Der Sittener Fürstbischof Adrian von Riedmatten sprach der Burgschaft Visp am 19. Mai 1545 drei Märkte zu, nämlich am Dreikönigstag (6. Januar), an St. Laurenz (10. August) und an St. Martini (11. November). Letzterer entwickelte sich mit der Zeit zum bedeutendsten Jahrmarkt im Oberwallis.
Der Bischof verbriefte «seinen» Vispern feierlich die Freiheiten des Zenden. Diese betrafen unter anderem den «Münzenruf» an den erwähnten Jahrmarkttagen, den Handel der Hausierer sowie die Masse und Gewichte. Über den Marktfrieden gebot die Marktpolizei, in Visp der Kastlan, der Vergehen bestrafen konnte.

Am Schuhmacher-Haus an der oberen St. Martinistrasse, nördlich des Burgener-Hauses, ist dieses Wandbild zu sehen. Es zeigt Traubenträger mit einer vollsaftigen Traube und der Bezeichnung «Gwäss». Den Landwein Gwäss, der im Oberwallis überlebt hat, gibt es also schon seit Jahrhunderten. Er ist der «Vater» von über 100 Rebsorten, unter anderem des Riesling, des Chardonnay und des Gamay. Das Haus baute Steffen Schuhmacher im Jahr 1588.
© Peter Salzmann
Gwäss, der weisse Landwein
Das Fresko am Schuhmacher-Haus an der St. Martinistrasse aus dem 16. Jahrhundert (1588) erinnert an den Gwäss, der damals hier am weitesten verbreitete weisse Landwein; dieser wurde oft zur Feldarbeit getrunken.
Landrat bewilligte Wochenmarkt
In den Zeiten der scharfen Auseinandersetzungen zwischen Bischof und Landsleuten um die Hoheitsrechte gelangten diese ab dem 16. Jahrhundert mehr und mehr in die Hände des Walliser Landrats. Das trifft auch auf das Marktregal zu, das Recht, Märkte zu errichten und die aus ihnen anfallenden Einkünfte an sich zu ziehen – dies, obwohl die Zenden in dieser Zeit allgemein zur Landeshoheit vorstiessen und auf ihre Zendenautorität pochten. So blieb das Marktrecht beim Landrat und die Zenden mussten darum bitten, wenn sie in ihrem Territorium einen Markt abhalten wollten.
Das obere Goms etwa verlangte 1532 einen freien Jahrmarkt und begründete dies damit, dass aus dem Zenden Goms nicht weniger als vier Pässe ins Ausland führten: Grimsel, Furka, Gries und Albrun. Dieser Markt müsse jedoch im Herbst abgehalten werden, «so feist Vech vorhanden sig» (sofern fettes Vieh vorhanden sei) – und wohl auch, um nicht bereits bestehende Jahrmärkte zu konkurrenzieren.
Am 17. Dezember 1534 entsprach der Landrat einem Begehren des Visper Boten, jeden Dienstag einen öffentlichen Markt «für allerlei pfenwert und koufschatz» durchführen zu dürfen. Ob und wie lange dieser Wochenmarkt stattfand, ist nicht bekannt.
Der Landrat war es auch; der den fremden Krämern jedes Hausieren verbot unter Androhung von Konfiskation ihres Gutes und drei Pfund Busse. Sie sollten ihr Gewerbe auf «gemeinen» Plätzen und öffentlichen Märkten ausüben. Damit waren vor allem Krämer aus der Lombardei anvisiert.
Garantie für Sicherheit der Kaufleute
Im 15. und 16. Jahrhundert trotzten die Gemeinden und die Zenden dem Bischof das Regalienrecht ab und übernahmen gleichzeitig Pflichten zum Unterhalt der Landstrasse.
Bis zum Aufruf von Bischof Matthäus Schiner 1502 hatte der Bischof die Sicherheit der Kaufleute garantiert und für den Unterhalt gesorgt.
Turtmänner Trinkeln in Visp
Am St. Martinitag (11. November) 1510, also am Fest des Kirchenpatrons, erschienen in Visp vom Turtmänner Landeshauptmann Martin von Steffilen gesandte Gesellen. Diese trugen Schellen und Trinkeln und reizten die Visper zu politischen Demonstrationen.
