Römer, Burgunder, Franken und die Alemannen, die blieben
Nachdem das Wallis in vorchristlicher Zeit von keltischen Stämmen besiedelt worden war, wurde es kurz vor Christi Geburt, im Jahr 15 v. Chr., im Zuge des Alpenfeldzugs von Rom aus erobert und geriet unter römische Herrschaft. Das sollte die Zivilisation des heutigen Wallis zu rascher Entfaltung bringen. Die Vallis Poenina, die zu einem grossen römischen Verwaltungsbezirk gehörte, scheint sich früh und vollständig romanisiert zu haben. Im Vergleich mit den übrigen Teilen der heutigen Schweiz hielt sich die Herrschaft der Römer im Wallis am längsten, vorwiegend allerdings im Unterwallis, in den Zentren Martigny (Octodurum) und Sitten (Sedunum). Im 5. Jahrhundert liessen sich auch die Burgunder im Wallis nieder und wurden als tolerante Besetzer wahrgenommen. Allerdings lässt sich nicht bestimmen, wie weit sie das Rhonetal heraufzogen. Als germanischer Volksstamm brachten sie ihr Recht und ihr Brauchtum mit, verbanden beides mit Elementen römischen Ursprungs und wandelten es klug um. Sie schätzten offenbar die überlegene Kultur ihrer romanischen Vorgänger. Im Oberwallis zeugt einzig der Fund eines Burgunder Friedhofs in Visp von dieser Epoche. In den unteren Zenden des bischöflichen Wallis erhielt sich die romanische Sprache und mit ihr mancher Brauch und manche Sitte aus römischer Zeit. Das burgundische Königreich kam schliesslich unter das Zepter der Frankenkönige, deren Herrschaft auch im Wallis anerkannt wurde.
Vermutlich im 8. und 9. Jahrhundert wanderte schliesslich vom Norden her ein anderer germanischer Stamm ein, die Alemannen. Diese wurden in den oberen Talschaften des Wallis sesshaft, rodeten das Land und errichteten die ersten Wohnstätten. Sie verstanden es, alles Kulturgut, das ihnen fremd war – das romanische – langsam und ohne Zwang zum Verschwinden zu bringen. Im oberen Rhonetal und in den oft nur schwer zugänglichen Bergtälern dürfte der römische Geist aber wohl kaum je gleich stark verwurzelt gewesen sein wie in den unteren Talschaften und die Bewohner lebten vermutlich eher noch nach keltischen Sitten. Die germanische Sprache, das germanische Recht und die Stammessitten der Germanen erlangten hier nun mehr und mehr Geltung. Die Alemannen stiessen nicht auf eine festgefügte, überlegene Kultur wie früher die Burgunder. Damit verschwand oberhalb von Leuk fast alles, was an eine romanische Kultur hätte erinnern können. In Leuk indessen sprach man noch im 13. und 14. Jahrhundert französisch. Dann aber drang das Alemannische immer mehr talabwärts, um schliesslich die deutsche Sprache über Siders bis nach Sitten hinunter zu tragen. Vorübergehend! Es gibt Vermutungen, dass Visp schon im 10. Jahrhundert eine der ersten Grosspfarreien im Oberwallis beherbergte; urkundlich erwähnt wird die Grosspfarrei erstmals 1214.