Kapitel Nr.
Kapitel 19.08

Spital Sta. Maria wurde zum Bezirksspital mit Pflegeschule

Dass Visp Spitalstandort wurde, ist zunächst auf die Schwestern des Briger Klosters St. Ursula zurückzuführen. Sie hatten 1923 in Visp eine Haushaltungsschule (industriell-hauswirtschaftliche Fortbildungsschule) eingerichtet und dafür 1925 einen Ausbau östlich der Pflanzetta ins Auge gefasst. 

Am 5. Januar 1926 dankte der Gemeinderat dem Kloster St. Ursula in Brig für diese Absicht. Leider würden es die gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse der Gemeinde nicht erlauben, grössere Leistungen zu übernehmen. Immerhin sei man gerne bereit, die notwendigen Zufahrtsstrassen, Wasserleitungen und Abwasserkanäle bis zum Eigentum des Klosters gratis zu erstellen und das Vorhaben moralisch zu unterstützen.

Mutterseelenallein in den oberen Baumgärten, mitten im Grünen – und mitten im Bild – steht 1930 das schmucke Gebäude für die Haushaltungsschule, das schon bald in ein Spital umgewandelt wurde. Erstellt wurde es vom Kloster St. Ursula auf günstigem Boden; die Gemeinde Visp sorgte für Zufahrtsstrassen, Wasserleitungen und Abwasserkanäle. Vorne links der Friedhof und die Pflanzetta, vorne rechts der Rebhügel mit dem «Turli».

© Swisstopo

Kloster erwarb Boden in Visp

Der dazugehörige Bau entstand auf einem Gelände östlich der Pflanzetta, in unüberbauter, idyllischer Umgebung; die circa 6 000 Quadratmeter messende Parzelle hatte das Kloster am 17. Juni 1926 zum Preis von 1.80 Franken pro Quadratmeter gekauft. Im Winter 1926/1927 zog die Haushaltungsschule ein. 

Da das Briger Kloster aber aufgrund seiner missionarischen Tätigkeit in Südafrika Bedarf an gut ausgebildeten Krankenpflegerinnen hatte, geriet die Zielsetzung der Haushaltungsschule in den Hintergrund.

In diesem Gebäude in den oberen Baumgärten installierte sich in den 30er-Jahren das Spital von Visp. Nachdem das Haus neu gebaut worden war, im Winter 1926/1927, war dort die Haushaltungsschule St. Maria eingezogen, welche die Schwestern des Klosters St. Ursula seit 1923 in Visp betrieben hatten.

Fotograf unbekannt, erschienen in Theler/Andenmatten 1991

Klinik Sta. Maria verdrängte Haushaltungsschule

Der Umbau der seit einem Jahrzehnt bestehenden Haushaltungsschule in die Privatklinik Sta. Maria, bei gleichzeitiger Schaffung einer kantonal anerkannten Pflegerinnenschule, wurde zum Beschluss erhoben. Dies war im Rückblick ein Wagnis finanzieller, baulicher, medizinischer und organisatorischer Art. Es gab Zaghafte, Zweifler und Kritiker in grosser Zahl, die der Sache nicht trauten.

1934 schritt man zur Realisierung dieses nicht einfachen Vorhabens. Schon zehn Monate später erfolgte die feierliche Grundsteinlegung und nach einem weiteren Jahr dienten die wohl geratenen Räume dem Gesundheitswesen.

Das erste Spitalgebäude von Visp; es diente bis in die 50er-Jahre dem Spitalbetrieb. 

Fotograf unbekannt, erschienen in Theler/Andenmatten 1991

Beginn äusserst bescheiden

Der Umbau zur Privatklinik, die Ausrüstung der Zweckräume und die Beschaffung des medizinischen Zubehörs waren in Rekordzeit erfolgt. Der Beginn des Unternehmens war äusserst bescheiden. Es lebte vom guten Willen aller, von der Hingabe und Opferbereitschaft des Personals, vor allem aus dem Kloster, sowie dem jugendlichen Enthusiasmus der Ärzte, deren Monatslohn 350 Franken betrug, plus freie Station, wie es hiess, und vom Überlebenswillen der ersten Patienten.

Die Klinik beherbergte nebst den jeweils 20 bis 25 Patienten die neu eröffnete Pflegerinnenschule.

