe sank nämlich die Nachfrage nach Karbid am Markt zusehends.
Risikobereitschaft und eigene Innovationskraft spielten in dieser schwierigen Situation eine ausschlaggebende Rolle. Man begann selbst zu forschen. Es wurden Verfahren entwickelt, die es erlaubten, aus Karbid Kalkstickstoff, den ersten synthetisch produzierten Dünger, sowie eine Reihe von Acetylenderivaten herzustellen. Damit hatte man die erste grosse Krise für den Beginn einer fruchtbaren Entwicklung genutzt, die in das Gebiet der organischen Zwischenprodukte hineinführte.
Die Geschichte der Lonza veranschaulicht, dass eine langfristige unternehmerische Tätigkeit in hohem Mass von der Geschwindigkeit der Anpassung an die sich ständig verändernden Strukturen abhängt. Daran lassen sich die Erfolge in der Vergangenheit messen; daran dürfte sich wohl auch in Zukunft nichts ändern.
Erfolge von gestern sind jedoch längst keine Garantie für solche in der Zukunft. Die Globalisierung der Wirtschaft – sie betrifft die Lonza immer mehr – verlangt ständig neue Antworten. Das waren, gerafft, die Ausführungen von Dr. Peter Kalantzis, Präsident des Verwaltungsrats der Lonza AG.
100 erfolgreiche Jahre
Ausdehnungsmöglichkeiten, Nutzung der Wasserkräfte im Saastal und wohl auch das Potenzial an Hilfskräften in der Region waren kurz nach der Jahrhundertwende die Gründe für die Verlegung des Hauptbetriebes von Gampel nach Visp gewesen. Die ersten Industriebauten bedeuteten so den Start zu einem ersten dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung für Visp. Dessen Entwicklung verlief dann praktisch parallel zu derjenigen des Werks. Viele fanden dort Arbeit. Während gut 70 Jahren absolvierten weit über tausend junge Oberwalliserinnen und Oberwalliser eine Lehre, kamen zu besseren Stellen oder absolvierten das Technikum oder ein Hochschulstudium.
Jeder zehnte Oberwalliser fand 1997 dort sein Auskommen. Die Walliser erwiesen sich als gute, zuverlässige Mitarbeitende. So konnte es nicht verwundern, dass einige unter ihnen sogar in die höchsten Gremien des Unternehmens vorstiessen.
Indirekt davon profitiert haben dürfte das Gewerbe. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hatte sich die Lonza als stabil erwiesen. Bezüglich der Zukunft des Standorts Visp durfte man auch zu Beginn des zweiten Jahrhunderts zuversichtlich sein.
Neue Übernahmegerüchte
Wieder einmal, im November 1998, geriet die Bevölkerung bezüglich Lonza in Aufregung. In Fachkreisen deutete alles darauf hin, dass innert weniger Tage die Fusion mit der VIAG oder gar die Übernahme der Lonza durch diese perfekt würde. Die Besorgnis erwies sich schliesslich als unbegründet. Der Deal kam nicht zustande.
Tenud verliess al-Group
Dr. Leander Tenud, der seit 14 Monaten den Bereich Feinchemie und Spezialitäten bei der al-Group leitete, verliess die Firma Ende Mai 1998, weil «die Chemie» zwischen dem Konzernchef Marchionne und ihm nicht mehr stimmte.
Als die Biotechnologie nach Visp kam
Die Anfänge der Biotechnologie in den Visper Lonzawerken gehen ins Jahr 1983 zurück. Damals wurde eine Forschungsgruppe gegründet. Deren Auftrag bestand vordergründig darin, L-Carnitin, einen natürlichen Energielieferanten für Muskeln, und Niacin, ein essenzielles Vitamin sowie andere Produkte auf den Markt zu bringen.
