Gemäss Bericht des neuen Residenten Frankreichs in Sitten, Claude Derville-Maléchard, an den Aussenminister in Paris herrschte im Wallis die denkbar schlimmste Unordnung und Korruption.
Als «Département du Simplon» drei Jahre Teil Frankreichs
Um Herr dieser Zustände zu werden, beschloss Kaiser Napoleon am 25. Juli 1810, das Wallis zu annektieren. Mit einem Federstrich schuf er ein «fait accompli»: die erzwungene Einverleibung des Wallis in die Grande Nation. Die «République du Valais» wurde durch ein kaiserliches Dekret im französischen Empire zum 130. «Departement du Simplon» degradiert und direkt ins französische Kaiserreich integriert.
Vergeblich hatte sich eine Walliser Delegation bemüht, die Eigenständigkeit des Landes zu retten. 3 000 Mann unter General Berthier besetzten das Wallis. Dieses war von November 1810 bis Dezember 1813 Teil von Frankreich.
Dem Walliser Volk wurde seine Vereinigung mit Frankreich am 14. November 1810 mitgeteilt. Ribordys Kommentar: «Die topografische Lage des Wallis macht seine Bewohner zum Spielzeug der Ambitionen eines Eroberers.» Die Walliser Bevölkerung ertrug die Einverleibung in die französische Nation resigniert.
Die kirchenfeindlichen Massnahmen des Regimes des französischen Kaiserreichs verbitterten die Walliser ebenfalls. Die Kapuzinerklöster von Sitten und Saint-Maurice wurden aufgehoben, mehrere Feiertage abgeschafft.
Feier zur Geburt des Thronfolgers
Im Departement du Simplon musste die Bevölkerung von Visp allerhand über sich ergehen lassen, über dessen Sinn sie sich wohl kaum immer im Klaren war. Zur Geburt des Königs von Rom, Napoleons Sohn, wurde 1811 auch in Visp, das damals zu Frankreich gehörte, eine wohl einmalige Feier durchgeführt. Das Fest begann am Morgen mit dem feierlichen Gottesdienst, gefolgt von einer Parade sämtlicher Militärpflichtigen auf dem Martiniplatz. Noch vormittags erfolgte ein Salutschiessen. Am Nachmittag fand das Schiessen der Schützenzunft statt, verbunden mit einem grossen Nachtessen. Am Abend wurden wie in allen Gemeinden Freudenfeuer angezündet und das Rathaus illuminiert. Auch das Tanzen wurde wieder einmal gestattet.
Salzpfleger wurden kontrolliert
Staatsrat Lang verlangte am 12. Heumonat 1810 vom Salzpfleger von Visp ein genaues Verzeichnis der Gerätschaften wie Waagen, Balancen und Gewichtssteine.
106 Säcke Salz für Zenden Visp
Die Verteilung des Salzes vom 5. Januar 1814 unter den Oberwalliser Zenden ergab folgende Sackzahlen:
- Goms 91
- Mörel 34
- Brig 70
- Visp 106
- Raron 70
- Leuk 79
Bürger für öffentliche Ämter gesucht
Unglaublich, was dieser Unterpräfekt so alles vom Maire de Viège (Gemeindepräsident) wissen wollte! 1811 verlangte er genaue Auskunft über Gesinnung, Talente und Fähigkeiten der jungen Personen von 13 bis 30 Jahren der vornehmen Visper Geschlechter – dies, um zu erfahren, zu welchen öffentlichen Ämtern dieselben sich eigneten.
Neues Zivilstandsregister
1811 wurde im Wallis ein neues Zivilstandsregister eingeführt. Diese Neuerung kam eindeutig von Frankreich her.
Geburtsanzeige auch mündlich
1811 wurde eine Geburtsanzeige vom Vater des Kindes vor zwei Zeugen erbracht. Die Zeugen unterzeichneten zusammen mit dem Maire die Geburtsurkunde. Vater oder Zeugen, die nicht schreiben konnten, gaben eine entsprechende Erklärung ab.