Erster medizinischer Berater war Dr. Josef Schmidt, der spätere Chirurg und Chefarzt am Kreisspital Brig. Im Dezember 1934 konnte die erste Operation erfolgreich durchgeführt werden. 

Das Einmann-Spital, wie man es zu bezeichnen pflegte, entwickelte während zwei Jahren unter schwierigen Bedingungen eine segensreiche Tätigkeit. Der Haupterfolg lag wohl darin, dass das vermehrte Bedürfnis nach intensiverer medizinischer Betreuung in der Region der Vispertäler erst jetzt so richtig klar wurde. Diese Erkenntnis sollte den Jahre dauernden Aufbau des Bezirksspitals Sta. Maria Visp prägen.

Zur Förderung der Hygiene

1927 führte die Visper Krankenpflegerin Lina Bellwald in 31 Ortschaften eine Wanderausstellung für Säuglingspflege durch. «Pro Juventute» unterstützte die Kampagne.

Färbekurs mit einheimischen Pflanzen

1928 wurde im Sta. Maria in Visp ein Färbekurs durchgeführt – dies unter Verwendung von einheimischen Pflanzen.

Dipl. Apotheker

1932 bestand Eduard Burlet junior das eidgenössische Apothekerexamen.

Tägliche Pension von 3 bis 12 Franken

Im Spital gab es 1936 eine neue Hausordnung und ein neues Spitalreglement, das unter anderem einen täglichen Pensionspreis von 3 bis 12 Franken vorsah.

Schweinestall für Spital

1936 entsprach der Gemeinderat dem Gesuch der Klinik Sta. Maria zur Erstellung eines Schweinestalls in der südwestlichen Ecke des Gartens.

Sta. Maria wurde Bezirksspital

Um Zuschüsse der Versicherungen zu erhalten, wurde die Privatklinik schon 1936 in ein Bezirksspital umgewandelt: Der damalige Regierungsstatthalter Dr. Viktor Petrig lud im April 1936 den Bezirksrat nach Stalden ein. Nicht weniger als 21 Gemeinden folgten der Einladung. Es ging darum, die Umwandlung der Privatklinik in ein Bezirks- oder Regionalspital und die Gründung einer entsprechenden Gesellschaft zu diskutieren.

Nachdem der Vorsitzende über den Stand der Dinge orientiert hatte, liess sich die Versammlung unter kleinen Vorbehalten von diesem Vorhaben überzeugen. Einstimmig wurde die Gründung eines Bezirksspitals im Prinzip beschlossen.

Dabei wurde hervorgehoben, dass keine Konkurrenz zum Spital Brig geschaffen werden solle. Vielmehr solle den Kranken eine kleine Auswahl zur Verfügung gestellt werden. Es wurde auch beschlossen, mit dem Staat über Subventionen zu verhandeln.

Der Beschluss war eines. Es blieben die Hindernisse, Schwierigkeiten und Bremsklötze, die es nun auf dem vorgezeichneten Weg auszuräumen und zu überwinden galt.

Gemeindepräsidenten anfänglich skeptisch

Schon einen Monat später traf sich der Bezirksrat in dieser Sache erneut. Skeptische Gemeindepräsidenten hatten sich vorerst geweigert Verpflichtungen oder allfällige Haftbarkeiten zulasten der Gemeinden zu übernehmen. Nachdem diese Gemeinden von der Belastung eines obligatorischen Beitrags befreit wurden, fanden die Statuten in diesen vorsichtigen Kreisen Gnade.

Der 12-köpfige Verwaltungs- oder Aufsichtsrat wurde gewählt. Der leitende Ausschuss bestand aus Dr. Viktor Petrig, Präsident, Karl Anthamatten, Gemeindepräsident Visp, Ehrw. Sr. Berchmans, St. Ursula Brig.

Nach der Konsolidierung auf organisatorischer, rechtlicher, finanzieller und medizinischer Ebene wurde am 7. Mai 1936 die neue Interessengemeinschaft mit der Bezeichnung «Bezirksspital Sta. Maria Visp» als Wohltätigkeitsverein ins Handelsregister eingetragen.

Es galt, das junge, vom Kloster geschaffene, kaum zweijährige Werk und die noch jüngere, soeben erst gegründete öffentlich-private Interessengemeinschaft zu festigen. Einer breit angelegten inneren Konsolidierung folgten nun rund zehn Jahre des Bemühens um eine gute Sache, aber auch zehn Jahre, in denen mit verschiedensten Widerwärtigkeiten, Missgunst und oft Unverstand gerungen werden musste. 

