Kapitel Nr.
Kapitel 10.05

Joseph Burgener, der fanatische Visper Metallschürfer

Auf dem Territorium der Burgergemeinde Visp waren nie nutzbare Bergwerke auszumachen, während diesbezüglich im übrigen Wallis während Jahrhunderten einiges los war. Dennoch spielten Visper beim Schürfen unterschiedlicher Metalle und Erze in anderen Gebieten des Oberwallis eine nicht unbedeutende Rolle, vor allem im 18. Jahrhundert: in Lötschen, östlich von Goppenstein, gab es ein Bleiwerk, in Gondo ein Goldbergwerk.

Keine Nichtkatholiken anstellen!

Auf dem Weihnachtslandrat von 1736 stellte der Visper Joseph Burgener, Kastlan von Baltschieder, das Gesuch um Ausbeutung des Bleibergwerks im Zenden Visp – wo, bleibt unbekannt – oder zur Übernahme der verlassenen Bleigrube von Lötschen, die nach 20-jähriger Nutzung nur eine bescheidene Ausbeute ergeben hatte. Nachdem er für das Metall einen niedrigeren Absatzpreis als bisher üblich geboten hatte, erteilte man ihm 1737 die Konzession unter der Bedingung, dass er für diese Arbeiten keine Nichtkatholiken anstelle.

Lange bevor der Visper Metallschürfer Joseph Burgener sein Metier betrieb, gab es das Eisenbergwerk auf dem Simplon: «Eysenbergwerck im Grundt», Bestandteil der Karte «Bryg und Naters» in der «Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae», herausgegeben von Matthäus Merian beziehungsweise seinen Erben, Frankfurt a. M., erstmals 1642.

Konzession in der Verwandtschaft

Erstaunlich ist, wer sein Mitgesellschafter war: sein Verwandter, der spätere Landeshauptmann Franz Joseph Burgener, der nach Josephs Ableben am 8. Dezember 1747 alleiniger Konzessionär werden sollte.

Das Ausgabenbuch von Franz Joseph Burgener verzeichnet, was er und sein «Mitgespann» Joseph Burgener für das Bleibergwerk an Geld verausgabten. Im Durchschnitt wurden jährlich etwa 130 Zentner Blei erzeugt. Nimmt man für einen Zentner Blei den durchschnittlichen Absatzpreis von 7 Kronen an, ergaben diese 130 Zentner ein durchschnittliches Jahreseinkommen von beinahe 915 Kronen, dem jährliche Gesamtausgaben von durchschnittlich rund 745 Kronen gegenüberstanden. Dies ergab im Durchschnitt einen Reingewinn von etwa 170 Kronen, also annähernd 20 Prozent.

In den Jahren um 1750 gingen die Gesamtkosten für das Bergwerk auf die Hälfte und sogar einen Drittel ihrer früheren Höhe zurück; dies deutet wohl darauf hin, dass der Betrieb nach dem Tod von Kastlan Burgener stark abgebaut und dann langsam aufgegeben wurde.

Sehr hohe Transportkosten für Blei

Die Transportkosten beim Export des Bleis waren sehr hoch. Für einen Zentner betrugen sie, die hohen Zölle miteinberechnet, eine halbe Krone von Goppenstein bis Saint-Maurice. Im Wallis konnte der Zentner Blei wahrscheinlich zu einem höheren Preis als 7 Kronen verkauft werden. 1742 veranschlagten die beiden Burgener den inländischen Absatzpreis auf 9 Kronen. Ob sie so viel erhielten, ist nicht bekannt.

Die hohen Produktionskosten und die zugleich tiefen Verkaufspreise veranlassten Burgener aber schon 1745, den Landrat um Erlass der Brückenzölle beim Bleiexport zu ersuchen.

Firma im heutigen Stil

Joseph Burgener konnte sich seinerseits im internen Verhältnis mit einem Mitkonsorten zu einer «Association» vereinigen, die auch «Compagnie» hiess und wahrscheinlich durch blosse Vereinbarung in der Art unseres heutigen einfachen Vertrags gebildet wurde. In der Praxis war diese Geschäftsverbindung einer heutigen Firma durchaus ähnlich.

Die Zenden erkannten diesen zweiten Partner sofort an, ja sie begünstigten sogar die Gesellschaften, damit nicht eine Person allein zu viele wirtschaftliche Vorteile hatte und so auch eine breitere Kapitalgrundlage zur Sicherung des Unternehmens geschaffen wurde.