Heiratsformalitäten
Der Vermählungsurkunde vom 26. November 1811 betreffend das Paar Johann Joseph Ruffiner und Maria Magdalena Kalbermatten kann entnommen werden, dass bei der Zeremonie der 6. Teil des Code Napoleon, die Personalien der Eltern beiderseits sowie die Lebensdaten des Paares angegeben werden mussten.
Visp mit 783 Einwohnern
1811 zählte das Wallis 62 911 Einwohner. Die bevölkerungsstärkste Gemeinde mit 3 287 Personen war Bagnes. Sitten zählte erst 2 803, in Brig gab es 1 709, in Leuk 974 und in Visp 783 Einwohner.
Besteuerung der Saisonarbeit
Am 28. November 1811 wurde der Maire de Viège beauftragt, Auskunft zu erteilen über die zu gewissen Zeiten im Jahr auswandernden Personen, die anderswo Brot und Unterhalt verdienten – dies, um sie besteuern zu können.
Aufgabe des Maire?
Die Gendarmerie impériale verfügte am 13. August 1811, dass Peter Mathieu von Baltschieder, wohnhaft in Visp, aus dem Gefängnis von Sitten unter die Aufsicht des Maire von Visp gestellt werde.
Keine Inkompatibilität
Der Präfekt des Zenden Visp hielt am 17. Oktober 1811 fest, dass das Amt eines Munizipal-Beamten mit dem Posten eines Beamten bei der Post nicht unverträglich sei und Viotti Sohn beide Ämter behalten könne.
Alte Forderung Visps an die Stadt Turin
Indermatten, Präsident des Gemeinderats der Burgerschaft Vispach, sandte am 12. Februar 1810 das Original einer Forderung an die Stadt Turin. Er bat, die Abschrift zu legalisieren und zurückzubehalten. Indermatten legte eine Erklärung bei, um die Herren Deputierten über den Grund für das Fehlen des Siegels zu informieren. Das Siegel sei leider im 1799er-Krieg abgerissen worden und verloren gegangen.
Nur noch Bürger im Visper Rat der Munizipalität
Am 30. April 1811 erhielt Visp den Befehl, der Rat der Munizipalität der Gemeinde müsse aus zehn Mitgliedern bestehen. Dem Kreisschreiben des Präfekten des Simpelbergs liess sich entnehmen, dass die tauglichsten und rechtschaffensten Männer gewählt werden sollten, wenigstens einer aus der «Classe» der sogenannten Einwohner und Hintersässen. Der Maire solle zur Kenntnis nehmen, dass es nun keine Gemeinder, Einwohner oder Hintersässen mehr gebe, sondern nur noch Bürger, die alle an der Versammlung Anteil nehmen könnten.
Gemeinderat schwur auf den Kaiser
Am 28. Mai 1811 ernannte der Präfekt des Département du Simplon, Derville Malechard, die Mitglieder des Gemeinderats von Visp. Der Rat bestand aus fünf Visper Burgern, je einem Mitglied aus Eyholz, Lalden, Gründen und Baltschieder sowie einem in Visp niedergelassenen Italiener.
Es waren dies Franz Bilgischer, Joseph Clemenz, Ignaz Lang, der frühere Zendenpräsident, (?) Lochmatter, Peter Posetti, Theodul Schaller, Franz Volken, Adjunkt der Sektion Eyholz, Franz Hutter, Adjunkt der Sektion Lalden, Hans Schwel, Adjunkt der Sektion Gründen, und Anton Wellig, Adjunkt der Sektion Baltschieder.
An der Versammlung vom 2. Juni fand die Vereidigung statt. Der Eid lautete: «Ich schwöre gehorsam der Reichskonstitution und Treue dem Kaiser.» Zur Vereidigung nicht erschienen war Alt-Kastlan Lochmatter. Er hatte die Stelle des Munizipalrats wegen seines Alters und seiner Gehörlosigkeit nicht angenommen. Obwohl der zuständige Präfekt mit den von Lochmatter angeführten Gründen Mühe bekundete, wurde an seiner Stelle Viotti, Sohn, ernannt. Offenbar hatten die Visper mit dieser von Frankreich diktierten Demokratie ihre liebe Mühe. Der Maire reichte unmittelbar darauf die Demission ein, weil die übrigen Ratsmitglieder ihre Amtspflicht zum Teil schlecht oder gar nicht erfüllten, doch der Unterpräfekt lehnte ab.
