Kapitel Nr.
Kapitel 10.08

Politische und militärische Karrieren in den Familien Zimmermann und Venetz

Der politische Aufstieg der Familie Zimmermann begann auf lokaler Ebene mit Sebastian (1657–1711), Sohn des Bartholomäus und der Christina Zumberg aus Lalden: Er amtete sowohl 1692 als auch 1706 und 1708 als Burgermeister von Visp. Seine Ehefrau war Caterina, eine Nachfahrin von Landeshauptmann Georg Summermatter.

Ihr Sohn Christian Joseph Zimmermann (1706–1754) durfte dank des bescheidenen Wohlstands seiner Eltern studieren und mehrere Sprachen erlernen. Von 1737 bis 1739 war er Kastlan von Vionnaz-Bouveret. Nachdem 1737 seine Gattin Maria Barbara Ritter gestorben war, ehelichte er 1739 Johanna Margaritha Venetz aus dem alten adeligen Burgergeschlecht. Gleich viermal war Christian Joseph Zimmermann Visper Burgermeister, 1742, 1744, 1752 und 1754, und er starb noch in seiner Amtszeit. Aus seinen zwei Ehen sind zehn Kinder bekannt; aus der ersten Ehe stammt Johann Sebastian (1736–1793).

Zimmermann von Oberhüsern

Bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte sich Peter Zimmermann, Sohn des Theodul von Oberhüsern, in Visp im Weiler Ennet der Brücke niedergelassen und 1570 das Visper Burgerrecht erworben.

In Visp gab es zeitweise drei Pulvertürme; die Munition verteilte man vernünftigerweise auf mehrere Depots. 1753 wurde dieser Pulverturm im Litternagrund errichtet. 1987 bot sich dank «Iischers Visp» die Möglichkeit, ihn um 30 Meter zu verschieben und so zu erhalten.

© Peter Salzmann

  © Peter Salzmann

Johann Sebastian in piemontesischen Diensten

Johann Sebastian Bonifaz Christian Zimmermann wurde im Mai 1736 in seinem Burgerort Visp geboren. Erst wenige Monate alt zog er mit seinen Eltern nach Bouveret, wo sein Vater für zwei Jahre als Kastlan wirkte und wo wenig später seine Mutter starb. Nach Visp zurückgekehrt, ehelichte der Vater Johanna Margaritha Maria Venetz aus altem Burgergeschlecht. Ob Johann Sebastian im Kreis seiner Stiefgeschwister aufwuchs oder von Verwandten seiner Mutter erzogen wurde, ist ungewiss. Ebenso wenig weiss man über die Schulen, die er besuchte, und welchen Beruf er erlernte; vermutlich genoss er die Ausbildung eines Notars.

Noch nicht 21-jährig trat er im April 1757 in das Regiment de Kalbermatten ein, das in piemontesischen Diensten stand. 1766 wurde er dort zum Leutnant befördert. Spätestens 1776 weilte er, inzwischen zum Hauptmann aufgestiegen, wieder im Wallis.

Späte Familiengründung in Visp

Reichlich spät, mit 40 Jahren, dachte er wohl langsam daran, einen eigenen Hausstand zu gründen. Er verheiratete sich mit der jungen Witwe Anna Maria Magdalena de Vice, geborene von Roten, Tochter des Landvogts Johann Ignaz aus Raron und der Maria, geborene Burgener, Tochter des Landeshauptmanns Franz Joseph Burgener von Visp.

Mit seinen Kriegsdiensten zu Geld gekommen, kaufte Sebastian Zimmermann 1777 von der Burgerschaft Visp für die stolze Summe von 4 500 Pfund das sogenannte «Venetz-Gut» in Wichelrieds Boden, bestehend aus Haus, landwirtschaftlichen Gebäuden und anderen Gütern; heute steht dort das Mengis-Haus. Die Burgerschaft hatte dieses Gut bekanntlich nach dem Tod des hoch verschuldeten Bannerherrn Simon Hubert Venetz (1724–1774) als Zahlung für die 1 200 Pfund, die sie diesem geliehen hatte, an sich genommen.

Wenige Jahre nach diesem Kauf, 1782, trat Hauptmann Zimmermann als Oberst im höchsten Rang ins Regiment de Courten in piemontesische Dienste ein. Das Piemont bildete damals zusammen mit Savoyen das Kernland des Königreichs Sardinien, zu dem auch Nizza gehörte. Sardinien war 1720 entstanden.

Seinen Lebensabend sollte Zimmermann nicht zu Hause verbringen. Ende August 1793 traf in Visp die Nachricht ein, dass Oberst Zimmermann am 26. Juli in Sassari auf der Insel Sardinien gestorben war. Er hinterliess die Gattin mit vier Kindern.