Krämer und Kesselflicker nicht zugelassen
Im 16. Jahrhundert waren die Märkte bedeutenden Restriktionen unterworfen. «Heimatschutz» wurde grossgeschrieben. Zuerst musste den Burgern ein Platz für ihren Stand zugewiesen werden, dann erst den auswärtigen Krämern und Händlern, die auch aus Oberitalien kamen.
Am Landrat vom 14. November 1537 in Visp wurde gemeldet, dass einige fremde Kaufleute und Krämer, Kesselflicker, «Biancker» (andernorts «Biangger»), Lombarden, Augsttaler (Val d’Aosta), Leute aus Gressonay sowie dem Fancigny und andere ihren Handel und ihr Gewerbe nicht in offenen Städten, Dörfern, Flecken oder Märkten betrieben. Vielmehr gingen diese im Grund und in den Bergen und Tälern von Haus zu Haus. Es hiess, dass sie «iro koufmannschaft furent, ubent und bruchent mit stelen ouch andere buberi und listigkeit, damit sie bi derber luten iro wiber und kind und husvolk uberfuhren und betriegen, ouch zem dikermal haut betrogen».
Daraufhin wurde einstimmig beschlossen, dass von nun an solch heimlicher Kauf und Verkauf nicht mehr erlaubt sein solle.
Privaten wurde verboten, auf ihrem Eigentum Stände aufrichten zu lassen und dafür Standgelt entgegenzunehmen. Mancherorts wurden die Einheimischen insofern begünstigt, als zum Beispiel der Viehmarkt bis drei Uhr nachmittags den Einheimischen vorbehalten war, erst dann durften die Fremden ihre Käufe tätigen.
Visper durften an den Markt von Macugnaga
Am 12. September 1559 wurde im Wohnhaus des Wirtes Johannes Riedgin zu Visp ein siebenseitiger Vertrag zwischen dem Zenden Visp und der Gemeinde Macugnaga über den Markt von Macugnaga vom 13. August beschlossen. Nebst Marktbestimmungen ist darin vom gegenseitigen Recht der Parteien die Rede, bei Unpassierbarkeit des Monte Moro-Passes mit Kaufmannswaren und Vieh auf dem Territorium des Nachbarn zu rasten.
Nach altem Brauch, so heisst es ferner, durften Pferde, Esel, Füllen und Rinder aus dem Zenden Visp gegen Entrichtung eines Entgelts zur Marktzeit sieben Tage auf der Allmend von Macugnaga weiden.
Zeitweilig wurde der Markt von Macugnaga ins italienische Unterland verlegt. Dies war beispielsweise 1523 wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Schweizern und dem Herzogtum Mailand der Fall gewesen; die Verlegung war im Einverständnis mit den Leuten aus Macugnaga und Saas erfolgt. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts sollte der Markt von Macugnaga eingestellt werden, denn der Fernverkehr verlagerte sich mehr und mehr vom Monte Moro-Pass auf den Simplon.
Dem Tauschhandel Einhalt geboten
Antroner, «Piangger» und andere Lombarden beschäftigten 1579 erneut den Landrat. Sie würden stets in der Landschaft herumziehen und «mit schuflen, steinen, lorbonen und anderer geringer kaufmanschatz» von Haus zu Haus gehen und manche einfältige Manns- oder Weibsperson mit Tauschhandel und sonst wie auf vielseitige Art betrügen.
Unter diesem Vorwand würden die fremden Händler nicht nur Brot und Käse kaufen, sondern zu ihrem Vorteil auch Korn, Schmalz und Leder – Waren, welche dann im Land fehlen würden. Dem solle Einhalt geboten werden.
Dem Landratsabscheid (Protokoll) vom 12. Dezember 1585 ist zu entnehmen: «Alle Ortsrichter in der ganzen Landschaft werden angehalten, auf die Durchführung der Massnahmen betreffend die Nahrungsmittel und die Ausweisung der Lamparten und Augsttaler (Aostatal) zu achten. Sollte einer nachlässig sein, soll er durch den Landeshauptmann nach Beratung erbarmungslos bestraft werden.»
Murmeltiere waren tabu
Am 12. September 1559 wurde in Visp zwischen der Talschaft Saas und Macugnaga auch vereinbart, dass es keinem Teil gestattet sei, die Murmeltiere im Gebiet des anderen zu fangen, zu schiessen, zu graben oder sonst zu töten.
