Als erste Bank kam 1919 die Walliser Kantonalbank an den jungen Industriestandort Visp. Deren Vorläuferin, die erste Walliser Kantonalbank, hatte 1870 nach kaum zehnjährigem Bestehen Konkurs erklären müssen. Nach der Kantonalbank siedelte sich ebenfalls 1919 die Volksbank in Visp an; in den 60er-Jahren wurde diese durch die heutige Grossbank UBS abgelöst. Ebenso wurde die Walliser Ersparniskasse vom Schweizerischen Bankverein übernommen. Während des Zweiten Weltkriegs, 1941, war die Raiffeisenbank in Visp ebenfalls sesshaft geworden.
Schulden zu günstigerem Zins
Als Visp im 19. Jahrhundert praktisch noch ein Bauerndorf war, holte sich die Gemeinde Geld, wo solches zu haben war, wobei dies alles andere als einfach war. Wenn der Unterschied in der Höhe der Zinsen zu gross wurde, zögerte man nicht, sich umzuschulden, hin zu Privaten und deren Institutionen. Eine Umschuldung nahm der Visper Gemeinderat beispielsweise 1887 vor, als er beim Natischer Grossrat Ludwig Salzmann eine Anleihe in der Höhe von 16 000 Franken zu einem Zins von fünf Prozent aufnahm. Damit wollte er Schulden bei der Kantonsregierung und der Bank von Riedmatten in Sitten tilgen, die er zu einem höheren Zins gemacht hatte.
Experiment Kantonalbank endete mit Konkurs
Die ersten Jahre von Staatsrat und Finanzchef Alexis Allet in der Regierung waren von der konstanten Anstrengung für die Gesundung der Finanzen geprägt. Der Leuker fand das nötige Kapital zur Schaffung einer Kantonalbank. 1856 beschloss der Grosse Rat die Gründung der ersten Walliser Kantonalbank, zwei Jahre später wurde diese in Betrieb genommen.
Allet lud die Aktionäre ein und ernannte einen Verwaltungsrat, in dem – unabhängig von den Parteien – Personen mit Erfahrung in Finanzfragen sassen. Als Direktor schlug der Bundesrat den Wallisern seinen Dienstchef Ludwig Stucky vor, der dann auch gewählt wurde. Sofort erreichte die Bank einen Umsatz von über 10 Millionen Franken, was es ihr erlaubte, den Aktionären eine Dividende von sieben Prozent zu gewähren und den Reservefonds zu erhöhen. Bereits kurz darauf stellte die Opposition im Grossen Rat eine «delikate Situation» der Walliser Kantonalbank fest.
Schliessung der Filialen
Die Kantonalbank geriet Ende der 60er-Jahre zusehends in Schwierigkeiten. Auch bäuerliche Schuldner waren nicht mehr in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Die 1858 gegründeten Agenturen von Brig, Martigny und Monthey wurden geschlossen. Visp war von diesen Massnahmen nur indirekt betroffen, denn die Kantonalbank hatte hier bislang noch keine Agentur eröffnet. Es traten immer mehr Probleme auf. 1870 wurde die Zahl der Angestellten verringert.
Weil sie zu hohe Engagements eingegangen war, ging die erste Walliser Kantonalbank Ende Dezember 1870 in Konkurs. Sie wurde liquidiert, was zum bitteren Abgang des Leuker Staatsrats Alexis Allet führte.
Wallis am finanziellen Abgrund
Der Konkurs war auf ein an sich vermeidbares Missgeschick bei Schuldverschreibungen zulasten der Kantonalbank zurückzuführen. Fahrlässigkeit in der Verwaltung der Bank und die gleichzeitig allenthalben eingetretene Finanzkrise waren daran schuld. Direktor Stucky hatte die Bank in einem heillosen Durcheinander hinterlassen. Das Nachsuchen beim Staat um Unterstützung und Hilfe nützte in dieser misslichen Lage nicht mehr. Um die Bank zu retten, hätte der Staatsrat nicht weniger als 36 seiner Jahreseinkünfte drangeben müssen; die «Staatsgewalt» weigerte sich, unter diesen Umständen Hilfe zu leisten.