Sebastian Adrian organisierte die Walliser Post

Sein ältester Sohn Sebastian Adrian Christian Ignaz Zimmermann (1777–1829) schlug wie sein Vater die militärische Karriere ein, und zwar in piemontesischen Diensten. 1798 trat er in den Dienst Frankreichs ein. Ein Jahr später geriet er vor Verona in Kriegsgefangenschaft, aus der er 1801 entlassen wurde.

Als eidgenössischer Oberst befehligte er 1828 die Walliser Truppen. Anschliessend organisierte er in Sitten die Walliser Post und leitete diese bis zu seinem Tod 1829.

Ein Sohn wurde 1814 Priester und war dann in St. Niklaus, in Grächen, zweimal in Visp, in Brämis und in Unterbäch seelsorgerisch tätig. 1829 wurde er zum Titular-Domherr gewählt, trat 1837 in das Kapitel ein und starb 1839 in Visp.

Verbindung mit Familie Indermatten

Tochter Magdalena Zimmermann heiratete den Visper Notar Franz Joseph Indermatten (1772–1831).

Die Visper Familie Indermatten hatte ihren Ursprung im Saastal. Von dort war Franz Indermatten (1734–1810) mit seiner Frau Maria Katharina Andenmatten und den Kindern nach Visp gezogen, wo sie 1803 als Einwohner angenommen wurden. 1807 wurde Franz mit seiner Familie als Burger von Visp aufgenommen, jedoch unter der Bedingung, dass nur zwei seiner vier Söhne mit deren Nachkommen sein Burgerrecht erben konnten.

Franz Joseph eröffnete 1807 in Visp ein Handelsgeschäft; er lieferte den Zenden unter anderem militärische Ausrüstung. Als erfolgreicher Geschäftsmann mischte er auch in der Politik mit. 1798 war er Abgesandter des Wallis im helvetischen Grossen Rat, 1802 Mitglied der Walliser Verwaltungskammer, 1803 Assessor am Zendengericht Visp. 1794–95, 1809–10, 1817–18, 1830–31 Grosskastlan von Visp, 1809–31 Landratsbote, 1813 Friedensrichter des französischen «Kantons Visp», 1814 Mitglied der Verfassungskommission, 1815–17 Präsident des Bezirks Visp, 1817–18 Mitglied des obersten Gerichts. 1810 und 1814 stand er der Burgerschaft Visp als Burgermeister vor.

Heirat mit einem «Einwohner»

Maria Margaretha Patienzia Zimmermann, Tochter des Johann Sebastian, geboren 1742, verheiratete sich am 4. April 1770 mit dem vielseitig begabten Franz Joseph Löacker, Einwohner von Visp. Dieser arbeitete als Schuster und war laut Pfarrer Adrian de Courten «Organist unserer Kirche und lieblicher Sänger».

Johann Venetz residierte am Martiniplatz

Johann Josef Ignaz Venetz wurde Ende Juli 1691 als jüngstes Kind des kurz darauf verstorbenen Johann-Jodok III. Venetz in Visp geboren. Er gehörte damit einer der einflussreichsten Familien des Zenden Visp an, die auch verwandtschaftliche Beziehungen zu den herrschenden Familien der Zenden Leuk und Siders pflegte.

Zu diesem Zeitpunkt waren der ganze Zenden Visp und dessen höchste Ämter fest in den Händen seiner Verwandten aus den Familien Venetz, Burgener und Blatter. Welche Schulen Venetz in seiner Jugend besuchte, ist nicht bekannt. Um 1712 wurde er jedoch als «notarius/doctissimus» bezeichnet.

1712 führte er die 20-jährige Maria-Josepha Juliana de Courten aus Siders zum Traualtar. Damit verband er sich mit dem mächtigen Patriziergeschlecht des Zenden Siders.

Er stieg nun auch in die Politik ein. Vorerst war er mehrmals Kastlan der kleinen Herrschaft Baltschieder-Gründen.

Früh trat er in fremde Kriegsdienste ein, wohl in ein Regiment seiner Verwandten de Courten, wo er bereits 1720 zum Major befördert wurde. 1734 übergab er seine Kompanie an einen anderen Visper, Johann Joseph Bartholomäus Andenmatten. Er quittierte den Dienst endgültig im Alter von 53 Jahren.

Ein halbes Dutzend Mal – 1720, 1730, 1732, 1738, 1748 und 1750 – stand er der Burgerschaft Visp als Burgermeister vor und wurde dann Grosskastlan des Zenden. Auch im Walliser Landrat war er regelmässig vertreten. 1722 wählte man ihn – in Anbetracht «des alten, ansehnlichen Hauses Venetz» und seiner eigenen Kapazitäten und Qualitäten – für drei Jahre zum Kastlan über Vionnaz-Bouveret. Von 1734 bis 1736 war er als Vertreter des Zenden Visp Kastlan der Herrschaft Niedergesteln-Lötschen.