Wichtige Brücke für den Passverkehr
1522 wurde die hölzerne Brücke auf dem viel begangenen Saumweg zwischen Visp und Stalden als diejenige von Neubrück bezeichnet. Beim Ausbruch des Mattmarksees wurde sie am 8. September 1589 weggerissen. Zehn Jahre später stellte sie der italienische Meister Giovanni Pinella in der heutigen Form wieder her. 1727 wurde auf dem Scheitel des Bogens eine Kapelle errichtet.
Rechnungsjahr begann an St. Martini
Das Rechnungsjahr des Bistums Sitten umfasste im 16. Jahrhundert den Zeitraum vom St. Martinifest am 11. November bis zum nächsten.
Pest brachte Martini-Markt in Verruf
Im Herbst 1579 brach in Visp die Pest aus. Der Burgerrat von Sitten verbot jedermann nach Visp auf den St. Martini-Jahrmarkt zu gehen. Wer trotzdem dort war, dem sollte es untersagt sein, in Visp gekauftes Leder in der Landschaft zu öffnen und dieses dürfe dann auch nicht in die Stadt Sitten eingeführt werden. Man müsse es vielmehr in Brämis einlagern. Die Konsulen sollten auch nachsehen, wo ein Mann aus Visp in der Stadt Sitten übernachtet habe, damit man diese Sache weiterverfolgen könne. [Siehe auch Kapitel 05.03 «Morast und streunende Hunde als Gründe für die Pest im Wallis».]
Zenden Visp verstiess gegen Lebensmittel-Ausfuhrverbot
Die illegale Ausfuhr von Schafen beschäftigte 1591 einmal mehr den Walliser Landrat, wobei der Zenden Visp auf der Anklagebank sass. Man wunderte sich über die seit Langem anhaltenden Verfehlungen der Vispertaler gegen die alten, aber nach wie vor als notwendig erachteten Nahrungsmittelverbote. Die Boten des Zenden Visp berichteten, sie hätten von ihren Räten und Gemeinden den Auftrag erhalten mitzuteilen, dass sie an ihrem Protest festhalten und es ablehnen würden, dass die Schafe in das Ausfuhrverbot eingeschlossen würden.
Einträglicher Rinderverkauf
Die Rindviehausfuhr wurde im Gegensatz zu anderen Landesprodukten kaum einmal eingeschränkt und nie ganz verboten, denn die Überschüsse waren im Durchschnitt gross genug. Die Landleute, die Viehzucht betrieben, verkauften Rinder nach Italien. An diesem Handel war auch Visp als bedeutender Marktort beteiligt. Der Chronist Johannes Stumpf kommentierte: «Wunder vil viechs wird järlich aus diesem Land verkaufft und davon gross gelt erlöst.»
Visp – ein hübscher Fleck
Sebastian Münster, ein Theologe, Mathematiker und Geograf, muss auf seiner Walliser Reise wohl nur in den besten Kreisen verkehrt haben, er schrieb 1544: «Es ist keins dings mangel in Wallis / das den Menschen not ist. Wein und Korn und allerlei Obst / man findet auch fleisch und fische im überfluss. Es gibt weis und roten Wein. Der rote ist so schwarz / dass man damit schreiben mag. Visp ist ein hübscher fleck / klebt an einem berg wie schier alle flecken oder märckt in Wallis. Es ist auch auff einem bühel am grossen fürfliessenden Wasser etwan gelegen ein lustig schloss / aber die hoffstat stoht jetzunt lere / ausgenommen wenig gemeüre so noch über bliben ist.»
Fuhrlohn Sitten–Visp
Wegen der herrschenden Teuerung wurde am 17. Dezember 1572 der Fuhrlohn für die Strecke Sitten–Visp erhöht.
Kein Korn nach Uri
Um 1507 verbot der Landrat den Verkauf von Korn an Uri, weil der Urkanton dieses weiter nach Graubünden ausführen würde, welches damals noch nicht mit dem Wallis verbunden war.