Obwohl die Suche nach neuen Mitgliedern fortgesetzt wurde, blieb der Erfolg gering. Trotz aller Aufrufe von Bezirks- und Aufsichtsrat betrug deren Zahl nach zweijährigem Bemühen erst 40. Davon waren 26 Einzelmitglieder und 14 Gemeinden, juristische Personen und Krankenkassen. Das bereitete dem Verein grosse Sorgen.

Bescheiden war auch der Erfolg der Bemühungen um Kapitaläufnung und finanzielles Wachstum. Wenn die Jahresrechnung des Spitals in dieser Zeit nicht negativ abschloss, war dies vor allem der äusserst bescheidenen Entlöhnung der im Betrieb tätigen Ursulinen – 25 Franken im Monat – zu verdanken.

Kloster verkaufte Spital für 360 000 Franken

Schliesslich konnte 1941 dennoch der Kaufvertrag zwischen dem Kloster als Verkäufer und dem Aufsichtsrat des neuen Vereins als Käufer unterschrieben werden. Der Preis betrug 360 000 Franken. Darin inbegriffen waren gemäss Inventarliste auch Schweine, Hähne und Hühner im Wert von 507 Franken.

Der Verein wurde damit Besitzer der Liegenschaften, Immobilien und Grundstücke des alten Sta. Maria. Die Verrechnung der Kaufsumme war so zu interpretieren, dass das Kloster für diesen Betrag Miteigentümer des Bezirksspitals Sta. Maria wurde. 

Alle Anstrengungen der Verantwortlichen galten nun dem ärztlichen Ruf und der medizinisch-chirurgischen Qualität des Hauses.

Chefärzte Dr. Schmidt, Dr. Hirschberg und Dr. Müller

Das Spital konnte stets auf eine hingebungsvolle, wenn auch zeitlich oft beschränkte Mitarbeit massgeblicher Chefärzte wie Dr. Josef Schmidt, Dr. Otto Hirschberg und Dr. Leo Müller zählen. Es veranlasste laufend die Modernisierung der medizinischen Ausrüstung.

Um den medizinischen Bedürfnissen der immer zahlreicher werdenden Patienten gerecht zu werden, kamen zusätzlich Spezialisten zu wöchentlichen Konsultationen und auch Operationen nach Visp, unter ihnen die Siderser Otto Gentinetta für Hals, Nasen und Ohren und Dr. Broccard für Augen.

Im Rückblick darf man den ärztlich-medizinischen Dienst an der Öffentlichkeit im Verhältnis zu der damals bescheidenen und doch zeitgemässen Ausrüstung als gelungen, wertvoll und wirksam bezeichnen. 

Die Bettenzahl war auf 30 bis 35 beschränkt.

Visper Arzt nutzte «Walliser Boten»

Dr. Otto Hirschberg, Arzt am Spital Visp, schrieb Mitte der 30er-Jahre im «Walliser Boten» regelmässig unter der Rubik «Du und Dein Arzt».

Ursuline als Gemeindeschwester

Die wachsende Bevölkerung rief nach besserer und ständiger Bereitschaft im Sozialwesen. Der Frauenverein St. Vinzentius hatte bisher in der Armenpflege gewirkt. Mit der Burgerspend hatte die Burgerschaft Visp der Bevölkerung über Jahrhunderte Wohltaten erwiesen. Nun wurden diese «Armensäckel» in andere Hände gereicht: 1927 stellte der Gemeinderat erstmals eine Gemeindeschwester aus dem Kloster St. Ursula an. Deren Entlöhnung übernahmen die Gemeinde und die Lonza gemeinsam. Damit konnte eine Verbesserung im Sozialwesen erreicht werden; die bisherige Arbeit des Frauenvereins konnte wirksamer gestaltet werden. 

1935 beschloss der Burgerrat, fortan die Zinsen des Spendenfundus den Organisationen zur Verfügung zu stellen, die seit Jahren zugunsten der Armen tätig waren. Damit wurde das «Spendebrot» abgelöst. 

1938 stellte die Gemeinde Visp Hedwig Escher, Nonne aus dem Kloster St. Ursula, als Gemeindeschwester an.