Mit Feuerspritze in den Militärdienst
Falls die Gemeinde eine Feuerspritze ihr Eigen nenne, schrieb der Unterpräfekt 1811 dem Maire de Viège, solle dieser die Bürger nennen, die zum Dienst tüchtig seien. Man sei nämlich gesinnt, bei der Formierung der französischen Nationalgarde eine Kompanie Pompiers aufzuziehen.
Lese- und Schreibkompetenzen der Maires
Aus höchstwichtigen Gründen wollte der Unterpräfekt am 27. Mai 1811 wissen, welche «Maires» der Gemeinden des Kantons lesen und schreiben konnten. Der Maire von Visp solle eine entsprechende Liste erstellen.
Keine Gratisunterkunft für Militärs
Staatsrat Leopold de Sepibus orientierte am 13. Mai 1811 den Maire de Viège, durchreisende Militärs dürften keineswegs unentgeltlich Logierung anfordern. Sie hätten selber dafür besorgt zu sein.
Anpflanzung von Zuckerrüben
Das kaiserliche Dekret vom 25. März 1811 betreffend die Anpflanzung von 32 000 Hektaren Zuckerrüben war die Folge eines Boykotts gegen England, der ein grosses Manko zur Folge hatte. Der Maire erhielt zwei Wochen später die Verfügung, sämtliche Feldarbeiter und Eigentümer zu ermahnen, die hierfür tauglichen Grundstücke zu bepflanzen.
Polizei und Klerus wurden «gerupft»
Das Gemeindebudget für 1812 – vorgeschlagen vom Maire und dem Rat – sah bei den Einnahmen 17 Posten mit einem Betrag von 6 060.21 Franken vor. Die 24 vorgeschlagenen Ausgabenposten hätten ein Defizit von 997.44 Franken zur Folge gehabt. Der mit der Kontrolle beauftragte Präfekt änderte fast alle diese Posten, sodass schliesslich ein Plus von 4 468.33 Franken resultierte.
Unter anderem wurde der Stundenrufer abgeschafft und als Polizei sollten die Feldhüter genügen. Verschiedene Ausgaben der Kaplanei und des Pfarrers (für Bürger-Totenamt, Messen und Jahrzeiten) wurden einfach um ein Jahr verschoben.
Gemeindekasse aushändigen!
Der Unterpräfekt teilte dem Maire de Viège am 21. Januar 1812 mit, dass der Einzug aller Gemeindeeinkünfte und die Auszahlung aller Ausgaben künftig durch den Einnehmer der Grundsteuer erfolgen werde. Der Maire solle diesem die Gemeindekasse aushändigen samt «Acten, Pacten, Contracten und Obligationsbriefen».
Holzdiebe bis in die Stube verfolgt
Dass das Wallis damals Frankreich angehörte, geht auch aus einem Zirkular der Administration Générale des Forêts vom 9. Juli 1812 hervor; dieses kam direkt vom Conservateur des Forêts aus Grenoble. Darin wurden die Gardes de bois aufgefordert, Tag und Nacht die ihnen anvertrauten Wälder zu beaufsichtigen, alle Missetäter auf der Stelle zu verhaften, dem gestohlenen Holz nachzugehen und diesbezüglich sogar «Hausbesuche» zu unternehmen und täglich das durch den Wind abgebrochene Holz aufzuschichten.
Wegen Grobheit drohte Arrest
Mitte Juli 1812 gab die Post zu Klagen Anlass. Zuerst musste der Maire die Streitigkeiten zwischen Posthalter Peter Indermatten und Reisenden schlichten und dann drohte man den Postillons von Visp, Brig und Simplon wegen ihrer Grobheit mit Arrestation.
Anzahl «Narren»?