Bergwerke bedeutend für Wirtschaft

Die Bergwerke spielten im früheren Wirtschaftsleben des Wallis eine wichtige Rolle. Ihre damalige Bedeutung kommt jener der grossen Industrieunternehmen oder der Hotellerie innerhalb der heutigen Wirtschaft des Landes nahe, auch wenn ihnen der grosse Erfolg meistens versagt blieb. Eigenartig ist, dass man sich trotz aller Misserfolge immer wieder im Bergbau versuchte. Auch Bischof Matthäus Schiner soll sich im Bergbau betätigt haben, ohne Erfolg.

Verzweigung in der Stockalper-Mine in Zwischbergen-Gondo, die der Visper Metallschürfer Joseph Burgener im 18. Jahrhundert bewirtschaftete. Dieser Erzgang war schon sehr früh, um 1660, angefahren worden. Er ist mindestens 400 Meter lang und gilt als einer der ergiebigsten. Auf den gleichen Vererzungen trieb man weiter unten die Galerie Maffiola vor, musste den Abbau jedoch wegen starken Wassereinbrüchen aufgeben. Beide Galerien waren bis zur Aufgabe des Bergbaus in Betrieb. Heute sind sie höchst einsturzgefährdet.

© Peter Salzmann

Von Goppenstein bis Gondo

Das Bergwerk in Lötschen stand mit dem Goldbergwerk von Zwischbergen-Ruden (Gondo) in Verbindung, das der Landrat 1742 an Joseph Burgener verpachtete, sowie mit dem Eisenbergwerk von Binn, welches um diese Zeit durch de Rivaz betrieben wurde. Sie halfen einander mit Werkzeugen aus und suchten auf diese Weise die Kosten zu reduzieren. Billige Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände für die Belegschaft lieferte die Compagnie Taffiner, eine Walliser Handelsgesellschaft des 18. Jahrhunderts, die über weitreichende Beziehungen ausserhalb des Landes verfügte.

Kein Hokuspokus

Im Dezember 1761 beschloss der Landrat in Sitten ein Verbot, mit abergläubischen «Zauberkunstgriffen» verborgene Schätze und Mineralien zu suchen.

Das schweizerische «Grönland»

Der Berner Reiseschriftsteller Siegmund Gruner nannte das Hochgebirge der Vispertäler 1778 in seinem Werk «Reisen durch die merkwürdigsten Gegenden Helvetiens» als «die scheusslichste Wildnis der Schweiz» und «das schweizerische Grönland».

Im Zenden auf Mineraliensuche

Im Mai 1780 erhielt der Visper Kastlan Franz Joseph Andenmatten vom Landrat die Erlaubnis, im Zenden Visp nach Mineralien zu suchen.

Joseph Burgener grub auch nach Gold

Das Ausgabenverzeichnis Joseph Burgeners enthält ebenfalls Angaben über seine betriebliche Tätigkeit in Ruden (Gondo), die noch umfangreicher war als jene in Lötschen und mit einigen Unterbrechungen die Jahre 1735 bis 1765 umfasste. Er betrieb auch dieses Werk zusammen mit dem späteren Landeshauptmann Franz Joseph Burgener. Später war auch dessen Vetter Kaspar Jodok Stockalper (1713–1795) beteiligt, der Sohn des Joseph Anton Stockalper und der Katherina Burgener, Schwester von Franz Joseph Burgener.

Die Betriebsauslagen betrugen in den ersten neun Jahren durchschnittlich über 107 Kronen jährlich, die fast nur für Quecksilber und Sprengpulver verwendet wurden. Der Meister im Betrieb, ein Italiener oder Südtiroler namens Parruza, bezog einen Tageslohn von 12, seine acht bis zwölf Arbeiter einen von 7 bis 8 Batzen.

Die jährliche Durchschnittsproduktion des Werks betrug 2 062 Gramm Gold. Im Schnitt wurden jährlich 1 279 Kronen für das erzeugte und auf dem Markt – zuerst in Vevey – verkaufte Gold gelöst. Die Jahresausgaben betrugen gleichzeitig 740 Kronen.

Auch wenn das Bergwerk von Ruden keine grossen Gewinne abwarf, war es für die damalige Zeit doch ein recht lohnendes Unternehmen, wahrscheinlich das rentabelste Bergwerk, das bis dahin im Lande in Betrieb war.

Eingang zur Stockalper-Mine im Zwischbergental nahe Gondo, wo der Visper Joseph Burgener zwischen 1735 und 1765 Metall schürfte. Er betrieb dieses Werk zusammen mit dem späteren Landeshauptmann Franz Joseph Burgener. Später war auch die Familie Stockalper beteiligt.

© Peter Salzmann

Landrat erteilte Konzessionen

Dass der Betrieb eines Bergwerks einträglich sein konnte, wenn jemand es verstand, ein solches Unternehmen richtig zu führen, zeigt, dass hin und wieder dringende Gesuche um die Verweserschaft an den Landrat kamen.

