Kapitel Nr.
Kapitel 18.19

Der Wunsch nach landwirtschaftlicher Bildung war in Visp am grössten

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war das Oberwallis noch stark von der Landwirtschaft geprägt; in diesem Erwerbszweig sah man noch die Zukunft. 

1914/1915, in der Zeit des Ersten Weltkriegs, wurde mit Vorträgen und Presseberichten in der weitgehend bäuerlichen Bevölkerung das Interesse für die Landwirtschaft geweckt. Man trat für die Berufsausbildung der Landwirte ein und wollte Verbesserungen und Förderungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft zugänglich machen. Es wurde die Gründung einer Landwirtschaftlichen Winterschule für das Oberwallis ins Auge gefasst.

Das landwirtschaftliche Bildungswesen verdiene mehr Beachtung denn je, hiess es damals, der Landwirtschaft werde derzeit hohe Aufmerksamkeit geschenkt. Überall sei man sich darüber klar geworden, welch hohe Bedeutung sie für die Unabhängigkeit des Landes besitze; sie müsse durch eine tüchtige Berufsbildung, eine kräftige Organisation und eine weise Zollpolitik gefördert werden. Man müsse sich die Lehren des Krieges für die Versorgung des Landes mit den nötigen Lebensmitteln und die damit verbundene Selbstständigkeit zunutze machen.

Erste Schule im Unterwallis

Bereits 1841 hatte sich der Walliser Grosse Rat mit der Gründung einer «Bauernschule» befasst. Hauptsächlich waren es die politischen Wirren der nachfolgenden Kriege (Trient- und Sonderbundskrieg), die zu einem Unterbruch und schliesslich zur Aufgabe des Projekts führten.  

1891/92 gründeten Augustinermönche eine landwirtschaftliche Schule in Ecône. Der Unterricht war, zumindest auf dem Papier, zweisprachig vorgesehen. Dennoch wurden in dieser Einrichtung in 30 Jahren kaum ein halbes Dutzend deutschsprachige Oberwalliser ausgebildet.

Für die schwache Frequentierung wurde unter anderem die mangelnde Aufklärung über die Bedeutung der Schule angeführt. 

1908 veranlasste die Kantonsregierung, dass in Ecône neben den Jahreskursen theoretische Winterkurse organisiert wurden; mangels einer hinreichenden Anzahl Schüler gingen diese wieder ein. Die bescheidene Nachfrage sollte auch ein Problem der späteren Oberwalliser Schule sein.

Politische Signale

Entscheidend war eine Äusserung von Landwirtschaftsminister Maurice Troillet, dem starken Mann in der Walliser Regierung, der resolut auf eine Politik der Modernisierung und der besseren Rentabilität der Landwirtschaft setzte. Er bejahte im Herbst 1915 die Frage nach dem Bedarf nach einer Landwirtschaftlichen Schule im Oberwallis eindeutig. Was die Mittel- und Unterwalliser bereits seit einem Vierteljahrhundert besässen, könne auch das Oberwallis mit Recht beanspruchen.

Im Jahr 1915, dem Jubiläumsjahr des Eintritts des Wallis in die Eidgenossenschaft, bezeichnete Troillet die Gründung einer Landwirtschaftlichen Winterschule für das Oberwallis als echt patriotische Kundgebung, die einen Aufschwung des landwirtschaftlichen Bildungswesens und Fortschritt in der Walliser Landwirtschaft bedeute.

Standortvorteile von Visp

Als allgemein die Überzeugung herrschte, eine Landwirtschaftliche Schule müsse kommen, befasste man sich bald mit den Kriterien, die bei der Gründung einer solchen Einrichtung zu beachten waren.

Genannt wurden: zentrale Lage, Bodenverhältnisse, zusammenhängende Güterkomplexe, Absatzverhältnisse, Möglichkeit zur Heranziehung von tüchtigen Lehrkräften, allgemeine Schulverhältnisse, Bildungsfreundlichkeit der Bevölkerung. 

Der «Walliser Bote» schrieb dazu: «Die Wahl des Standortes der zukünftigen Winterschule ist daher von enormer Wichtigkeit. Es mag wohl am Platz sein, die bis jetzt in Frage kommenden Ortschaften Visp und Leuk-Susten zu einem näheren Vergleich heranzuziehen.» Für Visp wurden folgende Vorteile genannt: zentral gelegener Ort, auch in landwirtschaftlicher Hinsicht, er sei Ausgangspunkt des Nikolai- und des Saastals und liege inmitten grosser landwirtschaftlich bedeutender Ortschaften wie Bürchen, Unterbäch, Eischoll, Zeneggen, Ausserberg, Baltschieder, Eggerberg, Lalden, Brigerbad, Eyholz und Visperterminen, mit denen er in regem Verkehr stehe.