Als zweites Bezirksspital umstritten

Der Kampf um Anerkennung war aber noch weit mühsamer und aufwendiger. Es galt vorerst, eine starre, vergangenheitsbehaftete, oft geradezu feindliche Umwelt davon zu überzeugen, dass das Vorhaben, im Oberwallis ein zweites Bezirksspital zu schaffen, gut und notwendig war. Die Widerstände, denen fragwürdige und antiquiert anmutende Motive zugrunde lagen, waren nicht nur bei Laien, sondern auch in Fachkreisen fühlbar.

Es war nicht einfach, diese Widerstände abzubauen und anderseits – nahezu prophetisch – auf eine wenig später einsetzende Revolution auf dem Gebiet der Spitalbauten und den Mehraufwand an medizinischer Betreuung hinzuweisen.

Von Militär und SUVA anerkanntes Bezirksspital

Die Anerkennung durch die Gemeinden, das Rote Kreuz, die Militärversicherung und die SUVA war wichtig. Ohne diese wäre eine derartige Institution auch in rechtlicher Hinsicht kaum lebensfähig gewesen; mindestens hätte dies ihre Entfaltung gehemmt.

Dass die SUVA das Spital anerkannte, ist nebst der guten Ausrüstung des Hauses auf die immer stärker werdende Industrialisierung des Einzugsgebiets und die positive Mitarbeit der Lonza AG zurückzuführen.

Ab 1937 konnten Patienten der Militärversicherung zur Behandlung und Pflege im Bezirksspital aufgenommen werden. Aus den dort damals in bescheidenem Ausmass zur Verfügung stehenden Mitteln wurden 5,50 bis 12 Franken pro Pflegetag inklusive ärztlicher Behandlung vergütet.

Enttäuschender Bericht des Staatsrats

Mühselig und aufwendig waren dann ab 1938 die Interventionen beim hohen Staatsrat, in dem Visp seit 1937 durch Karl Anthamatten vertreten war; bis dahin war Anthamatten Vizepräsident des Visper Spitalverwaltungsrats gewesen.

1943 wandte er sich mit folgender Äusserung an den Verwaltungsrat: «Es muss mehr Zug in die Spitalangelegenheit gebracht werden. Die Gemeinden sollen aufgefordert werden, mit ihrer Mitgliedschaft einmal ernst zu machen, und die Sympathie durch Taten bezeugen». Dennoch konnte sich Anthamatten in der Regierung selbst offenbar nicht durchsetzen.

So erlebte die Spitalleitung eine riesige Enttäuschung, als der Staatsratsbeschluss von 1944 negativ ausfiel – dies mit dem Hinweis, das Spital Sta. Maria entspreche weder den Erfordernissen des Dekrets von 1913 noch dem Begriff, der diesem Dekret zugrunde liege. 

Tatsächlich sollte das staatliche Manna erst 15 Jahre später endlich zu fliessen beginnen.

Spital Visp wurde AG

Nach Kriegsende 1945 trat die Frage des Ausbaus und der Vergrösserung des Bezirksspitals Visp in eine neue Phase. Das Kloster erklärte sich bereit, dieses in eine juristische Person umzuwandeln, in der die Gemeinden oder andere öffentliche Körperschaften die Mehrheit der Stimmen besitzen würden. Daraufhin erhöhten die Lonza und die Gemeinde Visp ihren Anteil. Man überliess es der Gemeinde Visp die Initiative zu ergreifen, die anderen Gemeinden heranzuziehen. Der Betrieb sollte auch künftig dem Kloster St. Ursula überlassen bleiben. 

Am weiteren Ausbau des Spitals zeigte auch die Burgerschaft Interesse. Sie beschloss einen Beitrag von 10 000 Franken. 

Erfreulich war, dass die Lonza AG wiederholt hohe, grosszügige Beiträge aus ihrem Wohltätigkeitsfonds zur Verfügung stellte. Auch das Kloster half neben finanziellen Beiträgen durch das fast um Gottes Lohn arbeitende Pflegepersonal. Bedeutend waren ebenfalls die Beiträge anderer Gemeinden, der Fürsorgestelle der Pfarrei Visp und des Visper Gewerbes. 

Ab 1946 wurde ein Gemeindebeitrag von 5 Franken pro Kopf der Bevölkerung erhoben.

Anfangs 1949 erteilte Oswald Burgener, Präsident der Stiftung «altes Spittel» und Leiter der Agentur der Kantonalbank, die Ermächtigung, 10 000 Franken aus dieser Stiftung für den Spitalbau zu überweisen. Das alte Spittel wurde nämlich kaum mehr für die Beherbergung armer Durchreisender und wandernder Handwerksburschen benutzt. 