Am 9. Januar 1813 musste der Maire de Viège Andenmatten in Sitten Fragen über Visperinnen und Visper mit Behinderung beantworten. Die Fragen und die Antworten mit den damaligen Bezeichnungen lauteten: Anzahl «Narren»? Einer. Blindgeborene? Keine. Taubstumme? Fünf. «Cretinen» und «Nohlen»? Vier. Davon jünger als 3 Jahre: keines. 3 bis 15 Jahre: eines. 15 bis 30 Jahre: zwei. Über 30 Jahre: eins.
Freiwillig zusätzliche Steuern bezahlt
69 Visper leisteten 1812 neben der Grundsteuer zusätzlich freiwillige Gaben. Um nur die wichtigsten zu nennen:
- Donat Andenmatten, Maire, Grundsteuer: 27.39 Franken (freiwillig 5.47 Franken)
- Peter Josef Andenmatten: 7.77 Franken (1.55 Franken)
- Franz Josef Indermatten: 1.79 Franken (0.35 Franken)
- Hans Jentsch, Doktor: 12.16 Franken (2.43 Franken)
- Johann Plantzer: Fr. 14.55 Franken (2.91 Franken)
- Josef Theodul Burgener, der spätere Staatsrat: 16.56 Franken (3.31 Franken)
- Adrian De Courten, Pfarrer: 16.90 Franken (3.38 Franken)
Kaiserliche oder Walliser Uniform?
Der Unterpräfekt teilte im Mai 1812 mit, dass man die Jugend an Fronleichnam wohl noch unter die Waffen stellen könne, doch nicht mehr in alten Uniformen, sondern nur noch mit Reichsuniformen (der französischen natürlich) oder jener des Walliser Bataillons. In diesem Jahr gebe es keinen Trunk auf Kosten der Gemeinde.
Zugewanderter Geschäftsmann
Peter Joseph Possetti (1753–1812) kam aus Italien und war vorerst Kaufmann und Gastwirt im Turtig, später in Visp.
«Mund-Blatern»
Am 16. April 1812 kam vom Unterpräfekt der Befehl, ein Verzeichnis derjenigen zu übermitteln, welche die «Mund-Blatern» noch nicht gehabt hatten.
Als «Gäule» noch von Bedeutung waren
Die Gemeinde Visp musste 1812 ein ausführliches Pferdeverzeichnis nach Sitten abliefern.
Franzosenfeinde in Visp vermutet
Der Präfekt befahl dem Maire de Viège am 15. März 1813 auf das Treiben und Verhalten der in Visp ansässigen Schweizer Bürger zu achten, da bekannt sei, dass diese aufrührerische Gespräche führten.
Er wünschte die Namen dieser suspekten Personen zu kennen und forderte den Maire auf, die grösste Acht auf diese Leute zu haben, da durch sie unter diesen Umständen leicht ein Unglück für das ganze Land entstehen könnte. Er nannte dabei auch verschiedene Namen. Diese würden sich in Visp öfters nach dem Gottesdienst bei Schweizer Familien besammeln, was allerdings nicht auf gute Absichten schliessen lasse. Ein gewisser Christian Martig solle sogar gesagt haben, dass wenn die Russen Fortschritte machten und die Schweiz von Frankreich unabhängig würde, sollten nur in der Gegend von Visp und Raron 36 verschiedene Personen «zur Schlachtbank» geführt werden.
Der Unterpräfekt klagte den Maire de Viège, Familiaris Zurkirchen, am 19. März 1813 als sehr gefährlichen und das Volk aufwiegelnden Mann an. Er sei zur Rede zu stellen. Zurkirchen leistete jedoch dem Aufgebot keine Folge.
Heu für Napoleons Truppen
Im Dezember 1813 wurde bei den folgenden Vispern Heu für die napoleonischen Truppen requiriert: Peter-Josef Kalbermatten, Franz Zurkirchen, Franz Burgener, Peter Indermatten und Josef Lochmatter – im Hof, je zwei «Burdine» (Heuballen).
Schwager Napoleons hinterliess ansteckende Krankheit
Im Christmonat 1813 zog der Kavallerieoffizier Joachim Murat, Schwager von Napoleon Bonaparte, mit seinem Volk nach Hause. Während seines achttägigen Aufenthalts in Visp hinterliess er eine ansteckende Krankheit.