Das Klima sei in Visp vorzüglich, was die vorhandenen Pflanzen und die landwirtschaftlichen Produkte zeigten. Man finde in Visp und Umgebung die prächtigsten Fruchtbäume, was Wachstum und Ertrag anbelange, einen ausgedehnten Rebbau, einen intensiven Gartenbau sowie reichlichen Feld- und Futterbau. Alle bisherigen Verbesserungsversuche hätten ein günstiges Resultat ergeben.

Die Beschaffung des Bodens eigne sich vorteilhaft für wissenschaftliche Versuche; man finde in Visp Hang- und Grundboden, was den praktischen Unterricht der Schüler mit Blick auf die Walliser Verhältnisse bedeutend erleichtere.

Susten schien als Standort weniger geeignet, unter anderem, weil es beinahe an der Grenze des Oberwallis und der Sprachgrenze stand. Nach eingehender Erörterung fiel die Beurteilung mehrheitlich zugunsten des Standorts Visp aus.

Die kantonale Landwirtschaftliche Schule Oberwallis startete 1920 im früheren Hotel Soleil mit dieser Klasse, mit Lehrern und Behörden. In der vordersten Reihe v. l. n. r. Lehrer Josef Blatter, Ingenieur Theo Schnyder, Direktor Franz Buser, Eduard Burlet und ganz rechts sitzend Meinrad Vomsattel, nebenamtliche Lehrkraft. Von den Visper Schülern erkennt man in der Mitte hinter dem Tisch stehend Adolf Fux, später Gemeindepräsident, und rechts Carlo Anthamatten, später Staatsrat, in der hintersten Reihe rechts aussen Gustav Studer.

Fotograf unbekannt, erschienen in Fux 1996, zVg/Klaus Summermatter

Zwei Sprachen, zwei Schulen

Der Briger Dr. Alexander Seiler und der spätere Bundesrat Josef Escher setzten im Walliser Grossen Rat durch, dass im Gesetz vom 17. Mai 1919 betreffend die Organisation der landwirtschaftlichen Fachausbildung der Grundsatz verankert wurde, zwei Landwirtschaftsschulen mit Gutsbetrieb zu errichten, die eine im deutschsprachigen und die andere im französischsprachigen Kantonsteil.

Konkret stand die Schaffung von Schulen in Châteauneuf und im Oberwallis zur Debatte. Die Schule im Mittelwallis sollte rund eine Million Franken kosten, diejenige im Oberwallis etwa die Hälfte davon. 

Die beiden Schulen sollten eine ganze Generation Walliser Landwirte in die Geheimnisse der Düngung, der Schädlingsbekämpfung, der Rassenveredlung, der Mechanisierung, der Rationalisierung und der Buchhaltung einführen.

Mehrheit mit einer Stimme

In der Endabstimmung beschloss der Rat die Einrichtung dieser Landwirtschaftlichen Schulen mit einer einzigen Stimme Mehrheit. Es hiess, diese Mehrheit sei schliesslich nur deshalb zustande gekommen, weil sich ein Gegner bei der Abstimmung geirrt habe.

Die Walliser Stimmberechtigten waren dem Anliegen kurz darauf bedeutend besser gesinnt: Dank 6 673 Ja gegen 3 618 Nein wurden die Walliser Bauernschulen Tatsache.

Im Oberwallis gab es allerdings noch viele Schwierigkeiten: Plötzlich wollte jeder Bezirk Sitz der neuen Schule werden. Als mögliche Standorte galten unter anderem die Gärtnerei in Gamsen und das Areal des Altersasyls in Susten.

Grossrat Petrig – Präfekt des Zenden Visp trotz seines Wohnsitzes Brig – setzte sich beim Staatsrat für den Standort Visp ein. Wie Louis Carlen schrieb, glaubte Petrig mit der Einrichtung der Schule in Visp ein Gegengewicht zu der sich abzeichnenden Industrialisierung des Orts setzen zu können.

1920 sprach der Grosse Rat der Gemeinde Visp die neue kantonale Landwirtschaftliche Schule für das deutschsprachige Wallis zu.

Die Schüler der Visper Bauernschule rekrutierten sich aus den Dörfern des deutschsprachigen Kantonsteils. Sie konnten das Gelernte auf dem Gutsbetrieb Hohbrunnen praktisch üben, so auch bei der Heuernte in den 30er-Jahren.

Fotograf unbekannt, erschienen in Fux 1996, zVg/Bruno Anthenien

Gemeinde sicherte sich Landgut Hohbrunnen

Dem Gemeinderat war viel daran gelegen, dass Visp Standort der neuen kantonalen Landwirtschaftlichen Schule Oberwallis wurde. Für diesen Zweck kam einzig das Landgut Hohbrunnen rechts der Vispa, südlich des Friedhofs infrage. 