Was angepflanzt wurde
Josias Simler (1530-1576) schrieb über die im Wallis gepflanzten Lebensmittel: «Das underland hat mer Winterfrücht nennend sy Lanzi als Summerweytzen, Rogken, Gersten, Haber, Erbsen, Bonen, Linsen, Hirss und auch Früchte habend si gnuog.»
Roggen war das Oberwalliser Getreide
Die topografischen und klimatischen Verhältnisse im Wallis des 16. Jahrhunderts hatten zur Folge, dass der Getreideanbau nicht im ganzen Land gleich intensiv betrieben werden konnte. Die eigentliche Kornkammer des Wallis waren das Haupttal zwischen Martigny und Leuk sowie die unteren Stufen der Nebentäler.
Wegen der ständigen Überschwemmungen durch Rotten und Vispa eignete sich die Ebene von Visp nur beschränkt für den Ackerbau. Hier und im übrigen Oberwallis war der Getreideanbau daher weniger verbreitet. Es gab vor allem Sommerfrucht und die Ernte fand wesentlich später statt als im Mittel- und Unterwallis. Immerhin erzeugte man in guten Jahren genügend Roggen für den eigenen Bedarf, zuweilen sogar bescheidene Überschüsse.
Die Seitentäler des Zenden Visp mussten jedoch den grössten Teil des Brotgetreides von auswärts kommen lassen. Da sie das Verbot der Ausfuhr von Schafen oft missachteten, drohte der Landrat den Vierteln Saas und vor den Ruffinen (Nikolaital) gar mit einer Kornsperre.
Stumpf bezeichnete das Wallis um diese Zeit als so fruchtbar, «dass auch zuo oberst im land, im Zehenden Goms die aecker gemeinlich alle jar fruchtgebend also man gleych nach der ernd, die selbigen wiederumb bauwt und sayet». Es gab also keine Brachzeit.
Ausser dem wichtigsten Nahrungsmittel Getreide besass das Wallis auch Obst- und Gemüse, besonders im Unterwallis.
Oberwallis importierte Getreide und Wein
Während das Unter- und das Mittelwallis im 16. Jahrhundert ziemlich alles erzeugten, was zum Leben gebraucht wurde, war das Oberwallis – wie übrigens auch die benachbarten eidgenössischen Orte – auf die Ausfuhr von Vieh, Milchprodukten, Schmalz, Häuten, Leder und Tuch hauptsächlich nach Italien angewiesen, um sich gewisse Güter zu beschaffen, an denen es Mangel litt, also hauptsächlich Brotgetreide und Wein.
Selbst verursachte Mangeljahre
Schlechte Ernten, entsprechende Teuerungen und folglich bedeutende Getreidekäufe im Ausland beklagte man im 16. Jahrhundert in den oberen Zenden wiederholt, so vor allem 1585, als die schlechteste Ernte in ganz Europa verzeichnet wurde und als es im Frühjahr 1586 zu einer eigentlichen Hungersnot kam.
«Hexen und Klima» von Hans Steffen ist zu entnehmen, dass die Periode von 1565 bis 1636 für die Bauern eine schreckliche Zeit war. Die verregneten oder extrem trockenen Sommer führten zu massiven Ernteausfällen. Eine Häufung von solchen ausserordentlichen Wettersituationen führte zu Hungersnöten oder zumindest zu Nahrungsmittelmangel.
Am 3. August 1586 beschloss der Landrat, die Leute in allen Zenden und Gemeinden anzuhalten, fremdes und anderes unnützes Volk nicht zu dulden, sondern aus dem Land zu jagen. Andernfalls würden die Fremden den einheimischen Armen «das brot vor dem mund abschnieden» und sogar die Wohlhabenden würden Mangel an Brot leiden.
Dabei ist zu bedenken, dass die Teuerung nicht immer bloss die Folge einer ungenügenden Ernte war. Manchmal führten die Walliser in mittleren und schlechteren Jahren derart grosse Mengen eigenen Korns in Mangelgebiete aus, wo sie es teuer verkaufen konnten, dass im Inland die Preise stark stiegen. Wenn es dann nicht möglich war, anderswo Getreide zu beziehen, konnte sogar eine ausgesprochene Mangellage entstehen.
Das geschah auch 1602, als die Landsleute einen erheblichen Teil ihrer Ernte in die Lombardei exportierten, um dann billige Ware in Vevey zu holen, sodass die Behörden einschreiten mussten.
