Kapitel Nr.
Kapitel 05.04

Visper Kleriker wirkten in der Kirche und als Notare

Um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert waren etliche Visper Geistliche neben ihren Aufgaben in der Kirche auch als Notare tätig; sie lasen also nicht bloss die Messe und beteten das Brevier wie andere Kleriker mit niederen Weihen.

Als Kaplan und zugleich Notar erschienen: Peter Lucieria (1299–1310), Peter de la Vota (1299–1306) und Johann de Tilia (1305–1309); die beiden letzteren stammten aus Junkerfamilien, die in Visp ansässig waren.

1304 trifft man in Visp den Priester Johann de la Scala und den Subdiakon gleichen Namens und Geschlechts.

1299 amtete ein Walter aus Visp als Pfarrer von Macugnaga; als seine Tochter Salome 1306 um 12 Pfund eine Jahresabgabe von 3 Mütt Korn verkaufte, war er bereits nicht mehr am Leben.

Weitere Kleriker aus Visp, die gleichzeitig als Notare wirkten, waren Jakob de la Vota, Wilhelm Dayletto, Walter de Tilia und Rudolf de Wyle.

Wiederholt trat zwischen 1301 und 1310 der Notar Peter von Lax auf. Graf Jocelin de Biandrate hatte in Johann von Raron einen eigenen Hofkaplan. Auch der Prokurator oder Vogt der Bruderschaft «Unserer lieben Frau» mit Namen Nikolaus Barbitonsor kam vor.

Es gab also damals im kleinen, noblen Visp eine ganze Menge Geistlicher, Kleriker und Notare. Je weiter man ins Tal hineinging, desto spärlicher wurden sie. Auffällig ist, dass all diese Kleriker und Notare rundweg aus Herrenfamilien stammten. Die Söhne einfacher Landleute dürften kaum Möglichkeiten und Mittel besessen haben, in den geistlichen Stand aufzusteigen, zumal der Adel und die Herrenfamilien im Majorat Visp so stark vertreten waren. Eine Ausnahme war das Goms, wo nicht wenige Geistliche und Notare aus der gewöhnlichen Landbevölkerung stammten.

Rechte und Lehensgüter auswärts

Anfangs des 14. Jahrhunderts kamen Visper mit Lehensgütern und Rechten in Törbel vor – die de Biandrate, die de Platea –, welche an die Wiegenrieder übergingen.

1309 sind in Embd folgende Herren genannt, die dort Lehensgüter oder andere Rechte ihr Eigentum nannten: Junker Amadeus von Raron, der mit einer de Vespia verheiratet war, die de Vespia selbst und die de Biandrate aus Visp. Am Schelb (Schalb) besassen die de Platea Rechte an der Fonte von Törbel. Bedeutend waren auch die Zehnten des Domkapitels und des Pfarrers von Visp.

Notariatszeichen von Peter II. Werra aus einer Urkunde vom 26. Oktober 1351 (BA Visp E5)

Rechte in Gspon und Saas-Almagell

Um 1340 hatten die Visper de Platea Besitz und Rechte in Gspon.

Im 14. Jahrhundert besassen die de Vespia in «Vee» Rechte auf Abgaben und Servicien, ebenso die de la Vota von Visp in Saas-Almagell.

Der angesehenste Geistliche des Oberwallis

Der Geistliche Johannes de Chouson verdient auch mit Blick auf Visp besondere Beachtung. Von 1329 an war er während drei Jahren Vikar in Visp und Sachwalter des Pfarrers Philipp Ruverii, der als landesfremder Edelmann und Domherr von Lausanne kaum in Visp residierte.

Anschliessend war Johannes fast ein Jahrzehnt lang Pfarrer von St. Niklaus. Unterdessen war er nach Avignon gereist; es war die Zeit der Kirchenspaltung mit Päpsten in Rom und in Avignon. Dort gestattete ihm am 9. September 1350 Papst Clemenz VI., die Pfarrei St. Niklaus an Philipp Ruverii abzutreten und im Tausch dessen viel wichtigere Pfarrei Visp zu übernehmen. Nach dem Tod Peter Murmanns war Johannes de Chouson um die Mitte des 14. Jahrhunderts wohl der angesehenste Geistliche des Oberwallis.

Am 27. Oktober 1360 war er mit dem Meier, dem Ritter Anton de Compey, Zeuge auf dem allgemeinen Gerichtshof in Visp. Ab 1362 war er Mitglied des Domkapitels Sitten, wobei er schon zwei Jahre später darauf verzichtete. Johannes blieb Pfarrer von Visp; er starb im Spätsommer 1365.