Schon am 25. November 1916 hatte der Gemeinderat beschlossen, zur Sicherung des Erwerbs der Domäne für die Schule in Hohbrunnen mit den Besitzern ein Kaufversprechen für zwei Jahre abzuschliessen.

Als feststand, dass das Gut versteigert werden sollte, beschloss der Rat am 8. März 1921 den Bürger Ludwig Heinzmann damit zu beauftragen, an der gleichentags stattfindenden Versteigerung das Landgut Hohbrunnen mit der Sonnenmatte von den Erben Clemenz für die Gemeinde behufs Errichtung der Landwirtschaftlichen Schule zu erwerben. Die Gemeinde, so der Beschluss, solle mit Präsident Francis Burgener und den Gemeinderäten Ludwig Providoli und Lot Wyer an der Versteigerung vertreten sein.

Die Differenz zwischen den 60 000 Franken, welche Heinzmann bieten würde, und einer eventuellen Mehrforderung durch höhere Angebote würde die Gemeinde auf sich nehmen. Sollte die Schule nicht in Visp errichtet werden, würde Ludwig Heinzmann das Landgut für 60 000 Franken von der Gemeinde zurückkaufen. Für seine Dienstleistung wurde dem Ansteigerer Heinzmann eine Gratifikation zugesichert.

Visp als grosszügiger Gastgeber

Visp erwies sich als überaus grosszügiger Gastgeber der neuen Landwirtschaftlichen Schule Oberwallis: Nach Erwerb des Landguts Hohbrunnen von den Erben Clemenz an der besagten Versteigerung schloss der Gemeinderat den Vertrag mit dem Staat Wallis betreffend einen Beitrag von 50 000 Franken und Übergabe des Bodens im alten Vispabett.

Zum Aufbau der Schule kaufte der Staat Wallis von der Gemeinde Visp das Landgut Hohbrunnen mit einer Fläche von circa sieben Hektaren für den symbolischen und wohl auch zweckgebundenen Betrag von 10 000 Franken. Circa drei Hektaren der Fläche waren Kulturboden, der Rest Gestrüpp und Geschiebe der Vispa. 

Mit Akt vom 12. August 1920 hatte die Burgergemeinde Visp dem Staat ein Grundstück von 1,75 Hektaren in der «Neuen Bine» als «frei und ledig» geschenkt. Bereits 1915 hatte der Burgerrat beschlossen, für die Gründung der kantonalen Landwirtschaftsschule in Visp ein Stück Boden in den Eyelösern zur Verfügung zu stellen.

1921 schenkte die Munizipalgemeinde Visp dem Staat als Beitrag an die Errichtung der Schule zusätzlich ein Gebiet von drei Hektaren vom alten Vispabett. So gelangte die Schule in den Besitz von rund 12 Hektaren Eigenland.

Das um 1850 erbaute frühere Hotel Soleil unweit der Landbrücke diente in den ersten 40 Jahren des Bestehens der kantonalen Landwirtschaftlichen Schule als Schulgebäude und Internat. Die Parzelle auf der Südseite der Kantonsstrasse, wo heute das Gebäude der Walliser Kantonalbank steht, war noch ummauert und mit einem Brunnen versehen. Kurz zuvor hatte die Lonza AG das Hotel erworben, wohl aus der Versteigerung heraus. Aber schon 1920 verkaufte sie es dem Kanton Wallis.

Nicht datiert, Fotograf unbekannt, erschienen in Fux 1996, zVg/Rudolf Ruppen

Unterricht in ehemaligem Hotel

Für den Unterricht der neuen Lehranstalt, die dem Departement des Innern mit Staatsrat Maurice Troillet an der Spitze unterstand, und das Internat konnte der Staat Wallis 1920 von der Lonza AG das veraltete «Hotel Soleil» an der Kantonsstrasse, nahe der Landbrücke, zum Betrag von 200 000 Franken erstehen. 

Am 17. November 1920 begann unter der Leitung von Direktor F. Buser aus Sissach (Basel-Land) der erste landwirtschaftliche Kurs mit 26 Schülern. 

Aufnahme in die Winterschule fanden aus der Primarschule entlassene Jugendliche. Während der Unterricht in den Wintermonaten vorwiegend theoretischer Natur war, förderten die Praktikantenkurse, die jeweils von Ostern bis Mitte Oktober dauerten, die handwerklichen Fähigkeiten; im Sommer standen die Beratung und der Gutsbetrieb im Vordergrund. Wer die beiden Semester mit Erfolg bestand, erhielt das Diplom der Schule.

