Visperin Denise Mengis als erste Schweizerin Betreibungsbeamtin
Als der Walliser Staatsrat im Frühjahr 1951 die 45-jährige Denise Mengis, geborene Wyer, zur Betreibungsbeamtin des Bezirks Visp ernannte, löste dies im Schweizer Blätterwald Reaktionen verschiedenster Art aus. Die Visperin war damit nämlich die erste Frau der Schweiz, die mit der Führung eines so wichtigen Amts betraut wurde. Leicht hatte sich die Regierung den Entscheid nicht gemacht; dieser liess sogar einige Zeit auf sich warten. Zwar war im Gesetz ein juristischer Abschluss nicht Voraussetzung für diesen Posten. Doch war dieser im ganzen Kanton, ja in der ganzen Schweiz, jeweils von einem Juristen besetzt gewesen. Und auch in Visp hatten sich auf die Ausschreibung hin Advokaten beworben.
Ein «Präzedenzfall»
Der Zürcher «Tagesanzeiger» kommentierte die sensationelle Wahl wie folgt: «Es ist damit auch ein Präzedenzfall geschaffen worden, welcher sich mit der Zeit für die Besetzung von staatlichen Ämtern bis zum Staatsrat hinauf geradezu verheerend auswirken könnte.»
Wochen zuvor hatte der «Walliser Bote» gemeldet: «Man scheint in Sitten für diese Stelle einem Juristen den Vorzug geben zu wollen und ist auf der Suche nach einem ‚geeigneten‘ Mann. Wir möchten nicht bestreiten, dass juristische Kenntnisse notwendig sind und dass in dieser Rücksicht ein Jurist den Vorzug verdient. Aber mit dem ist es noch nicht getan.»
Peter von Roten sprach in seiner «Walliser Bote»-Kolumne von «einem weisen Entscheid». In der Tageszeitung «Tribune de Lausanne» stand: «Die Walliser Feminismus-Gruppe freut sich über diesen grossen Erfolg.» Es kann nicht bestritten werden, dass der Feminismus damit einen neuen Sieg errungen hatte.
In den Medien der übrigen Schweiz war fast überall die Meinung vorherrschend, die Männer hätten sich für dieses Amt nicht interessiert. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, dass das «rückständige» Wallis zu einem so mutigen, wohl durchdachten Schritt fähig war. Nicht umsonst fanden sich unter den Frauen im Wallis von alters her auch solche, die nicht nur in symbolischer Weise Hosen trugen und die Pfeife rauchten.
Kandidatin hatte jahrelange Praxis
Während mindestens 20 Jahren war Denise Mengis als Ehefrau des damaligen Amtsinhabers dessen treue Mitarbeiterin gewesen und hatte so Gelegenheit gehabt, sich in die ganze Materie einzuarbeiten. Während der langen Krankheit ihres Ehemanns konnte sie das Amt selbstständig und – wie allgemein bekannt – auch mustergültig führen.
Als der Visper Betreibungs- und Zivilstandsbeamte, der frühere Gemeindepräsident Alex Mengis, 1951 erst 55-jährig starb, blieb seine Witwe mit drei unmündigen Kindern zurück und musste nun allein für das Auskommen der Familie sorgen. Was lag angesichts ihrer Berufspraxis näher, als sich um das Betreibungsamt Visp zu bewerben.
Denise Mengis bewarb sich um beide Ämter. Kein Problem gab es für eine Zivilstandsbeamtin, aber eine weibliche Führung eines Betreibungsamts konnten sich die zuständigen Stellen zunächst nicht vorstellen, zumal sich auch noch Juristen daran interessiert zeigten. Schliesslich siegte die Vernunft, die festgefügte Männerbastion fiel.
Erste Kanzleimitarbeiterin in Pension
Infolge Erreichens der Altersgrenze trat Ende 1947 die Kanzleiangestellte Noemie Müller aus dem Dienst der Gemeindekanzlei aus.
Mädchen wollten alle Französisch lernen
Auf eine Umfrage der Gemeinde hin erklärten sich 1947 sämtliche Schülerinnen der obersten Mädchenklasse bereit, den angebotenen Französischunterricht während des ganzen Schuljahrs zu besuchen. Es wurde angekündigt, Schwester Therese werde diesen Unterricht jeweils an den schulfreien Nachmittagen am Dienstag und Donnerstag erteilen und pro Stunde drei Franken einkassieren.