Dieser Konkurs brachte das Wallis an den Rand des finanziellen Abgrunds. Wichtige Werke der Infrastruktur wie die Eindämmung des Rottens und der Bau von Strassen in die Seitentäler, die für das Oberwallis, auch Visp, von besonderem Interesse waren, verzögerten sich. Der Kanton litt so weiterhin an seiner Isolation und an seiner schwachen wirtschaftlichen Entwicklung.
Die grosse Mehrheitspartei im Kanton, die Konservativen, erlebte eine böse Schlappe.
Agentur der neuen Kantonalbank in Visp
1891 beschloss der Grosse Rat die Errichtung einer Hypothekar- und Sparbank, die anfangs 1917 in die neue Walliser Kantonalbank umgewandelt wurde.
1919 kam die neu ins Leben gerufene, wesentlich solider abgestützte Kantonalbank auch nach Visp, das inzwischen zum Industriestandort avanciert war. Die Visper Filiale wurde an der südlichen Kreuzung Kantonsstrasse/Bahnhofstrasse im Haus von Oswald Burgener eröffnet, am gleichen Standort, an dem die heutige Filiale steht. Der Vermieter Oswald Burgener wurde erster Filialleiter und sollte während mehr als 30 Jahren amten. Ihm folgten Rudolf Imboden und Leonhard Guntern.
Nur zwei von 100 Wallisern hatten ein Bankbüchlein
Um 1900 kamen auf 100 Einwohner der Schweiz 42 Inhaber eines Sparbüchleins. An erster Stelle stand Genf mit 86. Glarus und Zürich wiesen 56, Freiburg 12 Bankbüchlein je 100 Einwohner auf. Im Wallis stiess die Erhebung auf nur zwei Prozent Einlegende.
Volksbank, in Visp Konkurrentin der Kantonalbank
Die Neugründung der Kantonalbank rief vermögende einheimische Familien auf den Plan. Sie gründeten 1919 die Volksbank Visp AG. Der Jurist und spätere Gerichtspräsident Dr. Leo Mengis war wohl der Hauptinitiant. Er wurde denn auch erster Verwaltungsratspräsident und bekleidete dieses Amt während 23 Jahren.
Leuker Politiker spielten eine wesentliche Rolle, und zwar kontinuierlich: Als Dr. Raymond Loretan 1929 aus dem Verwaltungsrat zurücktrat, wurde er durch Forstinspektor Rolet Loretan ersetzt. Als Raymond Loretan 1942 in den Verwaltungsrat eintrat, wurde Rolet Loretan Präsident desselben. Visper Mutationen gab es 1937, als der La-Poste-Wirt Ludwig Providoli zurücktrat und der Jurist Julius Weissen eintrat.
Die Bankräume der Volksbank waren im Haus des nachmaligen Staatsrats Karl Anthamatten an der heutigen Kantonsstrasse untergebracht. Erster operativer Leiter der Bank war Wendelin Werlen. 1921 übernahm der aus Luzern kommende Bankangestellte Karl Halter die Leitung der Bank und stand ihr bis zur Übernahme durch die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) im Jahr 1960 vor.
Die Volksbank war die einzige Kommerzbank im Bezirk. Als solche pflegte sie Bereiche, die über das reine Hypothekengeschäft hinausgingen. Zum Kundenkreis gehörten Geschäftsleute, Hotels, Bauern, aber auch Angestellte. Die Bank pflegte Beziehungen zu Kunden bis in die letzten Bergdörfer hinauf. Sie unterhielt auch Agenturen in Zermatt und Saas-Fee.
Volksbank zahlte sechs Prozent Dividende
Die Visper Volksbank beschloss das Jahr 1931 mit einer Bilanzsumme von 1,8 Millionen Franken und einem Reingewinn von 29 000 Franken. Sie bezahlte eine Dividende von sechs Prozent.