Mehrmals musste der Beginn infolge Reparaturen am baufälligen Schulgebäude um zwei bis vier Wochen verschoben werden.

Unhaltbare Zustände und Direktionswechsel

In der Anfangsphase gab es Schwierigkeiten, vor allem auf der Direktionsebene. Erschwerend war unter anderem, dass viele auswärtige Lehrkräfte eingesetzt werden mussten. 

So war das Gastspiel von Direktor Buser von kurzer Dauer: Bereits am 1. September 1921 übernahm Agraringenieur Arthur Müller aus dem aargauischen Oberhofen die Leitung der Schule. 

Am 13. April 1922 musste der Gemeinderat aus den Darlegungen mehrerer Ratsmitglieder erfahren, dass die Zustände an der Landwirtschaftlichen Schule seit Längerem unhaltbar waren, was für den Weiterbestand der Institution verhängnisvoll zu werden drohte. Angesichts des Interesses des ganzen Oberwallis und der finanziellen Leistungen der Gemeinde Visp wurde beschlossen, die Vertreter des Bezirks im Grossen Rat zur Stellungnahme zu einer eventuellen Interpellation zu veranlassen und der Aufsichtskommission ausreichende Kompetenzen zu erteilen. 

Im Frühling 1924 hatte die Schule zudem grössere Erdbebenschäden zu beklagen.

Ordnung in den Alltag der Oberwalliser Schule brachte 1926 Direktor Luisier, der auch der Schule von Châteauneuf vorstand; er sollte dieses Amt während neun Jahren innehaben.

Wenig Nachfrage nach Ausbildungsplätzen

Die Hoffnung, die Bauernschule werde sich bald eines regen Zuspruchs erfreuen, erfüllte sich im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens keineswegs. Im Gegenteil: Es kam sogar zu einem Unterbruch des Betriebs. 

Die Rekrutierung von Schülern war derart schwierig, dass man ernsthaft daran dachte, die Schule nach Châteauneuf zu verlegen. Zur Unterstützung der Einrichtung beschloss der Gemeinderat 1926, die Werbung für die Schülergewinnung zu unterstützen. 

Die misslichen Schul- und Unterkunftsräume im früheren Hotel Soleil, das politische Gezänk der 20er-Jahre und die mangelnde Aufklärung über die Bedeutung der Schule wurden für die schwache Frequenz in Visp verantwortlich gemacht und vielleicht spielte sogar die Konkurrenz der besser eingerichteten Landwirtschaftlichen Schule in Châteauneuf eine Rolle.

Der Einsatz von Politikern, die sich vermehrt für die Bauernfrage zu interessieren begannen, brachte eine Besserung. Die Schülerzahlen stiegen, als auch in Visp gute Lehrkräfte angestellt werden konnten. 1935 übernahm Kulturingenieur Hans Bloetzer, bis anhin Chef der kantonalen Ackerbaustelle in Châteauneuf, die Leitung. Es konnten nun auch mehr junge Oberwalliser Männer als Schüler gewonnen werden: Mitte der 30er-Jahre stieg die Schülerzahl von 20 auf 30 und 1937 gar auf 61 an. Von diesen wohnten 47 im Internat. Da begann sich ein Neubau aufzudrängen. 

Viele Schüler bildeten sich nach den absolvierten Semestern in der Landwirtschaft weiter oder begannen sogar ein Studium.

Die Landwirtschaft blühte damals im ganzen Wallis. Noch nie hatte man im Kanton so viel Vieh registriert. Jede sonnige Halde wurde terrassiert, umgebrochen und mit Roggen oder Kartoffeln bepflanzt. 

Als der Zweite Weltkrieg begann, hatte die Grenzbesetzung zur Folge, dass die Schülerzahlen rückläufig wurden.

Werbung der Landwirtschaftlichen Schule um Schüler.

Eigene Ökonomiegebäude und eine Alpe

1926 erfolgte in Hohbrunnen der Bau einer Scheune mit Stallungen. Zwei Jahre später wurde dieser ein geräumiger Maschinen- und Geräteschupppen angegliedert. 1929 begann man mit dem Bau eines Wohnhauses für den Melker. Im Erdgeschoss dieses Hauses wurde eine moderne Schweinestallung mit Auslauf für ungefähr 20 Schweine eingerichtet, was etwas später aus hygienischen Gründen kaum mehr möglich gewesen wäre.

Die Stallungen beim bisherigen Schulgebäude mitten in der Dorfschaft Visp, dem früheren Hotel Soleil, wurden aus ästhetischen und hygienischen Gründen abgerissen und das Areal in einen Obst- und Gemüsegarten umgestaltet.