Empfang des Präfekten am Dorfeingang
Am 19. August 1813 meldete sich beim Maire hoher Besuch an: Von Stalden kommend sollte der Präfekt am Dorfeingang gebührend empfangen werden. Der Besuch war auf anderthalb Stunden beschränkt. Man wollte sich über Ortsangelegenheiten unterhalten.
Österreichische Truppen im Wallis
Die Walliser blieben Franzosen, praktisch bis zum Einmarsch der Österreicher am 26. Dezember 1813. Nachdem die französischen Truppen in der Völkerschlacht von Leipzig 1813 schwer geschlagen worden waren, überschritten österreichische Truppen bei Basel die Schweizer Grenze. Erst mit dem brüsken Ende der napoleonischen Kaiserzeit waren die langen Jahre der französischen Besetzung und der aufgezwungenen Verfassungen beendet.
Am 29. Dezember 1813 nahmen die europäischen Verbündeten Einsitz im Rathaus in Sitten. Das Wallis wurde den Fangarmen der französischen Herrschaft entrissen.
Damit gerieten die Franzosen im Wallis in Gefahr. Sie zogen sich am Jahresende nach Vallorcine auf der Strecke nach Chamonix nahe der Walliser Grenze zurück; die französischen Truppen, Zöllner, Gendarmen und Staatsfunktionäre verliessen das Land, das sie wirtschaftlich und finanziell ausgebeutet hatten.
Nach dem Sturz des napoleonischen Regimes 1813 wollten die Kräfte des oberen Kantonsteils sofort die alte Ordnung wieder herstellen, welche ihnen vor 1798 alle Vorteile gesichert hatte. Im gleichen Jahr waren plötzlich auch die Bewohner des unteren Teils ein freies Volk geworden, das aber erst vier Jahrzehnte später die vollständige rechtliche und politische Selbstständigkeit erlangen sollte.
Österreich besetzte das Wallis, das von Dezember 1813 bis 1815 einer Übergangsregierung unterstand. Es herrschten Anarchie, wirtschaftliche und soziale Krisen. Im Juni 1814 marschierten österreichische Truppenteile durch das Wallis nach Italien.
Am Wiener Kongress 1814/1815 mussten die Franzosen ihre eroberten Gebiete abtreten. Mit dem Pariser Frieden vom 1. Mai 1814 wurde das Wallis wieder von Frankreich getrennt; so war es nun nicht mehr französisches Gebiet. Im Juni 1815 marschierte ein Heer von 80 000 Russen und Österreichern über den Simplon durch das Wallis nach Frankreich.
Die Alliierten drängten das Wallis der Eidgenossenschaft beizutreten. Es stellte der Tagsatzung das Gesuch für den Eintritt in die Eidgenossenschaft. Unterschiedliche politische Vorstellungen des Ober- und des Unterwallis verzögerten den Beitritt zur Schweiz. Zeitweilig drohte sogar die Spaltung.
Visper Kavallerie-Pferde ungenügend
Bei der Pferderequisition für die kaiserliche leichte Kavallerie stellte die Gemeinde Visp am 14. Januar 1813 die drei schönsten Tiere zwischen fünf und acht Jahren. Am 23. Januar kam der niederschmetternde Bericht, dass die vorgestellten Pferde absolut unbefriedigend waren – für die Visper völlig unverständlich!
Burgerrat wieder eingeführt
Erst nachdem die französische Tyrannei abgeschüttelt war, führte man den Burgerrat wieder ein. Die Visper Burger sprachen 1814 von der Befreiung von der «französischen Sklaverei», unter der sie über drei Jahre hatten seufzen müssen. Als das Wallis von 1810 bis 1813 als «Département du Simplon» Frankreich einverleibt war, hatte es keine allgemeine Burgerversammlung mehr gegeben.