Hauptlebensmittel betrügerisch verteuert
Am 25. Januar 1591 hielten die Landsleute der vier oberen Zenden einen Ratstag ab. Sie beschwerten sich über den Ver- und Ausverkauf des Korns, das bei ihnen in kurzer Zeit beträchtlich aufgeschlagen habe.
Diese Preiserhöhung sei darauf zurückzuführen, dass viele Leute aus den unteren Zenden bei ihnen das Korn aufkaufen würden. Es sei zu befürchten, dass hier ein grosser Betrug stattfinde und das Korn in die Fremde geführt werde. Wenn bezüglich des Korns nicht demnächst die nötigen Schritte unternommen würden, sei eine grosse Teuerung und in der Folge eine Hungersnot zu befürchten. Der Landrat müsse hier energisch einschreiten.
Monotone Selbstversorgung
An der Spitze aller Bedürfnisse stand im 16. Jahrhundert jenes nach Nahrungsmitteln. Um dieses zu befriedigen, gaben breite Schichten der Bevölkerung den grössten Teil ihres Einkommens aus.
Die Ernährung war auf einer für heutige Begriffe geringen Anzahl von Erzeugnissen aufgebaut. Zweifellos die wichtigsten waren Brot, Milch und gewisse Milchprodukte, vor allem Käse. Hinzu kamen Hirse oder Haferbrei – letztere insbesondere als Fastenspeise –, Eier sowie im Land angebautes Obst. Kartoffeln gab es noch nicht, denn diese sollten den Sprung über den grossen Teich erst im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts machen.
Die Fruchtbarkeit der Talebene lässt sich daraus ableiten, dass der Ackerbau im Wallis auch während des 16. und 17. Jahrhunderts eine bedeutende Stellung einnahm, dies im Unterschied zu anderen Gebirgskantonen.
Die oberen Zenden und die Landvogteien im Unterwallis erzeugten offenbar genügend Getreide zur Deckung des eigenen Bedarfs. Meistens gab es sogar Überschüsse, die in den Nachbargebieten Absatz fanden.
Zu viel Vieh in die Lombardei ausgeführt
Im Landrat vom 5. Oktober 1592 brachten die Visper Boten vor, die Lombarden würden hier viel Vieh aufkaufen Es sei zu befürchten, dass dieses Vieh in verseuchten Orten und Gegenden gekauft werde, wodurch ihnen und anderen Landsleuten schwerer Schaden entstehen könnte.
Schlechtere Kleidung als anderswo
Johannes Stumpf stellte bei seiner Walliser Reise fest: «Das gepaurisvolch ist gemeinlich schlächterer bekleidet, denn in den Helvetischen landen.»
Jagdverbote nicht eingehalten
Hochwild werde auch während der Schonzeit erlegt und die Jagdverbote würden kaum eingehalten, wurde im Landrat vom 5. Juni 1590 festgestellt.
Überschattete Weihnachten
Am 20. Dezember 1571 ereignete sich in Visp und Umgebung ein starkes Erdbeben, das Furcht verbreitete und Schäden verursachte.
Wertvolles Lärchenharz
Dass das Anzapfen der Bäume zur Gewinnung von Harz für die Wälder schädlich war, wusste man. Der Gewinn, der sich daraus ziehen liess, überdeckte die negativen Auswirkungen.
«Letschina» oder «Lertschina bohren», wie es im Volksmund genannt wurde, stand im Wallis zeitweise hoch in Blüte. Allein im Zenden Visp schlugen 1588 mehr als 60 Lärchenbohrer den Bäumen Wunden, um ihnen den begehrten Saft zu entziehen – obwohl es seit 1577 verboten war.
Das Harz diente als Seife oder beleuchtete als eine Art Talgkerze die Wohnungen. Auch zu Heilzwecken und als Schuhmacherharz fand es Verwendung.
Das Salz als Wirtschaftsfaktor
Das Wallis war mangels eigener Salinen seit jeher auf Salz aus fremden Landen angewiesen; das Salz von Bex sollte erst im 18. Jahrhundert entdeckt und ausgebeutet werden.