1937 verpachtete die Burgerschaft Visp der kantonalen Landwirtschaftlichen Schule sämtlichen unverteilten Burgerboden in den sogenannten Rottenlösern, 39 753 Quadratmeter.

1938 brachte ein Brandfall den Schulbetrieb durcheinander. 

1942 kaufte die Schule auf dem Simplon, im Engi und in den Klusmatten, von Eduard Schmidhalter Liegenschaften mit Gebäude und 18 Kuhrechten für 21 000 Franken.

Ebenfalls 1942 errichtete die Schule in Hohbrunnen mehrere zeitgemässe Hühnerställe. Auch die für den Garten notwendigen Gebäulichkeiten wurden regelmässig angepasst.

Schweinezucht im Ortsinnern

Die Schweinezuchtbetriebe im Innern der Ortschaft wurden 1921 vom Gemeinderat ersucht, in ihren Betrieben auf grösstmögliche Reinlichkeit zu achten und die Umgebung nicht unnötig mit Gestank zu belästigen.

Visper im Walliser Milchproduzentenverband

An der Gründungsversammlung des Walliser Milchproduzentenverbands vom 29. Juni 1919 wurde der Visper Franz Ruff als Vertreter des Bezirks Visp in den Verwaltungsrat gewählt.

Minderheit in der Mehrheit

Noch anfangs der 30er-Jahre, zur Zeit der heftigen politischen Auseinandersetzungen um eine künftige Sekundarschule, gebärdete sich Visp noch immer als stark landwirtschaftlich geprägte Gemeinde – dies ein Vierteljahrhundert nach der Ankunft der Lonza. 

1994 war von dieser Einstellung nicht mehr viel übrig geblieben. Am 6. Mai wurde an der Urne über das neue kantonale Landwirtschaftsgesetz abgestimmt. Von den 4349 Stimmberechtigten begaben sich nur gerade 251 zur Abstimmung. Diese allerdings nahmen die Vorlage mit 67 Prozent an.

Mitarbeiter aus Italien

Der Gemeinderat gestattete der Landwirtschaftlichen Schule 1947, fünf italienische Arbeiter einreisen zu lassen, sofern keine einheimischen Arbeiter für diese Tätigkeit gefunden werden konnten.

Starker Rückgang der Visper Landwirtschaft

1990 gab es in Visp noch 39 landwirtschaftliche Betriebe. 2005 waren es nur noch 22. Mit dabei waren noch ein hauptberuflicher Landwirt und 22 Vollbeschäftigte. Sie betreuten noch 231 Milchkühe, 74 Pferde, 197 Schafe, 127 Mutterschweine und 3 250 Hühner, aber keine einzige Ziege mehr.

30 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche

Durch Zupacht von Boden von der Burgerschaft, aber auch von Privaten, vergrösserte sich die Betriebsfläche zusehends. Im Jahr 1946 betrug die landwirtschaftliche Nutzfläche 30 Hektaren. 19 davon wurden für 6 000 Franken gepachtet, was einem Pachtzins von drei Rappen pro Quadratmeter entsprach. In regelmässigen Abständen versuchte die Schule immer wieder, die betriebseigene Fläche durch Kauf zu vergrössern oder das Gut zu arrondieren.

In den 60er-Jahren, als genügend Pachtland vorhanden war und von den Eigentümern sogar gratis zur Bewirtschaftung angeboten wurde, trat das Problem des Bodenkaufs vorübergehend in den Hintergrund.

Landwirtschaftliche Schule 1950 in Gefahr

1950 mussten die Abgeordneten des Bezirks Visp im Grossen Rat gegen die drohende Aufhebung der kantonalen Landwirtschaftlichen Schule in Visp energisch intervenieren. Der Lehranstalt wurde vorgeworfen, sie arbeite zu unrationell und nicht zweckdienlich. 

Visper Grossräte aller Couleurs – Schwarze, Gelbe und Demokraten – setzten sich im Walliser Parlament erfolgreich gegen dieses Ansinnen ein.

Gemeinde erwarb altes Schulgebäude

Das Schulgebäude, das frühere Hotel Soleil, war nun schon mehr als 100 Jahre alt. Dem Beschluss der Urversammlung von 1960 entsprechend beschloss der Staatsrat, der Gemeinde Visp dieses Gebäude der Landwirtschaftsschule samt Umschwung für 300 000 Franken abzutreten. Rund 250 Quadratmeter dieses Grundstücks hatte der Staatsrat der Milchproduzentengenossenschaft für die notwendige Vergrösserung ihres bestehenden Gebäudes an der Kreuzung Bahnhofstrasse/Kantonsstrasse reserviert. 

