Die Pandemie, die im letzten Kriegsjahr 1918 als «Spanische Grippe» auf allen fünf Kontinenten insgesamt zwischen 20 und 50 Millionen Tote forderte, wütete auch im Oberwallis. In Visp richtete man im grossen Saal des Schulhauses, aus dem wenig später zwei Schulzimmer entstanden, ein Notspital für die Grippekranken ein.
Auf Antrag des kantonalen Erziehungsdepartements und des Bezirksarzts wurde der auf 7. Oktober angesetzte Schulbeginn wegen der erneuten Gefahr auf den 2. Dezember verschoben. Der St. Martinimarkt wurde vom 11. November auf den 3. Dezember verlegt.
1 487 Todesopfer im Wallis
Obwohl das kantonale Gesundheitsamt dringend empfahl, Krankenbesuche möglichst zu unterlassen und öffentliche Versammlungen zu meiden, drang die todbringende Krankheit schliesslich bis ins letzte Bergdorf vor. Am 10. Juli 1918 erreichte die Epidemie das Oberwalliser Bataillon 89, in dem auch die meisten Visper Dienst taten.
Im Wallis gab es 15 813 Fälle, von denen 1 487 zum Tod führten. Die Zahl der Kranken und Toten versetzte die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Man verzichtete schliesslich darauf, die Totenglocken zu läuten, um die Bevölkerung nicht zusätzlich in Angst zu versetzen.
25 Lonzianer starben an der Grippe
In den Lonzawerken von Visp sollen nicht weniger als 280 Personen erkrankt sein. Für 25 von ihnen – nicht nur aus Visp, sondern vor allem aus der weiteren Umgebung – endete die Spanische Grippe tödlich. Ganz allgemein stellte man fest, dass die Grippe in den Bergdörfern mit den oft engen Wohnverhältnissen stärker wütete als im Talgrund.
Die Benutzung des damals noch wenig verbreiteten Telefons musste während dieser Zeit auf Notfälle beschränkt werden. Allzu viele Telefonistinnen waren erkrankt. Als im Oktober eine weitere Welle an Erkrankungen das Land am Rotten erfasste, wurden die Telefonverbindungen zwischen 12 und 14 Uhr sowie zwischen 18 und 20 Uhr gar vollständig lahmgelegt.
Mancherorts blieb die Schule während Wochen geschlossen. Für die Cafés und Restaurants wurden die Öffnungszeiten beschränkt.
Verbot von Tänzen, Vorstellungen, Versammlungen
Der Kampf gegen die Seuche dauerte noch bis ins Jahr 1920 hinein. Um der Ausbreitung der Grippe entgegenzuwirken, die in der Gemeinde mehrere Todesopfer gefordert hatte, beschloss der Gemeinderat an seiner Sitzung vom 11. Februar 1920 auf inständige Bitte des kantonalen Gesundheitsdepartements, sämtliche öffentlichen Veranstaltungen wie Maskenlaufen, Tänze, Vorstellungen und Versammlungen bis auf Weiteres zu verbieten. Eine entsprechende Publikation sollte unmittelbar darauf erfolgen.
Die Behörden mussten sich wie in der ganzen Schweiz den Vorwurf gefallen lassen, zu spät auf die gefährliche Grippe reagiert zu haben.
In den Kirchen des Oberwallis wurde eine Kollekte für die Opfer der Grippe aufgenommen.
Unberechenbarer Verlauf
Diese Grippe, die ein Influenza-Virus verursachte, konnte jeden und jede erfassen. Bei den Jahreszeiten gab es keinen Unterschied, sie schlug im Sommer wie im Winter zu. Die Symptome waren Fieber, Kopfweh, Mattigkeit, Schmerzen in den Gliedern, Rachenkatarrh und Entzündung der oberen Atemwege. Die Krankheit nahm alle möglichen Formen an. Sie befiel Organe, rief eine Lähmung der Kniegelenke hervor, sie betraf die Gehirnfunktionen oder führte zu Haarausfall. Einmal verlief sie gutartig, ein anderes Mal führte sie rasch zum Tod.
Impfung organisiert
Bezüglich der vorgeschriebenen und empfohlenen Impfung wurde 1914 der Bezirksarzt Dr. Paul Burgener für die Aushändigung der Impftabletten mit den notwendigen Anordnungen betraut.
Die tödliche Tuberkulose
1923 starben über 300 Walliser an der ansteckenden Tuberkulose, der «Weissen Pest». Noch in den 30er- und 40er-Jahren wurde eine ganze Reihe von jungen Vispern Opfer dieser damals so schrecklichen Krankheit; Mitte der 40er-Jahre traf es gleich vier junge Männer.
Der Bund kämpfte 1925 mit Sensibilisierungsplakaten gegen die Krankheit. Bis weit in die 40er-Jahre gab es keine Medizin gegen die tödliche Lungen-Tuberkulose; erst anfangs der 50er-Jahre konnte sie endlich mit Antibiotika behandelt werden.
Apotheker aus der Innerschweiz
Kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts konnte Eduard Burlet, ein aus dem Kanton Schwyz gekommener diplomierte Apotheker, die Apotheke Weissen an der Überbielstrasse übernehmen.
Gegen Ende der 20er-Jahre suchte er für sein Geschäft eine zentralere Lage und fand diese an der östlichen Kreuzung der Bahnhofstrasse mit der Kantonsstrasse. Hier stellte er sein prächtiges, von einem pittoresken Türmchen dominiertes Wohn- und Geschäftshaus auf.
Beitrag an Pflegekurs
Am 28. März 1919 beschloss der Visper Gemeinderat, einen Beitrag von 200 Franken an den Krankenwärterkurs des Vinzenziusvereins zu leisten.
Visp erhielt eine Krankenkasse
1919 gründete Ortspfarrer Theodul Wirthner die Krankenkasse Visp und Umgebung. Sie zählte beim Start 240 Mitglieder, die einen Jahresbeitrag zwischen 3.50 und 8 Franken zu berappen hatten. Die Kasse führten während mehr als 40 Jahren Berufsleute, die einer anderen Arbeit nachgingen, in ihrer Freizeit. Während vielen Jahren war es Hans Knabenhans, ab 1962 dann im Vollamt Bernhard Kalbermatten.
Bereits 1917 hatten die vier Saaser Gemeinden eine Krankenkasse gegründet. Deren erster angestellter Arzt war Dr. Ludwig Gelpke, der seinen Sitz in Saas-Fee hatte.
25 Franken für eine Geburt
Der Gemeinderat setzte das Hebammengehalt 1919 auf 25 Franken pro Geburt fest.
Das Begehren einer Hebamme auf Lieferung einiger Entbindungsinstrumente wurde bewilligt, wenn die Kosten dafür 20 bis 30 Franken nicht überstiegen und dieselbe Hebamme ihren Pflichten als Geburtshelferin nachkam.