Auf dem Mai-Landrat von 1710 beispielsweise wurden Klagen laut, seit einigen Jahren seien fremde Bergleute im Lande, die zu diesem Zeitpunkt sogar die Bleigrube von Lötschen ausbeuteten und immer neue Bergwerke zu eröffnen trachteten. Diese Leute zahlten schlecht und machten Schulden.

Die Konzession zur Ausbeutung der Silbergruben von Bagnes gewährte der Landrat dann einer Gruppe illustrer Persönlichkeiten unter der Führung von Bischof Supersaxo: mit dabei waren der Landeshauptmann Franz Joseph Burgener, Vize-Landeshauptmann Eugen Burgener aus Visp, Oberst Roten und Landesschreiber Blatter. Doch fehlte es diesen an Erfahrung im Bergbau sowie am richtigen Unternehmergeist, sodass der Erfolg ausblieb.

So lebte man in der Zeche

Die Belegschaften der Bergwerke in Lötschen und Ruden (Gondo) erhielten von der Unternehmung bedeutende Mengen Wein und Tabak zugeteilt. Damit wollte man die anspruchsvollen fremden Bergleute an die Arbeitsstätte binden. 1741 wurden für Lötschen über 20 Kronen an Wein ausgegeben und etwa 250 bis 300 Liter konsumiert; im gleichen Jahr rauchte die dortige Belegschaft über 40 Pfund Tabak zu drei Batzen das Pfund. In Gondo wurde für Tabak weniger Geld ausgegeben als in Lötschen, dafür erheblich mehr für Wein. Wein und Tabak waren das einzige Vergnügen, das die Unternehmen den Mitarbeitern bieten konnten. Die gewöhnlichen Werktätigen lebten noch viel bescheidener.

Es wurde einfach gekocht: Suppe, Grütze, Gebackenes und so weiter als Eintopfgericht, wobei Fett- und Eiweissstoffe nicht fehlten; allerdings spielten diese eine weit geringere Rolle als heute. Milch, Gemüse und Obst kamen nicht vor.

Erzsuche in Barmili

Zweihundert Jahre vor Joseph Burgeners Schürftätigkeit, um 1527/28, bestanden Pläne, bei Barmili oberhalb dem Stundhüs, südlich des Staldbachs, ein Bergwerk auszubeuten; welches Erz abgebaut werden sollte, kann nicht mehr festgestellt werden. Entsprechende Absichten hegte der spätere Landeshauptmann Anton Venetz zusammen mit Peter Owlig aus Brigerbad und Thomas von Schalen. Am gleichen Ort liess auch der Visper Landeshauptmann Simon In Albon graben.

Proteste wegen Bergwerk

Im Juli 1732 fand in Visp eine stürmische Volksversammlung statt, an der Leute aus den sechs oberen Zenden teilnahmen, um gegen die illegale Ausbeutung des Eisenbergwerkes von Binn zu protestieren.

Der Landeshauptmann riet Alston, einem einflussreichen Mitarbeiter des ausländischen Konzessionärs Mandel, sich in Sicherheit zu bringen, da er die Vereinbarungen nicht eingehalten habe. Die Landsgemeinde in Visp forderte die Aufhebung des Vertrags mit Mandel; die Obrigkeit musste schliesslich nachgeben.

Burgener auch im Lebensmittelhandel

1744 kaufte die Compagnie Taffiner gemeinsam mit Joseph Burgener im Val d’Illiez und in Monthey 1 017 Stück Käse zu durchschnittlich 11,6 Kilogramm Gewicht. Der Ankaufspreis pro Kilogramm betrug damals schon 3.31 Franken. Sie verkauften diese mit einem Gewinn von mehr als 15 Prozent in Domodossola. Im selben Jahr verkauften die beiden Partner oberitalienischen Reis für 796 Kronen; der hohen Transportkosten für Reis wegen fiel hier der Reingewinn bedeutend kleiner aus.

Gegen das Verbot von Schafexport

Im Mai 1766 protestierte der Zenden Visp gegen das Verbot zur Ausfuhr von Schafen.

Metzger und Gastwirt Andenmatten

Johann Anton Andenmatten war aus dem Saastal in den Zendenhauptort gekommen. Er wirkte als Metzger und Gastwirt in Visp und wurde 1742 als Burger aufgenommen. Er starb 1749 auf der Durchreise in Simplon-Dorf.

Viotti wurden Walliser

Im Dezember 1782 wurde im Landrat Johann Baptist Viotti, Sohn des Karl aus Rana (Italien), wohnhaft in Visp, als Walliser Landsmann angenommen.