Mit dem Erwerb der Landwirtschaftsschule hatte die Gemeinde innert zwei Jahren den dritten grossen Kauf getätigt. Erinnert sei an den Kauf der Pfarreimatte für den künftigen Bau eines Primarschulhauses sowie den Kauf des Gurtengrunds für den Bau des Gewerbeschulhauses. Für diese Käufe musste die Gemeinde eine Million Franken aufbringen, was sich jedoch der Zweckbestimmung wegen vollauf rechtfertigte.

Auch Schulgebäude in Hohbrunnen

Für die Landwirtschaftliche Schule drängte sich ein Neubau auf, mit Vorteil direkt beim Gutsbetrieb Hohbrunnen, wo man nahe an der Praxis war und wo auch genügend Boden zur Verfügung stand. Auch das Internat wurde hier untergebracht. Die feierliche Einweihung fand am 30. Mai 1963 statt. Der Bau kostete 1,4 Millionen Franken.

Verwirrung bei der Rindviehhaltung

In den 60er- und den frühen 70er-Jahren wurden bedeutende Gebäudeinvestitionen vorgenommen: 1965 erstellte die Schule in Hohbrunnen zwei neue Hühnerställe, die später mit Batterien ausgerüstet wurden und die den Vorteil hatten, dass eine einzige Arbeitskraft 4 000 Legehühner betreuen konnte. 

1967 verlegte man die Schweinezucht nach Süden; so entstand am östlichen Rand des Gutsbetriebs eine Stallung, die Platz für 50 bis 60 Zuchtsauen bot. Wenig später sollte diese jedoch für weiter oben erstellte Neubauten eine dauernde Geruchsbelästigung darstellen.

Auch der Rindviehstall wurde erneuert. Anstelle einer konventionellen Scheune errichtete man zwei Heutürme und Silos für Gras und Mais. Mitte 1972 konnte das neue Gebäude bezogen werden. Es löste alles andere als Begeisterung bei den Benützern aus. War das der Anfang vom Ende der Rindviehhaltung bei der Landwirtschaftlichen Schule Visp? Die Betreuer und auch die Tiere bekundeten grosse Mühe, sich an die ungewohnten arbeitssparenden Einrichtungen zu gewöhnen. Gleichzeitig wurde die Alpung der Kühe auf dem Simplon definitiv aufgegeben.

Die rationellen und tierfremden Halteformen lösten in der Gesellschaft Reaktionen aus, die Folgen hatten. In regelmässigen Abständen wurden die Verordnungen zum neuen Tierschutzgesetz von 1978 abgeändert, sodass im Schulbetrieb niemand mehr recht wusste, was er eigentlich zu tun hatte.

Engpass wegen verlorenem Pachtland

Zu Beginn der 70er-Jahre machte sich erneut eine vermehrte Nachfrage nach landwirtschaftlichem Kulturland bemerkbar. Bis 1975 nahm die Betriebsfläche der Schule wieder um 5 Hektaren ab. Zu dieser Zeit setzte man grosse Hoffnungen darauf, in der Grosseye einen angrenzenden Betrieb pachten zu können, wobei es bei der Hoffnung blieb.

In Visp entbrannte nun ein Konkurrenzkampf um wertvolle Böden, dies aufgrund der Bedürfnisse der Industrie, der Bauwirtschaft und der Visper Landwirte, die ihre Betriebe mit allen Mitteln erweitern wollten. 

Die Landwirtschaftliche Schule geriet 1978 wegen grosser Verluste an Pachtland immer mehr in einen Engpass. Darum konnten die in den Jahren zuvor getätigten Investitionen nicht mehr so ausgelastet werden, wie man es vorgesehen hatte. 

Deshalb war die Schule ab 1979 gezwungen, wieder aktiv in den harten Kampf der Bodenpolitik einzusteigen. Das bearbeitete Land schwankte in den folgenden Jahren zwischen 20 und 24 Hektaren.  

1985 wurde der Schweinestall umgebaut. 

1989 gab die Schule die Batteriehaltung der Legehennen wieder auf und erstellte einen neuen Hühnerstall mit Bodenhaltung und Auslaufmöglichkeiten für die Tiere, um den neuen Vorschriften zu entsprechen.

Auch junge Bäuerinnen kamen zum Zug

Erst 1963 war mit der Einführung der Landwirtschaftlichen Haushaltungsschule gemäss BIGA auch etwas für die jungen Frauen getan worden, dies unter anderem als Vorbereitung auf verschiedene Berufslehren. Auch für dieses Bildungsangebot musste von Anfang an um Schülerinnen gekämpft werden. Man traf auf immer grössere Schwierigkeiten und stellte mit Bedauern eine allgemeine Abnahme der Wertschätzung der Hauswirtschaft fest.