Anfangs des 16. Jahrhunderts herrschte im Wallis eine Vorliebe für das französische Meersalz. Gemäss Landratsabscheiden bezogen Walliser Kaufleute dieses um 1530 regelmässig in Genf. Daneben gab es vor allem im Oberwallis auch deutsches Salz, bayerisches oder tirolisches, das aus dem Berner Oberland über die Gemmi oder die Grimsel ins Wallis gesäumt wurde. Die Walliser verpflichteten sich, das eingeführte Salz in Zeiten der Teuerung nur für ihren eigenen Bedarf zu verwenden.
Vom 13. bis 15. Jahrhundert soll auch italienisches Salz aus der Lombardei aus dem Eschental über den Simplon befördert worden sein. Zu dieser Zeit rechnete man mit einem Salzverbrauch von sechs bis acht Kilogramm pro Kopf.
Bedarf der Walliser an Salz war gross
Ab Mitte des 16. Jahrhunderts war der Bedarf an Salz im Wallis immer relativ gross. Ausser zum Würzen der Speisen wurde es zum Konservieren von Lebensmitteln, insbesondere zur Herstellung von Trockenfleisch verwendet, zur Käsezubereitung sowie für das Viehfutter.
Die Mengen des importierten Salzes zeigen, dass damals rund 10 Kilogramm Salz pro Einwohner verbraucht wurden, während es heute noch rund 9 Kilogramm sind.
Der Ankaufspreis in den Salinen dürfte 2,5 bis maximal 5 Prozent des Verkaufspreises betragen haben. Dies ergab eine horrende Marge, die das 20- bis 40-fache des Ankaufspreises der Händler betrug. Zwar wusste die Obrigkeit bestens Bescheid über diese enorme Gewinnspanne der einheimischen Händler, zu denen im 17. Jahrhundert der mächtige Salzherr Kaspar Jodok von Stockalper gehören sollte.
Die Behörde versuchte, Höchstpreise vorzuschreiben. Da Personen in leitender Stellung meist auch im Salzhandel tätig waren und wussten, wie die gesetzlichen Bestimmungen umgangen werden konnten, wurden die Höchstpreise meistens nicht eingehalten.
Der Salzhandel war noch im 18. Jahrhundert in den Händen der einheimischen Salzherren, dann wurde er diesen entzogen und ein staatliches Monopol geschaffen.
Missstände im Salzhandel, Visper im Verdacht
Um 1562 stiessen die Walliser beim Bezug von Meersalz immer wieder auf grosse Schwierigkeiten. In Visp ging die Rede um, einige Kaufleute des Ortes, die in Genf bei «de la Bottière» Salz kaufen wollten, hätten dort keines erhalten, weil ein anderer Visper, Nikolaus Kalbermatter, alles ankommende Salz für sich in Anspruch genommen habe. Dieser bestritt allerdings mit Erfolg, den Salzhandel monopolisiert zu haben.
Riedin, der wenig erfolgreiche Visper Salzhändler
Moritz Riedin kam aus Zermatt, kehrte aber seiner Heimat früh den Rücken, um sich in Visp niederzulassen. In der Gesellschaft von Visp konnte er sich offenbar nicht durchsetzen, worauf er nach Brig zog und bald zu einem führenden Salzhändler avancierte. Als Riedin in Italien Salz holen wollte, um es dann im Wallis zu vertreiben, erhielt er keines. Seiner Meinung nach lag dies daran, dass die Mailänder vertraglich verpflichtet waren, bloss den Briger Michael Imstepf zu beliefern, andere Walliser jedoch nur mit dessen Einwilligung.
Auf dem Landrat vom Mai 1575 beklagte sich Riedin über angeblich monopolistische Praktiken Imstepfs. Dieser war jahrelang führend am Salzhandel beteiligt; er war auch als Söldner, Hauptmann, Gastwirt, Zenden-Kastlan und einflussreicher Politiker tätig gewesen.
Inwiefern Riedins Behauptung zutraf, ist schwer zu sagen, da er als Intrigant galt.
Deckung des Eigenbedarfs vor Verkauf an Ausländer
In den Siebzigerjahren verlangte der Zenden Visp vom Bischof ausdrücklich, dass Gemeinden und Privaten der freie Salzverkauf untersagt und dass alles ankommende Salz gleichmässig unter die Zenden verteilt werden solle.
