Regionale Abwasserreinigungsanlage Visp, ein Gemeinschaftsbetrieb von Lonza und Gemeinden
Ende der 60er-Jahre wurde das Problem des Abwassers dringlich. Der Gemeinderat erteilte Ende 1969 den Ingenieurauftrag für ein Vorprojekt für eine Abwasserreinigungsanlage (ARA). Mit der Ausarbeitung des generellen Kanalisationsplans und des Vorprojekts für die ARA beauftragte er die Ingenieurgemeinschaft Spring Teysseire.
Gemeinsame Kläranlage von Industrie und Gemeinden
Am 18. November 1970 stimmte der Visper Gemeinderat an einer Sitzung mit der Lonza AG grundsätzlich dem Bau einer gemeinsamen Kläranlage mit den Lonzawerken zu.
Um bei künftigen Verhandlungen über eine Dokumentation zu verfügen, wollte der Gemeinderat selber ein Vorprojekt mit Kostenvoranschlag für eine rein kommunale Kläranlage in Auftrag geben.
Die Lonza AG hatte im Werk Visp die Abwässer von Gemeinde und Werk in Versuchsanlagen zur Abwasserreinigung im Dauerbetrieb pilotiert und auf Abbaubarkeit überprüft. Aufgrund dieser Versuche und der damals neusten Entwicklung der Abwasserreinigungstechnik erkannten die zuständigen Instanzen von Gemeinde und Lonza 1972, dass die wirtschaftlichste und zweckmässigste Lösung für das Abwasserproblem der Region Visp eine gemeinsame Anlage von Industrie und Gemeinden war.
In Übereinstimmung mit dem Kanton wurden dabei auch die Gemeinden Eyholz, Lalden, Eggerberg und Baltschieder, etwas später Visperterminen, in die Region einbezogen.
Ende 1972 konnte das Vorprojekt beim kantonalen sanitätstechnischen Amt eingereicht werden.
Subventionen von fast 70 Prozent
Die approximativen Kosten der ARA wurden mit sämtlichen Erschliessungs- und Nebenkosten auf circa 24 Millionen Franken veranschlagt. Gemäss Subventionszusage konnte die Gemeinde in Gemeinschaft mit der Lonza eine Subventionierung von 42,5 Prozent erreichen. Zusammen mit dem Kanton konnte man generell mit 68 Prozent Subventionen rechnen.
Die Gemeinde Visp verfügte für die Kläranlage über Bodenreserven von 1 066 Quadratmetern westlich des «Schwarzen Grabens», doch musste sie weiteren Boden erwerben, denn für die Anlage waren rund 35 000 Quadratmeter notwendig. Parallel zu den Bauarbeiten hatte die Gemeinde Visp die Hauptleitung von der Vispa bis zur Kläranlage zu erstellen.
Kanalisationsvorschriften vor der ARA
Gemäss den Kanalisationsvorschriften, welche die Urversammlung 1965 neu beschloss, bezweckten die Abwasseranlagen die Sammlung und unschädliche Ableitung der Abwässer und Fäkalstoffe aus Häusern und Grundstücken sowie ihre Reinigung vor der Einleitung in ein Gewässer, genannt Vorfluter. Sie umfassten das öffentliche Kanalisationsnetz, welches von der Gemeinde erstellt oder erworben wurde, private Kanäle beziehungsweise Leitungen, welche von mehreren Grundeigentümern erstellt wurden, die Anschlussleitungen der einzelnen Gebäude und schliesslich die zur Reinigung der Abwässer erstellten Anlagen und Einrichtungen. Jauchegruben – im Ortsinnern gab es noch landwirtschaftliche Betriebe – durften keine Überläufe in die Kanalisation enthalten.
Die ARA sollte Visp über Jahrzehnte beschäftigen
Die Bauarbeiten wurden am 23. August 1974 mit dem ersten Spatenstich begonnen. Nach zweijähriger Bauzeit waren sie im Spätherbst 1976 abgeschlossen. Nach dem Probelauf wies die Anlage nach einzelnen Anlaufschwierigkeiten sehr gute Abbauresultate auf. Erstmals konnten im Frühjahr 1977 kommunale und industrielle Partner ihre Abwässer in das über 30 Millionen Franken teure Werk einleiten.