Zu kleines Einzugsgebiet

Als die Praktikantenkurse im Sommer schlecht besucht waren, benutzte man dieses Vakuum, um die landwirtschaftliche Ausbildung der Lehramtskandidaten des kantonalen Lehrerseminars in Sitten einzurichten – dies auch, um die künftigen Lehrer auf die Führung der sogenannten Wiederholungsschule vorzubereiten. Dieser Kurs wurde jedoch 1970 geschlossen, denn seit 1966 standen für die Schüler, die keine Sekundarschule besuchten, die sogenannten Abschlussklassen mit dem 9. Schuljahr zur Verfügung. Die Sekundarschule hatte nach harten Auseinandersetzungen 1935 zunächst in Visp, Ende der 40er- und anfangs der 50er-Jahre sukzessive auch im übrigen Oberwallis Fuss fassen können. 

Die jungen Leute wählten aufgrund der besseren Wirtschaftslage einfachere und rentablere Berufswege als in der Landwirtschaft, was bei der Schule von Hohbrunnen zu einem besorgniserregenden Rückgang der Schülerzahlen führte.

Die Konsequenz? Man führte 1970 die landwirtschaftliche Abschlussklasse ein, welche dann als erster Winterkurs galt. Anschliessend konnten die Schüler bei kostenfreier Pension den zweiten Winterkurs besuchen, was recht guten Anklang fand.

Die Schule hatte ein kleines Einzugsgebiet und somit kleine Schülerzahlen, weshalb die beiden Wintersemester 1975 zu einer Klasse zusammengefasst wurden. 

Später wandelte die Schule die Abschlussklasse in 2. und 3. Klassen der Orientierungsschule mit landwirtschaftlichem Schwerpunkt um. 1994 fügte sie den zwei Jahren landwirtschaftlicher Orientierungsschule ein drittes mit landwirtschaftlicher Grundausbildung und Lehrabschlussprüfung hinzu, gefolgt von der Betriebsleiterausbildung mit Meisterprüfung. Ziel des 20-wöchigen Diplomkurses war es, die zahlreichen landwirtschaftlichen Nebenbetriebe zu erhalten. 

Mit diesen Angeboten wich die Oberwalliser Schule von den übrigen Landwirtschaftlichen Schulen der Schweiz ab.

Das Landwirtschaftszentrum in Hohbrunnen. 

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Weiterbildung verschiedenster Art

Die Schule schenkte der Weiterbildung immer mehr Aufmerksamkeit. So gab es Fachtagungen verschiedenster Art, darunter Biokurse in den Bereichen Weinbau und Weinbereitung sowie Fortbildungskurse für interessierte Lehrpersonen. 

Ab 1993 wurde eine landwirtschaftliche Zweitausbildung angeboten, beispielsweise für gelernte Berufsleute, die den elterlichen Betrieb übernehmen wollten. Die Ausbildung konnte nach zwei Wintersemestern mit einer Prüfung abgeschlossen werden.

Bedeutende Reduktion des Schulbetriebs

2005 nahm Moritz Schwery, der neue Leiter des «Zentrums Landwirtschaft, Pflege und Hauswirtschaft» – so die neue Bezeichnung der Landwirtschaftlichen Schule – seine Tätigkeit auf. 

Gleichzeitig wurde nach einer bedeutenden Reduktion der bisherigen Aufgaben die Schaffung eines Kompetenzzentrums für Kleinwiederkäuer und Mutterkuhhaltung vorgestellt und der entsprechende Aufwand des Gutsbetriebs ausgewiesen. Die vorhandene Bausubstanz wurde durch einen angepassten Umbau sinnvoll weiter genutzt.

Die wichtigsten Änderungen waren die Umstellung auf Bio-Landbau, die Haltung von neuem Kleinvieh (Milchschafe, Milchziegen, einheimische Kleinvieh-Rassen) zur Zucht und für die Fleischproduktion sowie von Mutterkühen und die Verarbeitung und Vermarktung der entsprechenden Produkte im Betrieb. Mehr ins Gewicht fiel, dass die Milchvieh- und die Schweinehaltung aufgegeben wurden.

100-Jahr-Jubiläum

Nach aussen bescheiden fiel 2020 das Jubiläum des 100-jährigen Bestehens der Schule aus. Künstlerausstellung, Bauern-Olympiade, Spezialtage für Ziegen und Schafe und andere Veranstaltungen fanden im Rahmen des Jubiläums des neu benannten «Landwirtschaftszentrums Visp» statt, das sich inzwischen als nationales Kompetenzzentrum für Kleinvieh positionierte. 