Am 11. Juli 1581 erhielt der Zenden Visp ein Mandat des Bischofs von Sitten, in dem es hiess: «Es ist verboten, Ausländern oder im Ausland Salz zu verkaufen, solange der Bedarf im Wallis nicht gedeckt ist.» Dennoch boten Leute aus Visp am 7. Dezember 1581 einzelnen Ausländern Salz an, das sie zuvor in Brig gekauft hatten.
Salztransporte per Schiff auf dem Rotten?
1587 soll ein gewisser Tognier auf dem Landrat erklärt haben, der Salzherr von Allamania beabsichtige – sofern man ihm dies bewillige – von Brig bis ausgangs des Landes am Genfersee einen Schiffstransport einzurichten. Er habe diese Frage auch von erfahrenen Leuten prüfen lassen; sie seien zum Schluss gekommen, dass dies sehr wohl möglich sei. Bei der Suste von Leuk müssten die Waren allerdings abgeladen und auf Wagen nach Siders geführt werden. Von dort könnten sie dann wieder mittels Schiffen nach Martigny transportiert werden. Bei der zu transportierenden Ware handelte es sich vor allem um Salz. Der Walliser Landrat erlaubte dem Gesuchsteller auch die Anlage eines Weges entlang des Rottens, auf welchem sich die leeren Schiffe hinaufziehen liessen.
Nach 1500 war das Recht, über die Schifffahrt auf dem Rotten zu bestimmen, vom Bischof auf den Landrat übergegangen. Dieser musste sich allerdings selten damit befassen, da der Fluss nur sehr beschränkt schiffbar war. Als der Landrat diese Bewilligung 1588 erneuerte, fügte er bei, dass den Schiffsleuten das Fischen im Rotten bei Strafe verboten sei.
Später, 1638, soll der Briger Grossunternehmer Kaspar Jodok von Stockalper den Rotten für den Salztransport mit Schiffen benutzt haben, allerdings nur auf dem von ihm erbauten schiffbaren Kanal zwischen Vouvry und Collombey, noch heute bekannt als Stockalper-Kanal. Es heisst, schon die Römer hätten den Rotten befahren, allerdings wohl nur im untersten Teil des Wallis. Erst um 1800 war wieder die Rede von der Schifffahrt auf dem Rotten. [Siehe Kapitel 11.08 «Der helvetische Kommissär Wild schuf Basis für Wiederaufbau, auch in Visp».]
Theodulpass für Salztransporte?
1595 waren sich die vier oberen Zenden des Wallis ausnahmsweise nicht einig über die Einfuhr des Salzes. Der Lieferant, die Gebrüder Furtenbach, wollte nicht nur, wie versprochen, französisches Salz liefern, sondern in Visp auch italienisches Salz an den Mann bringen.
Da war es selbstverständlich, dass die Visper bewogen wurden, mit Sitten, Siders und Leuk gemeinsame Sache zu machen. Der Bau einer neuen Salzstrasse über den St. Theodulpass musste bei ihnen ähnliche Erwartungen wecken wie seinerzeit der Beginn der Salzeinfuhr über den Simplon bei den Brigern. Gerade das Beispiel der Entwicklung von Brig seit den 1580er-Jahren gab Visp Anlass zu Hoffnungen, den Nachbarort als Stapelplatz für italienisches Salz zu überflügeln. Zudem eröffneten sich auch glänzende Aussichten für das Transportgewerbe.
Doch der Theodul erwies sich mit seinen 3295 Meter über Meer zu oft als unwirtlich und schwer begehbar, obwohl er damals offenbar während längerer Zeit im Jahr schneefrei war. So liess sich diese Variante nicht realisieren; Visp hatte im wahrsten Sinne zu hoch gepokert.
Komplizierte Geschäfte mit dem Val d’Ossola
Im 16. Jahrhundert deckten unter anderem die Visper ihren Bedarf an Wein weitgehend im Ossola- und im Aostatal. Dabei hatten sie auch Gelegenheit, ihr Getreide und ihre Milchprodukte im Süden abzusetzen.
In Zeiten des Mangels wünschten die Italiener aber nicht, dass die Walliser den gekauften Wein weiter in die Innerschweiz führten und damit Handel trieben. Weil der Passverkehr für die Südtäler lebenswichtig war, ist die Strenge der Massnahmen begreiflich, ebenso die manchmal unfreundliche Unnachgiebigkeit.