Die ARA war für eine hydraulische Wassermenge bis zu 11 000 Kubikmeter Industrieabwasser und rund 11 000 Kubikmeter kommunale Abwässer ausgelegt.
Regional-ARA für acht Gemeinden
1977 führten längere technische, politische und wirtschaftliche Diskussionen zum Beschluss, im Gebäude unterhalb des Schwarzen Grabens anstelle getrennter Anlagen einen Gemeinschaftsverband in Betrieb zu nehmen: Die Regional-ARA ist ein Zweckverband der Gemeinden Visp, Visperterminen, Mund, Brigerbad, Lalden, Eggerberg, Baltschieder, Ausserberg und der Lonza AG. Der Betrieb dieser ARA wurde der Lonza AG übertragen.
Trotz Problemen in den ersten Betriebsjahren war es ein weitsichtiger und kluger Entscheid, denn zwei oder gar mehrere ARA auf den beschränkten Bodenreserven von Visp und Umgebung wären heute erst recht nicht mehr vertretbar.
Visper Luft
Im Frühjahr 1990 stellte man in Visp fest, die Luft sei zwar besser als angenommen, wenn auch noch nicht durchwegs so, wie sie sein sollte. Trotz der erheblichen Anstrengungen der Industrie und der ARA sei das Geruchsproblem noch nicht ganz gelöst. Man müsse allerdings anerkennen, dass es in Visp nicht mehr so oft und nicht mehr so stark stinke. Ein «Nullgeruch» sei unerreichbar. Jede Tätigkeit erzeuge einen charakteristischen Grundgeruch, den unser feiner Geruchssinn bestimmt wahrnehme.
Erfreulich sei die weitgehende Abnahme der Nebelbildung aus und über dem Industrieareal. Durch konsequentes Vermeiden beziehungsweise Vermindern von Emissionen nebelbildender Substanzen wie Ammoniak und Salzsäure sei es gelungen, die früher weit sichtbare Dunstglocke zu vermeiden.
Üble Gerüche aus der ARA
Noch kurz vor der Jahrhundertwende kam es in Visp zu teils unangenehmen Geruchsbelästigungen, welche von der ARA herrührten. Die Visper Abwasserreinigungsanlage, welche die Lonza AG betreibt, besteht aus zwei parallel betriebenen Strassen der Abwasserbehandlung. Jede besteht aus Belüftungs- und Absatzbecken. Das Belüftungsbecken ist mit einer Abluftreinigungsanlage abgedeckt, welche verhindert, dass unangenehme Gerüche in die Umgebung gelangen. Jährlich müssen Teile dieser beiden Strassen gereinigt werden. Bei der Öffnung der Abdeckung verbreitet sich der unangenehme Geruch faulenden Klärschlamms.
Bei Unterhaltsarbeiten gab es immer wieder Geruchsbelästigungen, die von der Mischung der Abfälle aus der Siedlung und der Chemie herrührten. Auch nach mehr als 40 Jahren hat man noch Mühe, dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Vermeidung der Geruchsbelästigungen
Bis zum Herbst 2012 investierte die Lonza als Betreiberin der ARA Visp 2,5 Millionen Franken in die Abwasserreinigungs- und Schlammverbrennungsanlage. Es hiess, Geruchsemissionen könnten durch Verbrennung der organischen Stoffe in der Luft künftig verhindert werden. Das erlaubte es, für den Zweckverband der Regional-ARA Visp eine neue Abluftbehandlung zu installieren, die während dem regulären Betrieb die Vermeidung von Geruchsbelästigungen gewährleisten sollte. Bis dahin hatten die Geruchsbelästigungen nämlich trotz verschiedenster Massnahmen nicht zufriedenstellend eliminiert werden können. Diese Investition trage wesentlich zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in Visp bei, hiess es. Dies war umso wichtiger, als gleichzeitig östlich der ARA die Bautätigkeit in Visp West, dem grössten Visper Wohnquartier der Zukunft, voll einsetzte.