Strassenmeister

Dann wurde Johann Venetz Strassenmeister oberhalb der Raspille. In seinen Aufgabenbereich fielen die Erhaltung und die Fahrbarkeit der Landstrasse. Bei seinem Amtsantritt befand sich diese jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Als am dringendsten erwies sich der Neubau der Strasse unter dem Turtig; auch sollte sie von «hervorspriessenden Studen und Ästen» befreit werden. Er sollte Sorge dafür tragen, dass die Strasse im Winter durch den Hohberg und Beggenried passierbar war. 1741 wurde er Landvogt von Monthey.

Venetz wusste mit seinen ererbten Gütern umzugehen und sie gar noch zu vermehren. Von seinen vielen Gütern in Visp war jenes in «Wichenrieds Boden» wohl das schönste und wertvollste. Dieses befand sich im obersten Drittel der Burgschaft, südlich des Chors der damaligen St. Martinskirche, zwischen dem heutigen Rathaus und der Pflanzetta, ungefähr am Standort des heutigen Mengis-Hauses. Es bestand aus Wohnhaus, Stallungen, Scheunen, Baumgärten, Wiesen und Gärten rundherum.

Hier wohnte er mit seiner Familie. Es wird vermutet, dass er das Haus selbst erbaute. In einem anderen Haus betrieb er eine Weinschenke. In Siders nannte er ausgedehnte Rebberge sein Eigen.

Venetz starb 59-jährig am 14. April 1750. Er wurde in der St. Martinskirche beerdigt, wo die Familie eine Familiengruft besass.

Den grössten Teil des Gutes in «Wichenrieds Boden» erhielt sein Sohn Simon Hubert.

Wie gewonnen, so zerronnen

Letzter Vertreter der Visper Patrizierfamilie Venetz war Simon Hubert, der 1724 in Bouveret geboren wurde, wo sein Vater im Auftrag des Landrats als Grosskastlan wirkte.
Als Simon 1744 in die Schützenzunft eintrat, wurde er als Notar registriert. 1748 wurde er Grosskastlan für Visp und von 1754 bis 1756 Kastlan für die Herrschaft Niedergesteln-Lötschen, deren Verwaltung turnusgemäss dem Zenden Visp zufiel. Das hinderte Venetz nicht daran, gleichzeitig Burgerschreiber von Visp zu sein und 1760 gar dessen Burgermeister.

Als ob der Ämter noch nicht genug waren, wurde er 1759 vom Mai-Landrat zum Strassenkommissär für das Gebiet oberhalb der Raspille gewählt. Er war somit verantwortlich für die Reparatur und Instandhaltung der Landstrasse. Es wurden ihm noch weitere Ämter wie Bannerherr zugeschanzt. Später sollte sich zeigen, dass er all dem bei Weitem nicht gewachsen war. In Gampel, dem Heimatort seiner Frau Maria Josepha de Turin, starb er 1774, erst 50-jährig und hoch verschuldet.

Drei Jahre nach seinem Tod konfiszierte die Burgerschaft Visp das «Venetz-Gut» aus dem hinterlassenen Besitz des Simon Hubert Venetz, da die 1 200 Pfund Kapital, die der Verstorbene 1761 bei der Burgerschaft entlehnt hatte, noch nicht zurückbezahlt waren.

Behalten wollten die Burger die Liegenschaft jedoch nicht. Sie verkauften sie zwei Jahre später für 4 500 Pfund dem durch Kriegsdienste reich gewordenen Oberst Johann Sebastian Bonifaz Christian Zimmermann aus Visp.

Obere Albe den Söhnen vererbt

Am 13. Mai 1782 machte Johann Michael In Albon, Meier des Freigerichts Finnen, zu Visp sein Testament. Darin vermachte er seinen Söhnen Johann und Peter die in der Oberen Albe gelegenen Güter an Wiesen, Ackerland, Wald und Gebäuden.

Visper als Tal-Ammänner in Gehren

Das Freigericht Gehren im Obergoms, das um 1405 gegründet worden war, lag seit Ende des 16. Jahrhunderts bei einigen Familien aus den Zenden Brig, Visp und Raron. Diese stellten im Turnus alle zwei Jahre den Tal-Ammann. Aus Visp waren dies: Peter Kalbermatter (1700), Mathias Ritter (1708), Nikolaus Kamer (1714), Adrian Kamer (1720), Johann Ritter (1726).

Ausbruch des Mattmarksees

Infolge grosser Unwetter und Regenfälle kam es am 17. September 1772 zu einem Ausbruch des Saaser Sees (Mattmark!). Die Überflutung fügte Visp einen enormen Schaden zu. Unter anderem riss sie auch zwei Drittel der Landbrücke weg.