Kapitel Nr.
Kapitel 15.08

Offizielles Postbüro mit Posthalter auf dem Kaufplatz

Von 1808 bis zur Geburt des Bundesstaats 1848 war das Postwesen Sache der Kantone. Die eidgenössische Post nahm ihre Tätigkeit am 1. August 1849 auf, wobei sie noch nicht über eine einheitliche Brieftaxe verfügte; erst 1862 kam die schweizerische Einheitsbriefmarke von 10 Rappen für 10 Gramm.

Lange vorher, im 17. Jahrhundert, hatte im Wallis eine Familie Fischer aus Bern die Post besorgt; sie führte sechs Poststellen, nämlich in Saint-Maurice, Martigny, Sitten, Leuk, Brig und Visp.

Neue Adresse Kaufplatz

In Visp gab es um 1830 eine Postablage im Hotel La Poste. Das erste offizielle Postbüro wurde dann im Haus Lisi am Kaufplatz eröffnet, wo der erste Visper Posthalter, der einheimische Donat Andenmatten, von 1847 bis 1873 wirkte. Er bezog eine Anfangsbesoldung von jährlich 800 Franken, die bis 1865 auf 1 000 Franken anstieg; damit wurde er zu einem Topverdiener im Ort. Als erste Briefboten arbeiteten Franz Furger, Johann H. Graven und Augustin Albrecht.

Andenmattens Nachfolger war Emanuel Burgener, der seine Funktion von 1873 bis 1908 ausübte.

Von da an kamen die Poststellenleiter alle von auswärts nach Visp: von 1908 bis 1920 der St. Galler Josef Hermann, der 1912 zum Postverwalter aufstieg, als das Postbüro von einem Postamt abgelöst wurde.

Im Haus rechts auf dem Kaufplatz befand sich zwischen 1847 und 1909 das erste offizielle Postbüro. 

zVg/Remo Valsecchi

Der Fortschritt zog ein

Am 1. September 1866 wurde in Visp ein einfaches Telegrafenbüro eröffnet.

Pferdepost wurde überflüssig

Als die Eisenbahn 1876 erstmals in Visp Halt machte und am 1. Juli 1878 die Eisenbahnstrecke Susten–Brig in Betrieb genommen wurde, konnte fortan auch die Post per Bahn befördert werden. Damit erübrigte sich die Pferdepost.

Postamt Visp bediente auch Umgebung

Die Post Visp hatte lange Zeit die Funktion eines Zentrums; von hier aus wurden auch die umliegenden Gemeinden bedient. Eine davon war Eggerberg, bis das Dorf am 1. Juli 1926 eine Haltestelle der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn erhielt, wo fortan die Post ein- und ausgeladen wurde. Zeneggen verfügte schon vor 1850 über eine Ablage, die man 1935 in ein Büro umwandelte; als erster Posthalter wirkte Peter Pfammatter.

Seit dem 1. August 1888 gab es in Baltschieder eine Ablage, deren Umwandlung in ein Büro am 1. April 1924 erfolgte; Ludwig Nellen war der erste Posthalter. In Eyholz, bis 1878 mit einer Ablage und ab 1924 mit einem Büro versehen, amtete Anton Truffer als erster Posthalter.

Mehr als 300 000 Briefe und Pakete im Jahr 1908

Im Jahr 1908, kurz bevor die Lonza AG ihre ersten Betriebsgebäude aufstellte, wurden in Visp 334 580 Briefe und Pakete registriert und 8 600 Einzahlungsscheine ausgefüllt. Wertzeichen – Briefmarken – verkaufte die Post für 13 900 Franken.

Später war das Postbüro im Gattlen-Haus an der «Hauptstrasse» untergebracht.

Nicht datiert, Fotograf unbekannt, zVg/Francis Gattlen

Post rückte näher an den Bahnhof

Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte die Post ihr Büro im Erdgeschoss des Gattlen-Hauses an der oberen Bahnhofstrasse. Im Mai 1956 zog sie in einen Neubau am Bahnhof; der Umzug der Büros des Postamts hatte sich nicht mehr verhindern lassen. Damit verfügte die Post in Visp erstmals über eigene Lokalitäten. Im gleichen Haus war neben der Post auch das Hotel Touring der Familie Alex Bodenmüller-Pfefferlé untergebracht. Dieser Neubau gehörte zu 62 Prozent der Familie Bodenmüller und zu 38 Prozent der eidgenössischen Postverwaltung.