Zu diesem Zeitpunkt betrieb das Zentrum im Bio-Anbau einen Gutsbetrieb von 23 Hektaren, spezialisiert auf das Studium und die Forschung im Bereich Kleinvieh. Unterschiedliche Schaf- und Ziegenrassen werden hier gezüchtet, um vor allem ihre Fähigkeiten für die Milch- und Fleischproduktion zu bestimmen. Ein besonderes Augenmerk gilt den einheimischen Rassen wie dem Schwarznasenschaf und der Schwarzhalsziege. 

Das Zentrum führt auch eine Schule, welche die Fachleute in Ackerbau, Futterbau sowie Schaf- und Ziegenzüchtung ausbildet. Beim Jubiläum zählte man hier 21 Lernende.

Landwirtschaftliche Genossenschaft seit 1919

Die Landwirtschaftliche Genossenschaft Visp und Umgebung wurde im Jahr 1919 gegründet. Die Genossenschaft bezweckte, den Mitgliedern durch gemeinsamen Einkauf zu billigeren Bedarfsartikeln zu verhelfen, ihre Produkte vorteilhaft zu verwerten, sie vor Übervorteilung zu schützen und sie mit Kursen und Vorträgen weiterzubilden. Als Gründungspräsident zeichnete der spätere Staatsrat Karl Anthamatten. 

Den Milchhandel übernahm die Genossenschaft erst zwei Jahre später. Zuvor hatte sich ein Privatmann mit dem Milchausschank befasst; zum Teil wurde die Milch von den Produzenten selbst ausgemessen. Bei der Übernahme des Milchhandels wurde zuerst eine Sammelstelle errichtet. Ein Teil wurde daselbst ausgemessen, der Rest verkäst. Als erster Verwalter wirkte Paul Theler aus Ausserberg. Die Sennerei befand sich in dessen Haus an der unteren Stapfengasse. 

1932 wurde die Genossenschaft umfassend reorganisiert und die Statuten wurden entsprechend revidiert. Von nun an hiess die Organisation «Milchproduzentengenossenschaft Visp». Im gleichen Jahr erfolgte deren Eintritt in den Walliser Milchverband. Da die Einrichtungen an der Stapfengasse bei weitem nicht mehr genügten, wurde ein Neubau beschlossen und 1933 an der Kantonsstrasse und der unteren Bahnhofstrasse erstellt. Es entstand dort eine für damalige Verhältnisse sehr moderne Molkerei mit Verkaufsladen. Neben dem Käse-«Chessi», das fortan durch eine moderne Elektro-Dampfanlage geheizt wurde, installierte man eine Zentrifuge und moderne Anlagen zum Kühlen und Pasteurisieren der Milch. 

Daneben betrieb die Milchproduzenten-Genossenschaft in den bisherigen Räumen ein Lager für Landesprodukte, Obst und Gemüse, die von den Produzenten geliefert wurden. Gleichzeitig standen dort sämtliche landwirtschaftlichen Bedarfsartikel zum Verkauf. Weil sich die Lokalitäten auch für diesen Zweck als zu klein erwiesen, errichtete die Genossenschaft bei Kriegsbeginn 1939 in der Nähe des Bahnhofs eine grosse Lagerhalle. 

1946 kaufte sie den an die Molkerei angebauten Spezerei-Laden von Walter Kämpfen direkt an der Kreuzung, was einen vorteilhaften Umbau ermöglichte, verbunden mit der Ausdehnung und modernen Einrichtung des Verkaufsladens. 

1952 wurde die Abteilung für Landesprodukte, die sich inzwischen stark entwickelt hatte, in eine selbstständige Organisation mit der Bezeichnung «Landwirtschaftliche Genossenschaft Visp und Umgebung» umgewandelt.

In den Jahren zuvor war der Molkereibetrieb der grossen, allgemeinen Entwicklung angepasst worden: Die Genossenschaft kaufte neue Maschinen und eröffnete einen dritten Verkaufsladen. Weil der Konsum nun alle produzierte Milch aufzunehmen vermochte, wurde die Käserei entfernt, sodass man nun über einen reinen Molkereibetrieb verfügte. 

1958 bestand der Vorstand aus den folgenden Mitgliedern: Oskar Viotti, Präsident, Paul Eugen Burgener, Aktuar, Alexander Abgottspon, Gemeindepräsident Adolf Fux und Otto Ruchti, Beisitzer, Walter Gsponer, Verwalter.

Weitere Inhalte des Kapitels 18, 1908–1925

Am neuen Industrieort formierten sich politische Parteien

Kapitel Nr.
Kapitel 18
Zeithorizont
1908–1925

Visper im Walliser Staatsrat

Kapitel Nr.
Kapitel 18.08

Ein Pflanzgarten zur Baumaufzucht

Kapitel Nr.
Kapitel 18.20