Im Juni 1953 konnte in Visp das Regionalspital Sta. Maria von Bischof Nestor Adam feierlich eingeweiht werden.

Spital musste dringend ausgebaut werden

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellte der Gemeinderat fest, dass sich beim Spital Sta. Maria ein Anbau aufdrängte. Es herrschte dort nämlich ein empfindlicher Bettenmangel. Das finanzielle Ergebnis des Krankenhauses sei aber derart bescheiden, hiess es, dass es keine Schuldenamortisation zulasse. 

Zudem seien die Verluste und Ausstände von Patienten übermässig gross, sodass sogar ins Auge gefasst werde, beim Eintritt ins Spital ein Krankendepot zu verlangen.

Raumknappheit äusserst erschwerend

Es ist erstaunlich, wie der verstärkte Patientenzuwachs mit minimalem baulich-technischem Aufwand überhaupt verkraftet werden konnte. Und – kaum zu glauben – gleichzeitig gelang es noch den Personalbestand abzubauen. 

Die Raumknappheit wirkte sich nicht nur arbeitstechnisch äusserst erschwerend aus, sie hemmte ebenso die weitere Entwicklung des Unternehmens sowie das Ausmass der angebotenen Dienste. So mussten Kranke allzu früh entlassen werden; Neuaufnahmen waren nur beschränkt möglich. Privatpatienten mussten mangels Einzelzimmer abgewiesen werden.

Anna Muff im Einsatz gegen Tuberkulose

Anna Muff (1914–1977) betreute ab 1944 die Fürsorge der Liga gegen die damals noch grassierende Tuberkulose; auch in Visp gab es tödliche Fälle. 

Ab 1961 war Frau Muff auch Mitglied der kantonalen IV-Kommission und ab 1972 Leiterin des Sozialdienstes der Region Visp. 

1944 finanzierte die Loterie Romande den Ankauf eines Fahrzeugs mit Durchleuchtungsapparat, um Vorsorgekampagnen im ganzen Kanton Wallis durchzuführen.

Dr. Gottfried Meyer.

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Chefarzt Dr. Gottfried Meyer war prägend

In diesen Jahren wirkte Dr. Gottfried Meyer als Chefarzt. 1943 war er als 35-jähriger Spezialarzt für Chirurgie und Gynäkologe an das damals noch kleine Spital in Visp berufen worden. Er war mit der Ärztin Klara Lätt verheiratet. Der junge Chefarzt war überall anzutreffen, am Operationstisch, in der Gebärabteilung, an den Krankenbetten, im Sprechzimmer und blitzschnell wieder auf der Fahrt zu einem Notfall oder einem Krankenbesuch.

Der kleine sehnige Mann, der hilfsbereite Arzt und rasch entschlossene Chirurg stellte mit agilem Geist treffsichere Diagnosen. Für alles verantwortlich, handelte er oft eigenwillig und hielt unbeirrbar an dem fest, was seine Überzeugung und sein Gerechtigkeitsgefühl ihm boten. Er stellte hohe Anforderungen an die anderen und an sich selbst. Schliesslich opferte Dr. Meyer seinem Beruf die Gesundheit und allzu früh sein Leben. Im Alter von erst 54 Jahren wurde er in Visp zu Grabe getragen.

Dr. Peter Z'Brun.

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Oberwalliser Nachfolger Dr. Peter Z’Brun

Rechtzeitig wurde ein Nachfolger vorbereitet: der Oberwalliser Dr. Peter Z’Brun übernahm nach vielseitiger beruflicher Ausbildung 1962 die chirurgische Abteilung und wirkte als stellvertretender Chefarzt. Diese Wahl sollte sich als eine kluge und glückliche erweisen.

Erste Bestrebungen zur Koordination mit Brig

Die Fortschritte der Medizin stellten die Verantwortlichen konstant vor neue Probleme. Eines davon waren die Koordinationsbestrebungen zwischen den Spitälern Brig und Visp, die ab 1951 in mehr oder weniger intensiver Form bestanden.

Gemäss Absprachen der beiden Spitäler übernahm Visp Chirurgie, Medizin, Gynäkologie, physikalische Therapie, konventionelle Röntgenologie und die Kinderabteilung in beschränktem Ausmass, wobei der Ausbau anderer Abteilungen wie Augen, Ohren/Nase und künftige wirtschaftliche und medizintechnische Verhältnisse zu bestimmen gewesen wären. 