Mit «Tschifra» nach Visperterminen

In Visperterminen wirkte ab 1887 der Posthalter Alex Stoffel, der Grossvater des späteren langjährigen Posthalters Herbert. Ab 1946 erfolgte der Transport der Post von Visp ins Heidadorf mit dem Postauto; zuvor hatte jeweils Lorenz Gentinetta vom Staldbach die Postsachen hinaufgetragen. Theodul Gsponer war der Zweite, der einmal wöchentlich mit der «Tschifra» die Post nach Visperterminen brachte. Auf dem Rückweg durch das Dorf besorgte er auch den Zustelldienst. Es folgte für fünf Jahre Otto E. Schubüell, für weitere drei Jahre Louis Biaggi. Ab 1928 bekleidete Joseph Rey Bellet aus Saint-Maurice diesen Posten und behielt ihn bis 1944; mit Albert Perrig kam gegen Ende des Kriegs ein Brigerberger.

Bürchen und vorerst auch Unterbäch wurden ab 1. Mai 1937, als die Strasse eröffnet wurde, mit dem Postauto bedient.

Ab 1883 täglich Maultier-Post

Während den ersten 40 Jahren des 19. Jahrhunderts soll kein Postverkehr ins Saastal bestanden haben. Zuvor schickten offenbar die einzelnen Dörfer auf eigene Kosten Boten zum nächsten Marktflecken Visp. Wöchentlich einmal pilgerte dann ein Fussbote nach Visp, um dort sämtliche Post für das Saastal abzuholen.

Nur ein Fuhrmann befasste sich mit der Versorgung des Tals mit nicht einheimischen Lebensmitteln, hauptsächlich mit Salz – dies dreimal wöchentlich. Die Hinreise beanspruchte einen ganzen Tag, die Rückreise einen weiteren.

1883 wurde die tägliche Maultier-Post zwischen Visp und Saas-Fee eingeführt, natürlich nur für die Sommerzeit vom 15. Juni bis 15. September. Das Transportunternehmen gehörte den beiden Visper Hoteliers Severin Lagger und Franz Stampfer, Besitzer des Hotels Post in Visp, welches denn auch Ausgangspunkt war. Die beiden Gasthausbesitzer waren gleichzeitig Mieter des Hotels Dom in Saas-Fee. [Siehe auch Kapitel 16.03 «Visper als Pioniere in der Hotellerie von Zermatt und Saas-Fee».]

Dieser Transport umfasste zwei Teilstücke, nämlich Visp-Hutegga und Hutegga-Saas-Fee. In der übrigen Zeit des Jahrs transportierten Boten das Notwendigste. Die maximale Last pro Maultier betrug 125 Kilogramm und kostete für einen Tag 14 Franken pro Tier.

Die Transporte der Post ins Mattertal hinein besorgten bis zur Eröffnung der Visp-Zermatt-Bahn 1891 die Zermatter Kronig und Perren. Mit Aufnahme des Winterbetriebs der Bahn im Jahr 1929 fiel dann die Maultierpost gänzlich weg. Damit verstummte auch das Geläute der langen Maultierkolonnen; ein Stück Romantik auf dem Weg ins Tal hinein war dahin.

Fehlende Verkehrswege für ärztliche Versorgung

Lediglich in äussersten Notfällen, zum Beispiel bei Geburten, wurde aus dem Saastal der nächste erreichbare Arzt, derjenige aus Visp, herbeigerufen. Damit dieser auf schnellstem Weg Hilfe leisten konnte, wenn es nicht schon zu spät war, musste er die 27 Kilometer von Visp nach Saas-Fee auf einem Maultier reitend zurücklegen. 1870 beanspruchte der Visper Arzt für einen Krankenbesuch im Saastal allein für die Hinreise einen ganzen Tag.

Der «Briger Anzeiger» hielt am 7. Januar 1903 fest: «Während der Fortschritt im Bezirk Visp schon manche schöne Früchte zeigt, ist für die Gesundheitspflege noch sehr wenig getan worden. Wie oft kommt es vor, dass bei Krankheitsfällen der 8 bis 10 Stunden lange, mühsame Weg nach Visp zurückgelegt werden muss, bis man ärztliche Hilfe hat. Nicht selten trifft es dann doch ein, dass der Arzt daselbst nicht anwesend oder gar krank ist und man sich in der fatalen Lage befindet, Hilfe in Brig oder anderweitig zu suchen. Wie wäre es, wenn die Gemeindebehörden und andere einsichtige Männer, denen das Volkswohl am Herzen liegt, die Frage prüfen würden, ob es nicht angezeigt wäre, in Stalden, als dem Centralpunkt des Bezirkes, ein Heim für den Bezirksarzt zu errichten.»

1917 gründeten schliesslich die vier Saastal-Gemeinden eine eigene Krankenkasse und stellten mit Dr. Gelpke ihren ersten eigenen Arzt an.