Volksbank in Visp wird SBG, heute UBS
Ende der 50er-Jahre war die Volksbank in Visp – wie übrigens auch die anderen damaligen Lokalbanken des Oberwallis – der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung in der Region nicht mehr gewachsen. Sie war nicht mehr in der Lage, die grosse Nachfrage nach Krediten aus eigener Kraft zu bewältigen. In der sich rasch entwickelnden Hochkonjunktur hätte sie im Geldgeschäft Risiken eingehen müssen, denen sie kaum gewachsen gewesen wäre. So entsprach der Untergang dieses einheimischen Geldinstituts – so bedauerlich er war – einer wirtschaftlichen Notwendigkeit. Am 9. Juli 1960 wurden die Aktien der Volksbank Visp von der Schweizerischen Bankgesellschaft übernommen; die Volksbank ging, wie schon in Brig, in diesem nationalen Institut auf. Für die nominell auf 500 Franken lautende Volksbank-Aktie bezahlte die Grossbank 1 700 Franken. Drei Jahre später erfolgte dann die Übernahme von Aktiven und Passiven. Am 11. Juli 1963 löste sich die Volksbank auf. Die Schweizerische Bankgesellschaft, die heutige UBS, trat an ihre Stelle. In den 60er-Jahren mussten neben der Volksbank Visp noch andere Privatbanken im Oberwallis – und nicht nur dort – den Grossbanken Platz machen; schon damals schlossen Banken ihre Schalter.
Von der Ersparniskasse zum Bankverein
In den 60er-Jahren richtete auch die Walliser Ersparniskasse aus dem Unterwallis bei Stehlin Immobilien eine Agentur ein. Diese wurde 1989 aufgegeben, als sie vom Schweizerischen Bankverein übernommen wurde.
Gründung der Raiffeisen in Visp mitten im Krieg
Für eine Kasse, die auch den Bedürfnissen der einfachen Leute entgegenkam, schien es noch Platz zu haben. So gründeten zehn Visper am 22. April 1941 die Darlehenskasse Visp, System Raiffeisen. Die Raiffeisenbank, die «Bank der kleinen Leute», wurde also während des Zweiten Weltkriegs in Visp sesshaft; die Anfänge waren bescheiden. Nur gerade der nebenamtliche Kassier, Lehrer Peter Volken, bezog einen bescheidenen Lohn. Als Geschäftsbüro diente sein Wohnzimmer.
Auch der Kundenansturm hielt sich in Grenzen. Die Einlagen flossen nur spärlich. Darlehensgesuche gab es hingegen viele. Die Kasse war darauf bedacht und von der St.Galler Zentrale her dazu angehalten, das ihr anvertraute Geld vorsichtig zu verwalten.
Nach dem Krieg nahm dann die Geschäftstätigkeit zu.
Visp gehörte bei weitem nicht zu den ersten Raiffeisenbanken im Kanton. Pfarrer P. M. Concina hatte die erste 1906 in St. Niklaus gegründet. Vor allem die jeweiligen Ortspfarrer waren es, die in einer ganzen Reihe von Oberwalliser Dörfern dem Beispiel Concinas folgten. Im Hotel La Poste in Visp schlossen sich die Kassen am 13. Dezember 1917 zum Oberwalliser Raiffeisenverband zusammen. Als erster Nichtgeistlicher präsidierte ihn der Visper Direktor der Landwirtschaftlichen Schule, Hans Bloetzer, von 1941 bis 1972.
Die «Stubenbank» gehörte schliesslich der Vergangenheit an, als 1982 am Kaufplatz, in den Räumlichkeiten des früheren Coiffeursalons Lisi, ein Büro eröffnet wurde. Mehr Platz fand die Bank später im Anbau an das Kultur- und Kongresszentrum La Poste. Man dachte sogar, sich hier für die Zukunft definitiv zu etablieren, doch blieb es nicht dabei.
Langsam, aber sicher trat die Raiffeisenbank den Weg nach oben an; sie wuchs weiter. 1995 wurde das 1 000. Genossenschaftsmitglied aufgenommen. Der endgültige Durchbruch begann aber erst mit den Kassen der Umgebung.
Heute nimmt die Raiffeisen im örtlichen Bankenwesen eine beachtliche Stellung ein.
Beim gross aufgemachten Jubiläum zum 75-jährigen Bestehen im April 2016 – jetzt an der Kreuzung untere Bahnhofstrasse/Kantonsstrasse – zählte man acht Standorte mit 38 Mitarbeitenden, welche 8 279 Mitglieder betreuten.