Parallel dazu, im Zuge der konstanten Modernisierung (Orthopädie, Mecanotherapie, Hydro- und Elektrotherapie), wurden neue Abteilungen eingerichtet und neue Chefs oder leitende Fachärzte berufen wie Dr. Anton Nanzer (innere Medizin), der 1992 Chefarzt wurde, Dr. Herbert Zimmermann (Orthopädie), Dr. Mario Ruppen (Gynäkologie), Dr. Josko Mudrovcic (Anästhesie).

Indessen nahmen die Patientenzahlen unvermindert zu. Der Ruf nach erneuten Umbauten und vor allem Neubauten war nun nicht mehr zu überhören.

Ausweitung der Kapazität 

Nachdem die zuständigen Organe eine administrative und organisatorische Zusammenarbeit der Spitäler Visp und Brig im Sinne eines hochqualifizierten Angebots aus begreiflichen Gründen ablehnten, wie der Verwaltungsrat verlauten liess, wurde an der Generalversammlung vom 23. April 1960 mit Recht und der Not gehorchend einstimmig beschlossen, den geplanten Ausbau möglichst rasch zu verwirklichen. 

Fast zehn Jahre nach der Einweihung eines ersten Erweiterungsbaus 1953 wurde 1964 im Süden die neue Pflegerinnenschule angegliedert. Im gleichen Jahr konnte das Assistenten- und Personalhaus bezogen werden. Zwei Jahre später bereitete man den Neubau West vor. Das Bauprogramm umfasste unter anderem Räume für Zivilschutz und Katastrophenhilfe, Notfallstation, Operationsräume, Bettenstationen. 

Am 17. Juli 1967 erhielt die Krankenpflege-Schule die Anerkennung des Roten Kreuzes.

Frauen leisteten am Sonntag Spitaldienst

Alarmiert durch den akuten Pflegenotstand in den Oberwalliser Spitälern rief die Visperin Denise Mengis-Wyer, damals Präsidentin des Oberwalliser Frauenbundes,1965 den Sonntagsdienst ins Leben. Motivierte Frauen leisteten in der Folge unentgeltlich und freiwillig Sonntagsdienst auf den Spitalabteilungen. Es wurden vorwiegend Haushaltsarbeiten verrichtet.

Über 5 000 Patienten

5  160 Patienten betreute das Spital Visp 1984, darunter 433 Säuglinge. Mit dieser Zahl befand es sich im Wallis hinter Sitten.

14 Prozent der Belegungstage entfielen auf Touristen, was angesichts der Nähe der verschiedenen Kurorte nicht überrascht.

Alfred Bayard, Präsident des Spitals bis 1988. 

© Armin Karlen

Bloetzer, Präsident des Spitals

Als Nachfolger von Alfred Bayard wählte der Verwaltungsrat des Spitals Sta. Maria anfangs Mai 1988 den Visper Gemeindepräsidenten Peter Bloetzer zum neuen Vorsitzenden.

Ziel: Ausbau auf 230 Betten

Ziel war der Ausbau auf 230 Betten für den erwarteten regionalen Bedarf der Jahre 1980 bis 1986, ebenso die Realisierung der medizinischen Hauptdisziplinen mit der entsprechenden Ausrüstung. Der Planungsauftrag wurde im Wettbewerbsverfahren an das Architekturbüro Henry Besmer in Brig vergeben.

Gegenüber den 40er-Jahren hatte sich die Haltung des Kantons gegenüber den Gesundheitsproblemen erfreulicherweise merklich geändert. Eine Kommission für Spital- und sozialmedizinische Planung, die der Grossrat 1968 konstituiert hatte, verlangte angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung eine gezielte und wirksame «Volksgesundheitspolitik» im Kanton. Demzufolge hatte sich auch das Visper Projekt dem Gesamtkonzept unterzuordnen, das diese Kommission erarbeitet hatte. Das Projekt wurde bis zur Baureife vorbereitet. Noch im gleichen Jahr genehmigte der Grossrat Subventionen in zwei Raten von 3,7 und 2,8 Millionen Franken. 

Der Bau musste auf den Spitalbetrieb Rücksicht nehmen und dauerte bis 1973. Im September wurde der Neubau eingeweiht und seiner Zweckbestimmung übergeben.