Dem Burger-Protokollbuch ist zu entnehmen, dass auch die «adeliche» Burgerschaft Vispach in ihre alten Gewohnheiten, Rechte, in ihren Besitz und ihre Habseligkeiten wieder eingetreten sei. All dieser Güter habe sie die französische Habsucht ungerechterweise beraubt. Nach Abzug der tyrannischen französischen Beamten und nach Eintritt der alliierten Truppen, «unseren ehrwürdigsten Befreiern», sei drei Monate zuvor Franz Indermatten von den in voller Anzahl versammelten Burgern als Grosskastlan und Burgermeister in provisorischer Weise befördert worden.
«Abgemeldeter Burgermeister hat hernach der Versammlung mit zierlichsten und auserlesensten Worten angezeigt, dass die göttliche Allmacht sich gütigst habe belieben lassen, uns durch die Macht und Waffengewalt der alliierten Truppen aus den Fesseln der französischen Tyrannei zu lösen.»
Da sie nun, erleichtert, wieder der freien Republik Wallis angehörte, konstituierte sich die Burgerschaft zu einer Burgerversammlung und schritt zur Wahl der Verwaltung.
Der «Kleine Rat» von Visp zum Neubeginn
Kaum war die Herrschaft der Franzosen nach Napoleons Sturz zu Ende und das Wallis wieder eine freie Republik, beschloss die Burgerversammlung am Ostermontag, 11. April 1814 in Visp auf Antrag von Grosskastlan und Burgermeister Franz Joseph Indermatten, dass ein «Kleiner Rat», sozusagen ein Ausschuss, «nach uraltem Brauch solle organisiert werden», dass dieser aus neun Ratsmitgliedern bestehen sollte, dass 18 Burger aus dem Schoss der Burgerschaft Visp in die «Presentation» sollen getan werden, dass diejenigen, die am meisten Stimmen erhielten, dem Rat angehörten.
Trennung von Ober- und Unterwallis verhindert
Nach der kurzen Zeit als Departement Frankreichs wollten die sieben alten Zenden und der Bischof zu ihren ursprünglichen Vorrechten und zum Föderalismus der Zenden zurückkehren.
Am 11. Dezember 1814 hielt das Unterwallis in Martigny unter dem Präsidium von Michel Dufour einen Sonder-Landrat ab. Die Mehrheit der 170 Gemeindeabgeordneten lehnte die Verfassung ab, bildete eine fünfköpfige Regierung und erklärte sich damit vom Oberwallis unabhängig.
Dieser Entscheid kam einer faktischen Trennung vom oberen Landesteil gleich, massgebende Persönlichkeiten waren aber gegen diese Trennung.
Visper Indermatten arbeitete an Verfassung
Der Visper Notar Franz Joseph Indermatten (1772–1831), von Saas-Grund, wurde 1814 Mitglied der Kommission, welche die neue Walliser Kantonsverfassung ausarbeiten sollte.
Indermatten ehelichte 1800 die 21-jährige Magdalena Zimmermann, Tochter von Oberst Zimmermann. Er eröffnete vor 1807 in Visp ein Handelsgeschäft und wurde 1808 als aktiver Burger angenommen; 1810 und 1814 war er Burgermeister. Als erfolgreicher Geschäftsmann mischte er auch bald in der Politik mit. So war er viermal Grosskastlan des Zenden Visp, 1798 Abgesandter des Wallis im helvetischen Grossen Rat, 1802 Mitglied der Walliser Verwaltungskammer, 1813 Friedensrichter des französischen Kantons Visp. 1815–17 war er Präsident des Bezirks Visp und 1817–18 Mitglied des obersten Gerichts. 1830 liess er sich, kurz bevor er 1831 starb, in Sitten nieder.
Die Familie Indermatten hatte ihren Ursprung im Saastal. Von dort zogen Indermattens Vater Franz (1734–1810), dessen Frau Catharina Andenmatten und die Kinder, deren Ältester Franz Joseph war, nach Visp. 1803 nahm man sie dort als Einwohner an. 1807 wurden Franz und seine Familie als Burger von Visp aufgenommen, allerdings unter der Bedingung, dass nur zwei der vier Söhne mit deren Nachkommen das Burgerrecht erbten.