Kapitel Nr.
Kapitel 10.12

Wirtsstuben und unsaubere Herbergen

Um 1713 war in Visp Peter Joseph Burgener aus dem Saastal als Gastwirt tätig. 1732 baute er im Norden des Kaufplatzes ein zweistöckiges Wohnhaus, dessen westlicher Teil mit Holz verkleidet war. Die Hauptfassade war nach Westen ausgerichtet, weil der Kaufplatz damals noch mehrheitlich von Scheunen und Ställen umgeben war. Ob Burgener selbst im Erdgeschoss wirtete, ist nicht bekannt. Um die Wende zum 20. Jahrhundert erwarb die Familie von Peter-Marie Wyer, dem damaligen Gemeindepräsidenten, das stattliche Haus, das anfangs der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts dem heutigen Wohn- und Geschäftshaus weichen musste. Das später als Lisi-Haus bezeichnete Haus im Osten ist offenbar ein Kind der Einführung der Bundesverfassung, war es doch gebaut worden, um 1847 das erste offizielle Postbüro von Visp aufzunehmen, bevor dieses 1909 ins Haus Gattlen weiter nördlich zügelte.

Mit Bestürzung nahm man am 30. März 1749 in Visp Kenntnis vom plötzlichen Tod des Visper Gastwirts Johann Andenmatten auf der Durchreise in Simplon Dorf.

1789 wollte Anton Gertschen in Visp eine Wirtschaft eröffnen. Das Gesuch wurde jedoch abgewiesen mit der Begründung, zu viele Wirte in einem Ort seien kein Mittel, die Ehre Gottes und den Nutzen der Burgschaft zu fördern. Zudem sollten alle Wirte ohne Particular-Erlaubnis abfahren, die geduldeten pro Jahr ein Louis d’Or bezahlen. Wirt Ignaz auf der Flüeh solle für die Erlaubnis, während seiner Abwesenheit durch «Befremdete» ausschenken zu lassen, jährlich 82 Batzen bezahlen.

Anna Maria Indermatten (1742–1794), Tochter des Johann Anton, erhielt 1783 die Erlaubnis zur Weiterführung der Wirtschaft und Herberge «zum weissen Kreuz» in Visp.

Ein von «Iischers Visp» aufwendig restauriertes Wirtshausschild über dem Portal erinnert an die Gaststätte der Familie Schumacher an der Martinistrasse.

© Peter Salzmann

Erste Ladenschlussordnung

1756 beschloss die Burgerversammlung, zur Vermeidung vieler Sünden und Laster die Öffnungszeiten der Wirtshäuser und Krämerläden einzugrenzen. So hatten die Krämer ihre Läden an Sonn- und Feiertagen bis nach dem Gottesdienst und auch während der Vesper nicht öffnen dürfen, sich auch weder darin aufhalten noch Handel betreiben können.

Während diesen Zeiten durften die Wirtshäuser und Weinschenken weder Wein noch Branntwein ausschenken, ausser an Durchreisende. Die Ortsleute durften sich abends nicht länger als bis neun Uhr in den Wirtshäusern aufhalten. Hausväter und Mütter sollten ihre Kinder und Dienstboten um neun Uhr abends zu Hause haben. Es war auch den Schreibern verboten, bis nach dem Hochamt Schriften oder Akten zu schreiben oder Rechnungen zu übernehmen.

Widerhandelnde wurden mit saftigen Bussen belegt, wovon ein Drittel dem «Angeber» und zwei Drittel der Burgerkirche zufielen. Auch die Wirte wurden bestraft.

Branntwein und Lebkuchen

Wer ab 1725 Branntwein oder Lebkuchen verkaufen wollte, sollte der Burgerschaft jährlich einen Dukaten bezahlen.

Landwirt, Gastwirt, Fuhrhalter

Bonifaz Fux, geboren 1791, Landwirt, Fuhrhalter und Waldbesitzer und Burger-Fähnrich, war auch noch Gastwirt. Am westlichen Ende der Napoleonstrasse betrieb er nämlich die Weinstube, die später Café Zenklusen hiess und 1946 dem heutigen Restaurant Napoleon Platz machte. Die Weinstube des Bonifaz Fux ging dann durch Erbschaft an Ferdinand Mathier über, den Besitzer des Hotels Soleil. Später übernahm die Familie Zenklusen den Betrieb und nannte das Lokal fortan «Café Zenklusen», ein Name, der ihm bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts diente.

Theodor, Sohn des Bonifaz, erbaute um 1880 20 Meter südlich davon, an der heutigen oberen Bahnhofstrasse, das heutige Gebäude mit dem Café Fux im Erdgeschoss.

Die Karte des Wallis aus dem Jahr 1768 von Gabriel Walser zeigt die Landstrasse, die durch das Rhonetal über Visp führt; im Vispertal sind keine Wege zu sehen. Verzeichnet sind «Zur neuen Bruck» und die «Kinnbruk». Über den Berner Alpen steht «Berner Gebiet – Hier sind lauter Schnee- und Eisberge».

Kupferdruck, Nürnberg 1768, Universität Bern, biblio.unibe.ch

«Elendes Lager» in Visp

Als im Sommer 1771 Jakob Samuel Wyttenbach mit dem 30-jährigen Karl Viktor von Bonstetten und dem Engländer Nicholls das Wallis bereiste, erwähnte er ein Wirtshaus in Visp, ohne es beim Namen zu nennen: «Dem unerträglichen im ganzen Wirtshaus zu Vispach herrschenden Gestank zu entfliehen, verliessen wir heute früh unser elendes Lager.» Diese kurze Beurteilung ist praktisch der einzige Hinweis auf das Gasthauswesen in Visp in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Derartige sehr kritische Bemerkungen gab es im Verlauf der Zeit aber auch für andere Dörfer. In Brig war es keineswegs besser; dort entschied sich Wyttenbach für das Wirtshaus, welches am besten aussah. «Wir wurden aber daselbst so erbärmlich, so unsauber bewirtet, dass ich versichert bin, wir würden es mitten unter den sonst unreinlichen Kamtschadalen besser angetroffen haben.» Im ganzen Oberwallis war er höchst unzufrieden. «Mir ist wohl, dass ich aus dem traurigen Winkel des Oberwallis heraus bin, wo man weder Brot, noch erträgliche Betten, noch sonst etwas haben kann, Milch und Käse ausgenommen.» Auch der Gefährte von Bonstetten urteilte hart: «halbwildes Land» und «unsaubere Bewohner».

Nur noch Horace-Bénédict de Saussure schrieb, ohne weitere Angaben, dass er an diesem Ort übernachtet habe. Er gilt als Vater der modernen Alpenforschung und als Wegbereiter des Alpinismus.

Visper lehnten Organisation von Landesschiessen ab

Im Dezember 1739 weigerte sich der Zenden Visp, die Organisation des sogenannten Landesschiessens des folgenden Jahres zu übernehmen.

Anno 1740 weigerten sich die Zenden Goms und Brig die obligatorischen Landesschiessen abzuhalten, dies aus Angst vor dem finanziellen Ergebnis. Es kam dann ein Vergleich mit Visp zustande, in welchem Brig einen Zuschuss von 50 Kronen und das Goms einen solchen von 30 Kronen gewährten, damit Visp für sie das Landesschiessen abhalte.

Die Beteiligung an diesem Schiessen soll so gross gewesen sein, dass ein Reingewinn von 280 Kronen erzielt wurde. Die Zunft hatte es nämlich immer verstanden, die alljährlichen Schiessen interessant zu gestalten und nebenbei auch die Gemütlichkeit zu pflegen.