Spitalausbau kostete 43.5 Millionen Franken

Zwischen 1981 und 1990 wurden in einer zweiten Etappe der Neubau Ost geplant und realisiert und der Mitteltrakt aus den Fünfzigerjahren umgebaut. Das mit einem Kostenaufwand von 43.5 Millionen Franken erweiterte Spital Sta. Maria wurde im September 1991 feierlich eingeweiht.

Arnold löste Kloster St. Ursula in der Direktion ab

Hermann Arnold (1943) wurde auf 1. Januar 1992 als Nachfolger von Schwester Stanislaus Perrig zum Direktor des Spitals Visp gewählt.

Dr. Nanzer Anton, Chefarzt bis 1996.

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Neuer Chefarzt-Direktor

1996 wurde der bisherige Chefarzt der chirurgischen Abteilung, Dr. Mauro Arigoni, neuer Chefarzt-Direktor. Er trat an die Stelle des aus Altersgründen zurücktretenden Dr. Anton Nanzer.

Der Helikopter landet oft auf dem Dach des Spitals, denn sportliche Aktivitäten in den Bergen führen immer wieder zu Unfällen. Angesichts der grossen Zahl von Touristen in der Region ist Visp bekannt für Unfallchirurgie.

© Thomas Andenmatten

Spital Visp stand 1997 gut da

Im kantonalen und im nationalen Vergleich stand das Spital Visp im Jahr 1997 gut da. Die Bemühungen im stationären Bereich wurden in Visp beispielhaft auf verschiedenen Achsen mit mehreren Massnahmen in die Wege geleitet.

Die Gemeinde hatte 1996 878 Patienten gestellt; das heisst 14 Prozent. Sie bezahlte aber 38 Prozent der gesamten nicht vom Kanton und auch nicht von den Patienten übernommenen Betriebs- und Investitionskosten, 25 Prozent davon allein als Standortgemeinde.

Das waren 858 339 Franken, bedeutend mehr als die übrigen Standortgemeinden der Walliser Spitäler zahlten – ein Zustand, der nun schon seit einiger Zeit andauerte und im Sinne einer Gleichbehandlung dringend geändert werden musste. Auch ein Wunschtraum.

Spitäler gingen an den Kanton

Der Grosse Rat genehmigte im August 2003 das Dekret zur Revision des kantonalen Gesundheitsgesetzes. Dieses sah die Übernahme aller Walliser Spitäler durch den Staat beziehungsweise das kantonale Gesundheitsnetz vor.

Gleichzeitig brachte es für die Gemeinden eine finanzielle Entlastung. Für Visp machte die Ersparnis jährlich circa eine Million Franken aus. Als Gegenleistung gaben die Gemeinden jedoch alle ihre Mitspracherechte ab.

Visp war an der Debatte im Grossen Rat massgeblich beteiligt. Staatsrat Thomas Burgener (SP) als zuständiger Departementsvorsteher und Kommissionspräsidentin Verena Sarbach-Bodenmüller verteidigten die Vorlage, während der Gemeinde- und Spitalpräsident René Imoberdorf als Sprecher der CSP das Dekret lieber etwas föderalistischer gesehen hätte und – erfolglos – gegen Eintreten votierte.

Die Umsetzung des Dekrets und damit der neuen Organisation sollte aber noch mehrere Jahre beanspruchen.

Teil des Spitalzentrums Oberwallis

Ab 1. Januar 2004 wurde das Spital Visp im Rahmen des Gesundheitsnetzes Wallis ins Spitalzentrum Oberwallis integriert.

326 Stellen

2005 zählte man am Spital Visp 326 Vollzeitstellen.

Das Spital, das heute zum Spitalzentrum Oberwallis (SZO) gehört, im Jahr 2023. Nach der Fertigstellung des Neubaus in Brig wird der Kanton die Einrichtung in Visp schliessen.

© Daniel Reust

Visp verliert sein Spital nach hundert Jahren

2014 beschloss der Staatsrat, sich im Oberwallis künftig auf einen Spitalstandort zu beschränken. In wenigen Jahren, 2028, sollen die heutigen Aktivitäten des Spitals Visp in einem Neubau in Brig stattfinden. Was mit den ausgedehnten leeren Bauten in Visp geschehen wird, ist noch unklar. Für deren künftige Verwendung ist die Gemeinde Visp dabei, sich ein zählendes Mitspracherecht zu sichern.