Das Vorhaben gelang vorerst, doch bald einmal stellte sich heraus, dass die 1986 errichtete Pilotanlage an ihre Kapazitätsgrenze stiess. Die Suche nach einem Standort erstreckte sich praktisch über den gesamten ehemaligen europäischen Ostblock. 1992 wurde man in Tschechien fündig, genauer gesagt in Kourim.
Der nächste wichtige Expansionsschritt erfolgte 1996, als die Lonza den Produktionsbetrieb der britischen Firma «Celltech Biologics» erwarb.
Aber auch in Visp wurde fleissig investiert. 1997 erweiterte das Unternehmen die Pilotanlage durch einen 15 Kubikmeter fassenden Bioreaktor. Und schon zwei Jahre später konnte die kleinere von zwei brandneuen Biotech-Produktionsanlagen in Betrieb genommen werden. Damit wurden am Standort Visp auf einen Schlag 160 neue Arbeitsplätze geschaffen und ab 2007 der Bestand auf über 320 Mitarbeitende verdoppelt. Gemäss Lonza wurde die Biotechnologie zu jenem Bereich des Unternehmens, der am schnellsten wuchs.
Lonza wieder selbstständig!
Die Alusuisse fusionierte 1999 mit dem kanadischen Aluminiumkonzern ALCAN. Das führte zur Abtrennung der Chemie, der Lonza AG. Fortan war diese wieder ein selbstständiges Unternehmen und produzierte vor allem Halbfabrikate für Pharmazeutika, Pflanzenschutzmittel und Dünger.
Verhängnisvolle Trennung vom Stromgeschäft
Als die Petrochemie in der Lonza Visp 1966 endlich in Betrieb ging, hielt die Schweizerische Handelszeitung fest, dass die verschiedenen Lonza-Kraftwerke noch immer einen Anteil von 10 Prozent an die Ertragszahlen des Unternehmens beisteuerten. Die Gesellschaft sei nicht nur Selbstversorgerin, sondern exportiere sogar Strom.
Gut 30 Jahre später – Martin Ebner war Verwaltungsratspräsident, Christoph Blocher Verwaltungsrat und einflussreicher Aktionär – verkaufte Lonza den gesamten Strombereich, also die Sparte, wegen der die Lonza 100 Jahre zuvor Visp als Standort für ihre Fabrik gewählt hatte. Wie war es dazu gekommen?
Als 1999 die Alusuisse nach fast 30 Jahren wieder von der Lonza getrennt war, übernahm die verbleibende Lonza Group das gesamte Energiegeschäft des auseinandergegangenen Konzerns.
Gleichzeitig fiel die stromintensive Aluminium-Herstellung weg, sodass die neugegründete Lonza Energie AG mit einem Stromüberschuss von mehr als einer Milliarde kWh dastand. Damit war sie einerseits als reine Konzernversorgerin zu gross, anderseits aber zu klein, um im offenen, grenzüberschreitenden Energiemarkt mithalten zu können.
Weil sich die Lonza jedoch auf das Chemiegeschäft konzentrieren wollte, beschlossen die Verantwortlichen, sich vom Stromgeschäft zu trennen – ein Entscheid, der sich später bitter rächen sollte.
Nach eingehender Prüfung verschiedener Käufer-Offerten erwarb 2002 die EnBW (Energie Baden-Württemberg) das Lonza-Energiegeschäft.
Das hatte voraussehbare negative Folgen. Lonza musste in der Folge für ihre Betriebe teuren Strom einkaufen. Neben dem teuren Franken wurde der fehlende eigene Strom anfangs des dritten Jahrtausends in Phasen, die für die Lonza kritisch waren, als Hauptgrund für die teils mageren Resultate ins Feld geführt. Dafür aber fand sich in der Bevölkerung begreiflicherweise recht wenig Verständnis.
Was stellte Lonza 1995 her?
Mitte der Neunzigerjahre stellte die Lonza Feinchemikalien-Zwischenprodukte, Nahrungs- und Futtermittel sowie Feinchemikalien für Pharma und Agro her. Ein weiteres Arbeitsfeld war Biotechnologie.