Kapazitätserhöhung und Sanierungen
Zwischen 2017 und 2023 wurden etappenweise zwei grosse Vorhaben realisiert und dabei rund 22 Millionen Franken investiert. Mit einem zusätzlichen vierten Reinigungsbecken wurde die Kapazität um 25 Prozent erhöht; im Anschluss daran erfolgte die Sanierung der bestehenden Becken. Zudem wurde die Bausubstanz der 1974 erstellten Anlage saniert. Die Kosten wurden anteilmässig aufgeteilt; 60 Prozent übernahm die Lonza, den Rest die Gemeinden anhand ihrer Abwassermenge in den letzten fünf Jahren. Auf die Gemeinde Visp entfiel mit 5,6 Millionen Franken der grösste Anteil.
Lonza musterhaft bei Abfallentsorgung
Das Werk Visp der Lonza entsorgt seine Abfälle seit den 80er-Jahren restlos selbst und wird daher immer wieder als Musterbeispiel dargestellt. Es bestehen dabei klare Prioritäten in Bezug auf die Abfälle: Sie sollen vermieden, vermindert, verwertet und entsorgt werden.
1992 verwirklichte die Lonza ein vollständig in die Produktion integriertes Entsorgungskonzept. Die Bausteine dazu waren werkseigene Entsorgungsbetriebe wie die ARA im Schwarzen Graben, der Rückstandsverbrennungsofen im Werk selbst und die Reststoffdeponie in Gamsenried. Ein zentraler Punkt war dabei, dass Abfälle, die bei der Herstellung einer gewünschten Substanz als Nebenprodukte entstanden, wenn immer möglich für andere Produktionen verwendet wurden. Nicht wiederverwendbare Stoffe wurden verbrannt und die Wärme – auch die Abwärme der chemischen Prozesse – im Energieverbund genutzt. Über eine Dampfturbine wurde mit der Verbrennungswärme Strom erzeugt. Das Resultat waren drei Viertel der Energiemenge, die für die Produktionsprozesse der Lonza benötigt wurde. Die überschüssige Wärme heizte das Fernwärmenetz der Gemeinde Visp, dem 147 öffentliche oder private Abnehmer angeschlossen waren, darunter grosse wie das Spital oder das Kultur- und Kongresszentrum La Poste. Mit diesem Netz liessen sich rund 2 500 Tonnen Heizöl im Jahr sparen.
Vorbehandlung des Wassers
Eine 1992 in Betrieb genommene Dekontaminationsanlage diente der Vorbehandlung von Abwässern im Werk. Hier wurden Sonderabfälle bei sehr hohen Temperaturen bis 1 500 Grad verbrannt. Mit Ausnahme der Stickoxide (NOx) wurden die Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung eingehalten.
Um die Grenzwerte einhalten zu können, investierte das Werk 13,5 Millionen Franken.
Von einer Tonne Sonderabfall blieben nach der Verbrennung noch 50 Kilogramm Material übrig. Diese Rückstände lagerte die Lonza in der im gleichen Jahr erneuerten werkseigenen Restdeponie im Gamsenried.
Das Energiemanagement im Werk beruhte auf einem eigentlichen Energieverbund, der teilweise mit der werkeigenen Entsorgung von Reststoffen gekoppelt war.
Mit dem hohen Stand des Umweltschutzes hatte die Lonza nach 20-jähriger Anlaufzeit einen klaren Wettbewerbsvorteil erlangt, der sich beispielsweise darin ausdrückte, dass das Werk die dannzumal gültigen ökologischen Auflagen der eidgenössischen Luftreinhalteverordnung vollumfänglich erfüllen konnte. Dies wurde unter anderem von amerikanischen Firmen zur Bedingung gemacht.
Produktionsabfälle in Gamsen
1918 hatten die Visper Lonzawerke damit begonnen, im Gamsenried Produktionsabfälle abzulagern, vorwiegend Kalkhydrat, Gips und so weiter.