Kapitel Nr.
Kapitel 07.05

Der kunstsinnige Bischof Jost von Silenen hatte Visper Vorfahren

Josef Anton von Silenen, auch Jost genannt, stammte aus dem Zweig der Urner Familie von Silenen, die im 14. Jahrhundert durch Heirat nach Visp gelangt war.

Er wurde zwischen 1435 und 1445 in Küssnacht (Schwyz) geboren, wohin sein Vater Christoph als Statthalter seines nahen Verwandten, des Walliser Landeshauptmanns Heinzmann von Silenen, gezogen war, um dort das Schloss der von Silenen zu besetzen.

Bischof Jost von Silenen, dessen Ahnen in Visp gewohnt hatten, war 1482 bis 1496 Fürstbischof von Sitten.

© Porträtgalerie merkwürdiger Luzerner und Luzernerinnen, Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Interesse an Bergwerken

Jost von Silenen hatte bald nach der Eroberung des Unterwallis begonnen, ein oder mehrere Bergwerke zu eröffnen oder alte Gruben wieder in Betrieb zu nehmen, unter anderem die Silberminen in Bagnes.

Er studierte Recht in Pavia und wirkte danach in Rom bei einem französischen Kardinal. Jost wurde Geistlicher und glänzte bald durch seine öfters angewandten diplomatischen Fähigkeiten, unter anderm 1472 als Gesandter der Eidgenossenschaft am Hof König Ludwigs XI.

Zum Dank für die erfolgreichen Verhandlungen um die Freigrafschaft Burgund nach der Niederlage Karls des Kühnen wurde er 1477 Bischof von Grenoble. Von dort aus bewarb er sich um das Amt des Fürstbischofs von Sitten, mit dem er 1482 betraut wurde. Bei den Verhandlungen zwischen Jost von Silenen und den Boten des Landrats, die der Wahl vorausgegangen waren, wurde die Stellung der Zenden gegenüber dem Bischof gestärkt.

Bei den bischöflichen Visitazreisen kam er auch mit Visp, dem Sitz seiner Ahnen, näher in Kontakt. Sehr am Herzen lag dem «kunstsinnigen Renaissancefürsten Jost von Silenen», der einen grossen Hof führte, der fachgerechte Unterhalt der Bausubstanz der Liegenschaften der Diözese. So liess er die Bischofsschlösser von Leuk und Naters ausbessern, Kirchenbauten und die Bäder von Leukerbad herrichten und die Brücke von Saint-Maurice neu aufbauen.

Wappen des Bischofs von Silenen, Relief im kantonalen Geschichtsmuseum Sitten.

© Peter Salzmann

Verlust des Ansehens, Absetzung als Bischof

Weniger erfolgreich war von Silenen als Kriegsherr, vor allem bei seinen drei Feldzügen ins benachbarte Eschental, das Val d’Ossola. Nach den dortigen harten Niederlagen – dem Frieden von Mailand – zogen die Walliser 1496 mit der Mazze vom Goms herunter in die Hauptstadt; sie setzten den Bischof gefangen und stellten ihn in Saint-Maurice an die Grenze. Der Papst hielt das Vorgehen der «Leute um die Mazze» für richtig und bestätigte in einem kirchlichen Prozess die Absetzung von Jost von Silenen; dieser bemühte sich 1498 vergeblich, das Bistum mit Waffengewalt zurückzuerobern. Ein Jahr später starb er in Frankreich. Sein Nachfolger im Bischofsamt war Matthäus Schiner.

Das Geschlecht von Silenen erlosch in Visp um 1527 mit dem Tod von Catharina von Silenen, Witwe des Grosskastlans Anton Kalbermatter.

Der Bischofshut des Sittener Fürstbischofs Jost von Silenen, der Visper Wurzeln hatte. Original ausgestellt im Geschichtsmuseum Sitten.

© Peter Salzmann

Prunkbrevier im Landesmuseum

Das Prunkbrevier von Bischof Jost von Silenen aus dem Jahr 1493 wird vom Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich gehütet und kann online eingesehen werden. Sein Bischofshut, die Mitra, ist mit Perlen und Edelsteinen geschmückt und befindet sich im Museum des Bistums in Sitten. Es handelt sich um ein Geschenk des französischen Königs Ludwig XI.

Begehrte Domherren-Sitze

Die Zahl der Domherren-Pfründen von Sitten schwankte in den Jahren 1275 bis 1500 zwischen 16 und 35. Im 13. Jahrhundert konnten sich die Walliser mehr als die Hälfte der Domherren-Pfründe von Sitten aufwärts sichern, während sich den Rest Savoyer und Franzosen mit sechs Aostatalern teilten. Das Domkapitel schlug dem Landrat jeweils den Bischof vor.

Im 18. Jahrhundert sank die Zahl der Domherren auf 12, 2020 betrug sie 10.

Pfarrer unterhielt weitläufigen Betrieb

Im Vertrag vom 31. Januar 1431 wurde der Pfarrer von Visp verpflichtet, drei Kapläne für Visp und für die Filialkirchen zu halten und diese aus seinen Einkünften zu entlöhnen. Auch die Besoldung des Sigristen, der Unterhalt der Kirchen, das Ewige Licht und das Almosen – zweimal in der Woche – mussten aus den Zehnten und Eingängen der Pfründen bestritten werden.

Wöchentliche Almosenverteilung

Gemäss einer Urkunde vom 31. Januar 1431 erfolgte die Almosenverteilung von alters her an jedem Montag und Freitag.

In Visp war es Brauch und Gewohnheit, Vermächtnisse zugunsten der Armen zu beschliessen. Bestimmte Gaben wie Käse, Fleisch, Brot, Tücher und so weiter wurden am Tag des Begräbnisses unter die Bedürftigen der Pfarrei verteilt.

In früheren Zeiten entfiel ein ansehnlicher Teil der Zehnten und sonstigen Einkünfte der Pfarrei auf die Verteilung an Bedürftige.

Untere Kirche war 500 Jahre Burgerkirche

Irgendwann nach 1431 übernahm die Burgerschaft Visp die untere Kirche mit Rechten und Pflichten, während die obere, die St. Martinskirche, die Pfarrkirche für die gesamte Bevölkerung war.

Über das Verhältnis der beiden Kirchen zueinander ist man nur spärlich unterrichtet. Als sicher darf angenommen werden, dass Visp stets nur eine einzige Pfarrei bildete, dass die St. Martinskirche die eigentliche Pfarrkirche war und dass der Pfarrer von Visp sowohl der einen als auch der anderen vorstand.