Im Burgerarchiv von Visp befindet sich ein umfangreiches Dokument aus dem Jahr 1593 zur Thematik der Hexenprozesse. Es handelt sich dabei um das Ergebnis einer Untersuchung, die der Kastlan von Visp in drei Vierteln des Zenden durchgeführt hatte. Das Dokument enthält Befragungen und Aussagen von einigen hundert Zeugen zum Verbrechen der Hexerei.
Auf dem Titelblatt steht: «Volgt hiernach ein gemeines durchgehendes buoch so fürgnomen durch den fürsichtigen und wysen Hans an Gottzsbon jetzigen castlan zue Visp uff alle vier hauptlaster, in gegenwürttigkheit seiner räthen und dass in allen drey viertheilen der loblichen castlaney Visp, von wägen mancherley clägen und geschreyen, so dachtem her richter in seiner amptsverwaltung fürkhomen, und verghangen, angefangen, nach dem offentliche in kilchen hierumb rüeffung gschechen, am 9ten may anno 1593.»
Mit dieser gross angelegten Untersuchung dürfte auch das Ziel der Lasterbekämpfung und der Sittenkontrolle verfolgt worden sein.
Einer, der einen klaren Kopf behielt
Der Walliser Landeshauptmann bestätigte am 6. Januar 1406 in Visp die Unschuld von Peter Bachecker, der der Hexerei angeklagt war.
Häufung von Todesurteilen 1575
In den 70er-Jahren des 16. Jahrhunderts war das Gericht in Visp wiederholt mit Fällen von Hexerei und anderen Lastern beschäftigt, deren Prozesse mit dem Todesurteil endeten: Am 3. September 1575 verurteilte das Gericht von Visp Margaretha Zurkirchen aus Saas wegen Hexerei zum Tod. Der Kastlan von Sitten bestätigte das Urteil und entschied es zu vollziehen. Am 5. Oktober gleichen Jahres wurde die Frau hingerichtet.
Wenige Wochen später traf es Dorothea Moritzen, eine Hausfrau Peter Schumachers von Eyholz, und Anna Zerzuben von Terminen: die «peinliche Untersuchung» wegen Hexerei und anderen Lastern führte auch in diesen Fällen zum Todesurteil. In diesem Zusammenhang wird auch «Margrith Zer Kilchen von Saas», gewesene Hausfrau des Andres Sigristen von Visp, nochmals genannt.
Geständnisse dank Folterknechten
Im Bezirk Visp fand unter anderem ein langjähriger Prozess gegen Eva Zerzuben statt: Sie wurde erstmals 1593 nach Anschuldigungen von anderen Befragten der Hexerei bezichtigt. 1607 wurden die Befragungen fortgesetzt und vermutlich geriet sie zwischen 1607 und 1611 in Haft und wurde den Folterknechten übergeben. Im Prozess gegen sie kam sogar ein Giftmord zur Sprache, zu dem offenbar Neid und Zorn darüber geführt hatten, dass der verstorbene Hans Jordan nicht sie, sondern eine Nebenbuhlerin heiratete. Die Beschuldigte wurde als Giftmischerin bezeichnet, die auch die Zeugungsfähigkeit verschiedener Männer beeinträchtigt haben soll.
Nach drei Tagen Folter gestand die Angeschuldigte, Gott und Maria verleugnet, sich der Hurerei und dem Ehebruch hingegeben, Beischlaf mit dem Teufel gehabt zu haben, an «Synagogen» teilgenommen und Vieh, Leute und Gut geschädigt zu haben. Das Protokoll zum Prozess hielt fest: «Erstens hat sie bekannt und zugegeben, dass sie Gott den Allmächtigen, Maria, die Mutter Gottes und alle himmlischen Heerscharen verleugnet und abgesagt hat. Sie ist auf folgende Art und Weise zu diesem Unfall gekommen, nämlich durch das Laster der Hurerei und des Ehebruchs.»
Die nachweisbaren Befragungen und Verhöre zu Hexenprozessen, auch als Inquisitionen bezeichnet, standen unter der Leitung der weltlichen Behörden; in diesem Fall leitete Sebastian Zuber das Verfahren. Der Ortspfarrer nahm hier nur insofern Einfluss, als er mitunter als Inquisitor amtete. Eva Zerzuben, Tochter des Peter Zerzuben von Visperterminen, bezahlte mit dem Tod.
Nachdem die zuständigen Kastlane das Urteil gefällt hatten, musste dieses an den Bischof und – völlig unverständlich – an die Burger der Stadt Sitten weitergeleitet werden, die dieses sodann bekräftigten, revidierten oder auch abmilderten. So wurde zum Beispiel das erwähnte Todesurteil im Visper Hexenprozess gegen Dorothea Moritzen, das Kastlan Summermatter nach schwerer Tortur am 4. Oktober 1575 gefällt hatte, vom Sittener Kastlan Bartholomäus und Burgern als Beisitzer bestätigt.
Die Hinrichtungen wurden nicht zuletzt aus Gründen der Abschreckung in einem öffentlichen Spektakel vollstreckt.
Finanzielle Vorteile für die Richter
Im Zusammenhang mit den verhältnismässig zahlreichen Todesurteilen auch für andere Vergehen als Hexerei ist es wichtig zu wissen, dass der Besitz der Hingerichteten jeweils ganz oder zu einem grossen Teil dem Richter zufiel, der das Urteil sprach. So kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich dieses persönliche materielle Interesse des Magistraten manchmal verheerend auf die Rechtsprechung auswirkte und möglicherweise sogar den Tod von Unschuldigen zur Folge hatte.
Acht Hexen hingerichtet
Am 14. April 1629 liess Peter Zen Stadlen, der Meier von Mörel, acht «Hexen» hinrichten.
Schwesternmord und Hexerei
Im Juli 1681 erfolgte in Visp eine «peinliche» Untersuchung über Schwesternmord und Hexerei gegen Johann Tellmatter von Saas, mit der Verurteilung durch Feuertod durch Kastlan Niklaus Kreuzer von Baltschieder und Gründen. Gnädig erwies sich der «Gnädige Herr» von Sitten, indem er das Urteil zum Tod durch das Schwert «milderte».