Weinpreis beschäftigte Landrat
Die übersetzten Weinpreise waren das Hauptthema der Landratssitzung vom 22. September 1578. Man hatte gehofft, den Wein dieses Jahr etwas wohlfeiler zu bekommen. Viele Wirte gäben ihr Getreide daran und kauften dann Wein und machten einen ungeziemenden Preis. Etwa drei bis vier Monate später würden weder Fremde noch Einheimische bei solchen Wirten Unterhalt finden. Dies gereiche all diesen Konsumenten zum grossen Nachteil. Deshalb müssten Massnahmen getroffen werden. Es solle jedermann verboten sein, Wein auszuschenken, es sei denn, dieser sei vorher durch die verordneten «setzer und kiesser» geprüft worden.
Visp blieb oberster Rebberg im Rhonetal
Der Chronist Johannes Stumpf beginnt seine Schilderung des Walliser Rebbaus mit den Worten: «Der weynwachss erhebt sich ob dem Zehenden Brick (Brig) zu Moril / und gadt durchs land nider biss zu S. Mauritzen / nimpt ye lenger ye reychlicher zu.» Im 16. Jahrhundert wurde also versucht, die östliche Grenze des Weinbaugebiets bis nach Mörel auszudehnen.
Ein prominenter Zeitgenosse deckte aber den Mörjer Tropfen mit vernichtendem Urteil ein: Der Reformator Thomas Platter besuchte während seinem Aufenthalt in Visp zusammen mit seinem Freund und früheren Visper Landeshauptmann Simon In Albon die Thermalquellen von Brigerbad, die damals offenbar eine erste Blüte erlebten. Wie er in seiner Lebensbeschreibung schrieb, lernte er dort den Wein aus Mörel kennen und war von dessen Qualität, nämlich dessen Säure, begreiflicherweise alles andere als begeistert: «Ich hatt gar ein gutte badenfart, alein das mier das essen vergieng, das ich schier nüt mocht essen den ruggin brot, kein win trinken, dan er was mier zu stark. Das klagt ich dem wirt; (…) dem sagt ich: ‚O, das ier suren win hettind!‘ Der bschikt mier win von Mörill; der was gar grusam sur, dan es ist do gar wild und der obrest win, der im land waxt.» In der Folge hörte man nichts mehr vom Wein aus Mörel.
Es wurde zu radikal gewildert
Am Landtag vom 5. August 1588 wurde darauf hingewiesen, dass die Jagdverbote nur wenig eingehalten würden. Dies könne zur Ausrottung des Wildbestandes führen.
Visper als Landstrassen-Kommissär
Bastian Zuber, Schreiber aus Visp, wurde am 6. Juni 1594 zum Kommissär für die Landstrassen ernannt.
Franzose fand in Visp keine Herberge
Im November 1586 stellte der Visper Burgerrat mit Bedauern fest, dass ein Herr aus Frankreich abreisen musste, ohne in Visp eine Herberge gefunden zu haben.
Die einhellige Meinung: In einer solchen Burgerschaft sollte doch das ganze Jahr eine «Wyrdschafft» offen haben.
Die Speisekarte der Gutbetuchten
Das Kochbuch von 1581 aus dem Stockalper-Archiv zeigt, womit sich die Zeitgenossen – es dürfte sich wohl um Gutbetuchte gehandelt haben – ernährten, was sie genossen und wie sie ihre Gesundheit zu pflegen glaubten. Allerdings stammten die Rezepte, eher aus Bayern.
Man ging von einem Kilogramm Brot (Weizen) pro Person und Tag aus und von Roggenbrot für die Dienstboten, Hafer, Wurstwaren und auch Salami, die aus Italien importiert wurde, Geflügel verschiedenster Art. Im Garten hatte es Äpfel, Birnen und Trauben.
Gemüse wie Bohnen, Erbsen, Kohl, Lauch, Spinat, Rettich, Mangold und Zwiebeln pflanzte man selber. Für die Festtage gab es Fische und Schnecken. Reis – für das Fussvolk unerschwinglich – wurde importiert. Es gab einen Reichtum an Gewürzen, Zucker, Wein und ebenfalls importierten Branntwein.